Online-Tagung der Schweizer Gesundheitsökonomie – mit dem WIG als Gastgeber

Von Michael Stucki

Letzten Freitag fand die Konferenz der Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie (SGGÖ) statt – und zwar vollständig online und mit dem WIG als Gastgeber. Der ursprünglich für September 2020 geplante Kongress musste aufgrund der Corona-Pandemie auf 2021 verschoben werden. Inhaltlich ging es vor allem um ein Thema: wie effizient ist unser Gesundheitswesen und wie dringend sind Reformen für Effizienzsteigerungen?

Das WIG hat kürzlich in einer Studie für das Bundesamt für Gesundheit das Effizienzpotenzial bei durch die obligatorische Krankenversicherung gedeckten Leistungen auf rund 16-19% geschätzt. Wie dringend und wie einfach ist die Beseitigung dieser Ineffizienzen? Diese Frage stand im Zentrum der eröffnenden Podiumsdiskussion. Moderator und WIG-Institutsleiter Simon Wieser befragte die Experten Peter Indra (Leiter der kantonalen Basler Gesundheitsversorgung), Gaël Saillen (Helsana) und Harry Telser (Forschungsinstitut Polynomics). Peter Indra verspricht sich mehr Effizienz dank besserer Koordination, weniger Spezialisten und einer Aufwertung der Hausärzte. Auf die Frage der Dringlichkeit antwortete Harry Telser, dass die hohe Zahlungsbereitschaft der Schweizer für Gesundheit nicht darauf schliessen lasse, dass rasche Effizienzgewinne im Vordergrund stehen.

Eine Sicht von aussen brachte der Vortrag von Prof. Marco Varkevisser von der Erasmus Universität Rotterdam (Niederlande) ein. Das niederländische Gesundheitssystem ist, wie das Schweizer System, wettbewerbsorientiert und bietet daher interessante Vergleichsmöglichkeiten. Einige Indikatoren deuten darauf hin, dass das niederländische System effizienter als das schweizerische ist. So sind die Gesundheitsausgaben pro Kopf deutlich tiefer, während die Qualität mit derjenigen in der Schweiz mithalten kann (Gemäss Euro Health Consumer Index 2018 sind die beiden Länder auf Platz 1 und 2 der besten Gesundheitssysteme in Europa). Zudem ist der Zugang zum Gesundheitswesen sehr niederschwellig, da die Kostenbeteiligung deutlich tiefer ist als bei uns.

Was könnten wir von den Niederländern lernen? Im Gegensatz zur Schweiz dürfen die niederländischen Versicherer selektiv Verträge mit Leistungserbringern abschliessen. Dies vergrössert den Druck, Leistungen in guter Qualität zu erbringen. Seit 2015 gibt es ausserdem ein «Waste Reduction»-Programm, welches sich ausdrücklich der Erhöhung der Effizienz im Gesundheitswesen widmet. Durch die systematische Evaluation neuer und bestehender Leistungen wird die Anzahl der Leistungen mit einem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis stetig verkleinert.

Das WIG hat den Kongress nicht nur organisiert, sondern war mit drei Vorträgen auch gut unter den präsentierenden Forschern vertreten. Nebst dem Vortrag von Simon Wieser zu den Effizienzpotenzialen waren auch Marc Höglinger mit einer Präsentation zur Evaluation eines Diabetes-Management-Programmes und Michael Stucki mit der Präsentation einer Studie zur Zerlegung der Gesundheitsausgaben nach Krankheiten unter den Vortragenden.

Michael Stucki ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Team Gesundheitsökonomische Forschung.

Schlagwörter: Michael Stucki, SGGÖ, Studie, WIG

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