Mehr Teilhabe für Menschen mit Hörverlust

Ein neuer Ratgeber der ZHAW zeigt auf, wie Pflegefachpersonen ältere Menschen mit Hörproblemen besser unterstützen können. Die Tipps wurden in Zusammenarbeit mit Betroffenen entwickelt und zielen auch darauf ab, die soziale Inklusion zu stärken.

von Susanne Wenger

Rund 1,3 Millionen Menschen in der Schweiz hören schwer. Bei den über 70-Jährigen trifft das gemäss Fachstelle Pro Audito auf zwei von drei Personen zu. Und wer nicht mehr gut hört, zieht sich oft zurück, besucht keine Konzerte mehr, lehnt Einladungen ab, meidet Familienanlässe. «Hörverlust wird als Barriere für soziale Teilhabe häufig unterschätzt», sagt Daniela Händler-Schuster, Professorin für gemeindenahe integrierte Pflege an der ZHAW. In einem Forschungsprojekt hat sie einen Ratgeber für Pflegefachpersonen und Organisationen der Langzeitpflege erarbeitet. Er gibt Empfehlungen, wie diese Menschen mit Hörverlust unterstützen können – sei es durch klare Kommunikation, Alltagserleichterungen, Stärkung von Fähigkeiten oder Förderung der gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe.

So können Pflegefachpersonen ältere Menschen und Angehörige etwa ermutigen, das Hörvermögen prüfen zu lassen, und sie auf Orte und Aktivitäten hinweisen, die über eine gute Akustik oder eine Anlage verfügen, die Ton direkt auf ein Hörgerät überträgt. Unterstützung können Fachpersonen auch beim Abklären von Entschädigungsansprüchen für Hörhilfen bieten.

Das kompakte, ansprechend illustrierte Büchlein bezieht sich auf die UNO-Behindertenrechtskonvention, die seit 2014 in der Schweiz gilt und das Recht auf Teilhabe verankert. «Bund, Kantone und Gemeinden müssen die Voraussetzungen dafür schaffen», betont Händler-Schuster. Sie hat die Praxistipps gemeinsam mit Colette Schneider Stingelin vom ZHAW-Institut für Angewandte Medienwissenschaft und einer Gruppe von Expert:innen entwickelt. Die Tipps basieren auf Forschungsergebnissen zur Frage, wie sich bei Menschen mit Hörproblemen die Resilienz fördern lässt. «Die Daten zeigen, dass viele Menschen mit Hörverlust Schwierigkeiten haben, bestehende Hilfsangebote zu nutzen», erklärt die Forscherin. Zudem fehlten Schulungen für Pflegefachpersonen, um die Bedürfnisse von Personen mit Hörproblemen angemessen zu berücksichtigen. Pflegefachpersonen spielen eine zentrale Rolle, «weil sie häufig die ersten Ansprechpersonen der Betroffenen sind.» Der Ratgeber soll diese Lücken schliessen. 19 Menschen mit Hörverlust haben ihn begutachtet. Er wird nun an ausgewählte Institutionen der Langzeitpflege verteilt und von ZHAWMasterstudierenden auf seine Wirkung evaluiert. //

Vitamin G, S. 23

Magazin «Vitamin G – für Health Professionals mit Weitblick»


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