Keine Panik bei Verschlechterung von Kennzahlen – Natürliche Schwankungen mit Process Behavior Chart verstehen!

Von Sabine Ultsch

Sie joggen regelmässig 10 km und benötigen normalerweise dafür 60 Minuten. Heute haben Sie allerdings 65 Minuten benötigt und fragen sich nun, ob Sie sich Sorgen machen müssen. Werden Sie krank? Nimmt gar die Kapazität Ihrer Lungen ab? Oder handelt es sich bei diesem Wert um eine Abweichung die in einem normalen Schwankungsbereich liegt?

Um feststellen zu können, ob Ihre veränderte Laufzeit bereits ein Grund zur Beunruhigung ist, können Sie ein Process Behavior Chart erstellen. Mithilfe des Process Behavior Charts können Sie eine Ober- und Untergrenze festlegen, die dazu dient natürliche Variationen von Variationen mit zuordnungsbaren Gründen zu unterscheiden. 

In den letzten Jahren haben Sie mit Ihrer Fitnessuhr zahlreiche Laufzeiten gesammelt. Diese Laufzeiten können Sie nun in einem Excel-Sheet darstellen und mithilfe eines Histogramms abbilden.

Die Prozesszeiten vieler Prozesse folgen einer Normalverteilung. Werden genügend Daten gesammelt, können diese mittels einer Normalverteilungsfunktion näherungsweise abgebildet werden. In dieser Auswertung ist dies ebenfalls der Fall. Bei der Normalverteilung liegen mit einer 99.7-prozentigen Sicherheit alle Werte zwischen dem Mittelwert und plus/minus drei Standardabweichungen.  

Mithilfe der Excel-Funktion «STABW.N» können Sie nun die Standardabweichung berechnen. Die Standardabweichung ist ein Mass zur Angabe der Streuung der einzelnen Werte. Vereinfacht gesagt, gibt sie die durchschnittliche Entfernung aller Werte zum Mittelwert an. In unserem Beispiel beträgt die Standardabweichung 2.89. Nun können die Ober- und Untergrenze bestimmt werden. Wenn Sie die erhaltene Zahl mit drei multiplizieren und zum Mittelwert addieren, erhalten Sie die Obergrenze. In unserem Beispiel ist die Obergrenze 68.82 Minuten. Multiplizieren Sie die Zahl mit drei und ziehen diese vom Mittelwert ab, ist das Ergebnis die Untergrenze. In unserem Beispiel ist die Untergrenze folglich 51.50 Minuten.

Die Definition der natürlichen Ober- und Untergrenze mithilfe der Standardabweichung basiert auf statistischen Datengrundlagen der Normalverteilung.

Die errechneten Daten können in einem Run-Chart dargestellt werden. Mithilfe des Run-Charts ist auf einen Blick erkennbar, dass die heutigen 65 Minuten eine natürliche Variation innerhalb der drei Standardabweichungen sind und kein Grund zur Beunruhigung darstellen. Dementsprechend ist das Run-Chart hilfreich, um zu drastische Reaktionen auf Schwankungen zu vermeiden und diese einordnen zu können.

Im Gesundheitswesen kann das Process Behavior Chart für die Evaluation von Schwankungen in Patientendurchläufen verwendet werden. So kann beispielsweise festgestellt werden, ob eine verlängerte OP-Zeit besorgniserregend ist oder längere Wartezeiten auf externe Gründe zurückgeführt werden können. Generell gibt es noch einige weitere Regeln zu beachten. In diesem Beispiel entspricht die leicht erhöhte Laufzeit allerdings einer natürlichen Variation. Dann also los zur nächsten Laufrunde!

Sabine Ultsch ist Praktikantin an der Fachstelle Management im Gesundheitswesen am WIG.

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