Zufriedenheit am Lebensende

 

Von Sarah Schmelzer

Zufriedenheitsberichte von Patientinnen und Patienten sind eine wichtige Informationsquelle für Gesundheitsdienstleister, aber auch Personen mit ähnlichen Krankheitsbildern. Dabei interessiert natürlich meistens, ob die Behandlung auch die gewünschte, positive Auswirkung auf die Gesundheit hatte. Doch wie sieht es dort aus, wo die Wiederherstellung der Gesundheit gar nicht das Ziel ist? Was soll in einem solchen Fall von Patientinnen und Patienten berichtet werden.

Mit diesen Fragen ist das Mobile Palliative Care Team (MPCT) aus Winterthur konfrontiert, welches Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen und/oder chronisch fortschreitenden Krankheiten zuhause betreut. Das MPCT will nun seine Patientinnen und Patienten wie auch deren Angehörigen zu ihrer Zufriedenheit mit dem MPCT befragen. Das Ziel der Befragung ist, zukünftig den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten noch gerechter zu werden.

Das WIG wird für diese Befragung einen Fragebogen entwickeln. Was uns vor Herausforderungen stellt. Denn ein Blick in die Forschung zeigt, dass lange Zeit dem Palliative Care Kontext zu wenig Beachtung geschenkt wurde. In der Schweiz sind nun Bemühungen umso grösser, die daraus resultierenden Wissenslücken zu füllen. In den Jahren 2010–2015 hat der Bund die «Nationale Strategie Palliative Care» umgesetzt. Zudem investiert der Schweizer Nationalfonds rund 15 Mio. Schweizer Franken ins Nationale Forschungsprojekt (NFP 67) “Lebensende”, woraus neues Wissen über die letzte Lebensphase von Menschen jeden Alters gewonnen wird, die aller Voraussicht nach nur noch kurze Zeit zu leben haben. Zwischen den daraus entstandenen Erkenntnissen und den Bedürfnissen des MPCT muss nun eine Brücke geschlagen werden. Bei der Entwicklung der Zufriedenheitsbefragung muss das WIG beachten, dass nur Aspekte erfasst werden, welche auch im Dienstleistungsspektrum des MPCT beinhaltet sind. Denn die Zufriedenheitsbefragung soll dem MPCT dazu dienen, die Betreuung zu verbessern. Dies wird als subjektiver Qualitätsindikator definiert. Damit dies funktioniert, dürfen nur Aspekte abgefragt werden, welche auch durch das MPCT beeinflussbar sind. So kann beispielsweise die Koordination des MPCT mit anderen Gesundheitsdienstleistern besser oder schlecht funktionieren.

Ethische Fragestellungen bei der Patientenauswahl

Bei der Befragung von Patientinnen und Patienten gilt es in jedem Setting ethische Gesichtspunkte zu beachten. Im Palliative Care Kontext gewinnt diese Fragestellung an besonderer Bedeutung:  Wie viel kann man einer Person, welche voraussichtlich nur noch kurze Zeit zu leben hat, wirklich zumuten? Ist es überhaupt vertretbar, diese Patientengruppe noch zu befragen oder werden ethischen Gesichtspunkte überschätzt? In Studien dient oft die Urteilsfähigkeit als ein zentrales Entscheidungskriterium. Wie jedoch Erkenntnisse aus dem NFP 67 «Lebensende» zeigen, gibt es keine Standards bei der Feststellung der Urteilsfähigkeit. Ferner gilt es in diesem Zusammenhang Kriterien zu suchen, die einerseits der Patientenautonomie wie auch dem Bedürfnis des Patienten nach Schutz gerecht werden. Gefragt sind also Expertinnen und Experten, welche diese Einschätzung für jeden Patienten vornehmen können. Diese Frage kann also nicht von der Forschung beantwortet werden, sondern richtet sich im Rahmen des vorliegenden Projektes ganz klar an die Expertinnen und Experten des MPCT. Obwohl aus methodischer Sicht umstritten, muss deshalb die Stichprobenselektion durch das MPCT erfolgen, basierend auf den Ein- und Ausschlusskriterien.

Gemeinsam stark

Die Frage nach der Zufriedenheit am Lebensende bei Patientinnen und Patienten, ist nicht mit einer Literaturrecherche und einem darauf basierenden Fragebogen zu beantworten. Vielmehr gilt es diese Herausforderungen zusammen mit den Mitarbeitenden des MPCT anzupacken. Denn auch wenn die Forschung in der Schweiz auf Hochtouren läuft, können auf viele Fragen zum heutigen Zeitpunkt keine Antworten geliefert werden. Gerade bezüglich der ethischen Fragestellungen bei der Patientenauswahl ist die Forschung auf die langjährige Erfahrung der Expertinnen und Experten des MPCT angewiesen.

Aktuell erarbeitet das WIG zusammen mit dem MPCT die Inhalte zur Zufriedenheitsbefragung von Patientinnen und Patienten wie auch deren Angehörigen. Ferner laufen Diskussionen zur Definition von Ein- und Ausschlusskriterien. Über die weiteren Projektergebnisse wird auf diesem Blog berichtet.

Sarah Schmelzer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Management im Gesundheitswesen am WIG

 

Weiterführende Literatur:

Burla, L., Schaffert, R., Mylaeus, M., & Rüesch, P. (2010). Entwicklung und Erprobung von Qualitätsindikatoren für die ambulante Pflege in der Schweiz. Das Gesundheitswesen, 72(02), 106–113. https://doi.org/10.1055/s-0029-1233474

Zimmermann, M., & Steiger, J. (2017). Synthesebericht NFP 67 – Lebensende (Lebensende). SNF.

Schlagwörter: Sarah Schmelzer

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