Remote Studieren: Mein persönlicher Alltag im Homestudy

Quelle: Eigene Bilder aus dem Homestudy

Von Sina Berger

«Anders als bisher stehe ich jetzt 15 Minuten vor dem Vorlesungsbeginn auf, mache mich frisch und ziehe mir ein hübsches Oberteil über, die Pyjamahose lasse ich an – sieht ja sowieso niemand.»

Mein Name ist Sina Berger und ich bin «Ersti» des Masters in Business Administration – Major Health Economics and Healthcare Management an der ZHAW und arbeite passend dazu im Team Management im Gesundheitswesen des WIG. Nach einer zweijährigen Pause zwischen dem Bachelorabschluss und dem Beginn des Masters (Weltreise) freute ich mich wieder auf mein Studentenleben. Mir war bewusst, dass der Einstieg in das Studium während der Corona-Pandemie anders sein würde als zuvor. Aber ich hoffte dennoch darauf, die anderen Studierenden persönlich kennenzulernen und war neugierig auf die neue Erfahrung.

Ein kleiner Rückblick

Mit Beginn des Masters im September lernte ich eine ganz neue Form des Unterrichts kennen, den Hybridunterricht. Diese Variante war auch mir bis dato unbekannt. Es handelt sich um eine Unterrichtsform, bei welcher der Präsenz-Unterricht mit dem Online-Unterricht kombiniert wird. Die eine Hälfte der Klasse verfolgt den Unterricht live vor Ort im Vorlesungsraum – natürlich mit Abstand und Masken – während die andere Hälfte per Live-Stream von zu Hause hinzugeschaltet wird. Genial, oder? Das Risiko sich anzustecken war minimal und gleichzeitig konnten wir uns als Klasse auch physisch kennenlernen. Doch leider wurde diese Art von Studieren mit der zweiten Corona-Welle dann gesetzlich unmöglich und ich sitze nun vollständig im Homestudy.

Wie wir von zu Hause digital lernen

An diese neue Situation müssen wir Studierenden uns erst gewöhnen. Denn das Studentenleben besteht ja nicht nur aus Unterricht, lernen und Hausarbeiten – auch die gemeinsamen Pausen, Abende und der private Austausch machen diese Station im Leben zu etwas ganz Besonderem. Und weil wir darauf nicht vollständig verzichten möchten, treffen wir uns regelmässig über Videoanrufe und sind froh über die wenigen Male, die wir uns auch physisch kennenlernen durften.  Das ist ganz sicher auch ein Faktor, der positiv dazu beigetragen hat, als Ersti im neuen Studium schon Freundschaften zu schliessen. Neben diesen generellen Einschränkungen stellt der neue Online-Unterricht eine zusätzliche Herausforderung dar. Manchmal ist es problematisch den Unterricht überhaupt zu finden.

«Ich schaffe es immer pünktlich zu der Vorlesung, auch um 8 Uhr morgens. Ausser, wenn ich mal wieder nicht weiss, wo ich den Link für den Online-Unterricht finden kann (E-Mail, Dokument, Studienportal). Gibt es überhaupt einen Link? Vielleicht brauche ich auch einen Zugangscode oder ein Passwort?»

Zudem stellt es sich für mich des Öfteren als schwierig heraus, den Inhalten der Vorlesung oder den Dozierenden den ganzen Tag über zu folgen, ohne dabei abzuschweifen. Der Unterricht im eigenen Zuhause verleitet dazu, sich ablenken zu lassen und andere Dinge nebenher zu machen – Chatten, Online-Shopping oder gar aufzustehen, um die Wäsche aufzuhängen. Im physischen Unterricht ist die Überwindung viel zu gross, offensichtlich mit dem Smartphone beschäftigt zu sein oder den Raum zu verlassen.

«Wir Studierenden lassen gerne die Kamera und das Mikrofon aus. Unangenehme Schweigemomente sind keine Seltenheit. Dabei fragt man sich, ob noch alle da sind oder ob die Internetverbindung mal wieder ein Problem ist?»

Auch Emotionen und Körpersprache werden nicht ausreichend transportiert. Meistens sieht man nur den Kopf und einen kleinen Teil des Oberkörpers. Doch sind es ja gerade diese Expressionen, die dabei helfen, Inhalte aufmerksam zu verfolgen, zu verstehen und im Gedächtnis abzuspeichern. Und auch der Umstand, dass man nicht über den Campus laufen muss, um die verschiedenen Vorlesungen zu besuchen, trägt nicht gerade zur Bewegung und zum Durchlüften des Kopfes bei.

Abgrenzung vom «Negativen» und Dankbarkeit über die Kreativität der Dozierenden

Und dennoch möchte ich nicht den Eindruck erwecken, es würde mir nicht gefallen oder ich sei undankbar. Die Dozierenden haben so viele Ideen, welche die Kommunikation beispielsweise über Smileys, Kärtchen hochhalten oder die normale Chatfunktion erleichtern. Ausserdem führen sie stets neue Gamifications und Tools ein, um den Unterricht aufzulockern und die Motivation zu erhöhen. So wird der Unterricht abwechslungsreich, interaktiv und spannend gestaltet. Der Unterricht ist bestens vorbereitet und auch die Betreuung von Seiten der Dozierenden wird nicht vernachlässigt. Zudem werden vermehrt beispielsweise Online-Mindfulness-Sessions oder Netzwerkveranstaltungen angeboten.

Und natürlich liegt es auch an uns Studierenden den Online-Unterricht erfolgreich zu gestalten und das Beste aus der Situation zu machen. Es liegt an uns, dem Unterricht trotz Ablenkungspotenzial zu folgen, selbst Spaziergänge in den Pausen einzulegen und aktiv auf unsere Kommilitoninnen und Kommilitonen zuzugehen, um im sozialen Austausch zu bleiben. Die letzten Monate haben einige Lessons Learned ermöglicht und wir sind froh, dass sowohl die Dozierenden als auch wir Studierenden das Beste tun, um diese neue Form des Lernens so angenehm und lehrreich wie möglich zu gestalten.

Dieses Jahr ist alles andere als normal – vielleicht aber auch die Vorbereitung auf ein neues Normal – und es benötigt einiges an Geduld und Vertrauen… Aber wir werden es gemeinsam schaffen und das Beste daraus machen. Da bin ich mir sicher.

Sina Berger ist wissenschaftliche Assistentin der Fachstelle Management im Gesundheitswesen am WIG.


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