Im Labor Blut oder Urin zu untersuchen und dabei Krankheiten zu erkennen, ist eine Aufgabe von Biomedizinischen Labordiagnostiker:innen, die an der ZHAW ausgebildet werden. Eine verantwortungsvolle Tätigkeit, denn ein Laborbefund ist oft entscheidend für Diagnose und Therapie.
Ursina Hulmann
«Es fasziniert mich, durch ein Mikroskop Körperzellen sichtbar zu machen, die mit blossem Auge nicht erkennbar sind. Sie sind wunderschön anzusehen», sagt Nadja Schönenberger. Die 24-jährige Winterthurerin startete im September zusammen mit 84 jungen Menschen ihr Studium in biomedizinischer Labordiagnostik. Der interdepartementale Studiengang der ZHAW Departemente Life Sciences und Facility Management sowie Gesundheit wird zum allerersten Mal angeboten. Schönenberger hat sich für das Studium entschieden, weil sie die Zellen weiter erforschen will, «denn sie übernehmen lebenswichtige Funktionen in unserem Körper, ohne dass wir es merken.»
Ähnlich wie die Zellen arbeiten auch Biomedizinische Labordiagnostiker:innen – quasi im Verborgenen: Obwohl sie keinen direkten Patient:innenkontakt haben, erfüllen sie eine wesentliche Aufgabe in der Gesundheitsversorgung. «Ein Laborbefund ist oft entscheidend für Diagnostik und Therapie», so Studiengangleiterin Sylvia Kaap-Fröhlich. So kann zum Beispiel ein erhöhter Blutzuckerwert auf das Vorliegen von Diabetes hinweisen.
Faszination Labor
In der Schweiz ist der Studiengang Biomedizinische Labordiagnostik ein Novum, in vielen anderen europäischen Ländern ist das Fach auf akademischer Stufe bereits seit Längerem angesiedelt. Denn: Wie in den anderen Gesundheitsberufen sind auch die geforderten Fachkompetenzen in den medizinischen Laborberufen gestiegen.
Biomedizinische Labordiagnostiker:innen können nach ihrer Ausbildung im Spital- oder im medizinischen Privatlabor arbeiten. Ihr Einsatzgebiet ist aber auch die Diagnostikindustrie, wo sie zum Beispiel neue Testmöglichkeiten entwickeln, um Krankheiten früher oder besser zu erkennen. Im Labor untersuchen sie Material wie Blut, Urin oder Gewebeproben, bereiten es auf, ordnen das Ergebnis ein und geben Empfehlungen für weitere Untersuchungen ab.
Sie übernehmen viel Verantwortung und genaues Arbeiten ist essenziell. «Falls wir etwas übersehen oder Analysedaten falsch interpretieren, kann dies im schlimmsten Fall lebensbedrohliche Konsequenzen für die Patientin oder den Patienten haben», sagt Sylvia Kaap-Fröhlich. «Zentral ist zum Beispiel das richtige Bestimmen von Blutgruppen.» Im Spital sind die Labore sieben Tage in der Woche rund um die Uhr in Betrieb und es kann zwischendurch sehr hektisch sein. «Trotzdem ist es wichtig, dass wir Ruhe bewahren und präzise arbeiten», umschreibt Kaap-Fröhlich den Berufsalltag.
Ihre Leidenschaft für den Beruf hat die Studiengangleiterin bereits vor vielen Jahren entdeckt, in ihrem ersten Laborpraktikum, beim Reinigen von Laborgefässen: «Ich fand es total spannend, was aus diesen Proben herausgelesen und wie damit Menschen geholfen werden kann.» Im Labor hatte sich für sie «eine grosse Welt aufgetan» – und liess sie nicht mehr los. Nach ihrem Abschluss als Medizinischtechnische Laboratoriumsassistentin und nach mehrjähriger Berufstätigkeit hat Sylvia Kaap-Fröhlich Biochemie an der Universität Leipzig studiert und im Fach Pharmazie promoviert. Sie hat internationale Lehr- und Leitungserfahrung in der Ausund Weiterbildung von Biomedizinischen Analytiker:innen. «Es freut mich, die Erfahrungen aus meinem Berufsleben in den neuen Studiengang einfliessen zu lassen und eine neue Generation von Absolvent:innen auszubilden», so die umtriebige Bildungsmanagerin.
Blut, Bakterien und Antibiotika
In den Laboren in Wädenswil werden die Studierenden auf den praktischen Teil ihrer künftigen Aufgabe vorbereitet. Sie untersuchen Blut und andere Körperflüssigkeiten, lernen die verschiedenen Zellen im Körper kennen. Wie verändert sich zum Beispiel das Blut einer Person, die Blutkrebs hat? Wie bestimmt man die Bakterien im Urin bei einer Blasenentzündung? Oder woran erkennt man, ob Bakterien resistent gegen ein Antibiotikum sind? Zudem lernen die Studierenden chemische und biologische Grundtechniken kennen wie Pipettieren oder Mikroskopieren.
Ein Teil des Unterrichts findet in Winterthur statt. Auf dem Campus Adeline Favre lernen die Studierenden die Gesundheitsberufe kennen. Ziel ist, das Verständnis zwischen naturwissenschaftlichem und sozialwissenschaftlichem Denken zu fördern, damit die Kommunikation zwischen den verschiedenen Gesundheitsberufen besser funktioniert. «Wir alle arbeiten gemeinsam für eine gute Patient:innenversorgung, zum Teil aber auf unterschiedlichen Wegen», so Kaap-Fröhlich.
Die Vielfalt des Studiengangs spricht Nadja Schönenberger an. «Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich Biologie, Chemie oder Physik studieren soll. Nun kann ich einen Studiengang mit vielen unterschiedlichen Fächern besuchen und naturwissenschaftliche Inhalte mit einem Gesundheitsberuf verbinden», freut sie die gelernte Fachfrau Gesundheit. «Da wir die ersten sind, starte ich das Studium mit wenig Erwartungen und Vorurteilen», so Schönenberger. «Ausserdem haben wir die Möglichkeit, den Studiengang durch unsere Rückmeldungen mitzugestalten.» Nach dem Studium kann sie sich gut vorstellen, in einem Spitallabor zu arbeiten, da die Aufgaben dort vielseitig sind. Und sie blickt ambitioniert in die Zukunft: «Vielleicht gelingt es durch unsere Arbeit, Krankheiten zu therapieren, die heutzutage unheilbar sind.» //
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Bachelorstudium Biomedizinische Labordiagnostik