Weshalb sich medizinische Mythen hartnäckig halten

Quelle: Colourbox

Von Cassandra Waech

Glauben Sie an Märchen? Die meisten erwachsenen Personen würden diese Frage wohl mit «nein» beantworten. Nichtsdestotrotz wird, gerade im Alltag, medizinisches (Halb-)Wissen ungesicherter Herkunft seit jeher von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Dabei sind heutzutage viele gut gemeinte medizinische Ratschläge schlichtweg überholt – aber werden sie auch hinterfragt?

«Macht Wassertrinken nach Steinobstverzehr wirklich Bauchweh? Das ist heute eher unwahrscheinlich. Eine mögliche Erklärung für diese überholte Weisheit könnte das früher unreine Trinkwasser sein. Oder man leidet an einer Fruchtzuckerunverträglichkeit; womit Steinobst (vor allem in grossen Mengen) aufgrund des hohen Sorbitgehalts schwer verdaulich ist – auch ohne Wasser.» zum Video

Während bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen z.B. rund um COVID-19 vermutlich die meisten Personen vorsichtig bei der Interpretation von Ergebnissen und deren Aussagekraft sind, halten sich andere Behauptungen hartnäckig: Kaffee entzieht dem Körper Wasser, spät essen macht dick, der Schlaf vor Mitternacht ist gesünder, Kaugummi schlucken ist ungesund, bei Sonnenbrand hilft Quark. Es könnten viele weitere folgen.

Aufklärung nötig

Medizinische Weisheiten, welche oft zu hören sind und schon lange existieren, sollten vielleicht gerade deshalb vermehrt hinterfragt werden und nicht einfach als «wahr» hingenommen werden. Einige von ihnen enthalten zwar zumindest einen Funken Wahrheit, andere gehören hingegen komplett ins Reich der Märchen. Oder neuere Erkenntnisse und veränderte Umgebungsbedingungen führen dazu, dass sie schlichtweg überholt sind, wie das Beispiel mit den Kirschen aufzeigt.

Unsere Dozentin Claudia Twerenbold vermittelt nicht nur im Weiterbildungsmodul Medizin für Nichtmediziner auf wissenschaftliche, aber dennoch unterhaltsame Art und Weise medizinische Inhalte, sondern trägt auch in den kurzweiligen Videos des Beobachters zur gesundheitlichen Aufklärung bei. Medizinische Mythen werden von ihr kurzweilig und pointiert erläutert. Als Fachärztin für Chirurgie am Stadtspital Waid weiss sie Informationen gekonnt zu sezieren und auch für Laien verständlich zu machen.

Erfahrungen prägen

Für Nichtmediziner ist es oft nicht einfach, medizinisches Wissen korrekt einzuordnen. Das liegt zum Beispiel daran, dass nicht nur bei Arztberichten oder -rechnungen, sondern auch in Zeitungen oder anderen Berichten medizinische Termini verwendet werden, welche für Laien unverständlich sind. Eine Studie der ZHAW über Formulierungen von Arztrechnungen zeigte auf, dass wir uns an unseren gemachten Erfahrungen orientieren, um Neues zu verstehen. Umso nachvollziehbarer ist es, dass gerade über lange Zeit weitergegebene Weisheiten umso plausibler erscheinen.

Unbekanntes fasziniert und beängstigt

Märchen regen zum Nachdenken an: Was ist gut und was böse? Märchen versetzten einen oft in Furcht oder Angst, sie zeigen aber auch, wie man zuversichtlich und mit Mut voranschreiten und über sich hinauswachsen kann. Erhalten Sie sich daher Ihre Fantasie, aber glauben Sie nicht alle Märchen – und informieren Sie sich selbst mit einem Grundverständnis von Medizin.

Cassandra Waech, Studienleitung Integrationsmodul Medizin für Nichtmediziner.


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