Luca Grieco ist der erste Mann im Bachelorstudiengang Hebamme an der ZHAW. Ausschlaggebend dafür war ausgerechnet der Militärdienst.
von Marc Bodmer
Eigentlich wollte Luca Grieco Anwalt werden. Sein Primarschullehrer erklärte ihm, dass man dafür nicht einfach in eine Lehre gehen könne, sondern die Bezirksschule besuchen müsse. Diese schloss der «Jurist in spe» mit einem International Baccalaureate sowie einer Matura ab.
In der Mittelschule merkte der Schüler mit kalabrischen Wurzeln, dass Wirtschaft und Recht verglichen mit Biologie fade Fächer waren. «Der Mensch, seine Sexualität und Reproduktion haben mich viel mehr interessiert», sagt Luca Grieco. Sein nächstes Ziel war ein Medizinstudium – in der Absicht, Gynäkologe mit einer Spezialisierung in Geburtshilfe zu werden. Nach einigen Semestern und – aufgrund persönlicher
Probleme – nicht bestandenen Prüfungen musste er seinen Plan enttäuscht begraben.
«Ich war nahe daran, mich vom Gesundheitswesen zu verabschieden und der Architektur zuzuwenden, die mich nach wie vor interessiert», erzählt Luca Grieco. Ausgerechnet im Militärdienst aber erkannte er, dass er im Gesundheitswesen doch am richtigen Ort ist. Als er zum Spitalsoldat, sprich Pflegehelfer, ausgebildet wurde und ein Praktikum machte, wurde ihm klar: «Ich will Menschen helfen.» Dazu passt auch, dass er sich seit vielen Jahren im Studierendenverein «Achtung Liebe!» engagiert, der Sexualaufklärung an Schweizer Schulen durchführt.
An Infoanlässen von Fachhochschulen stiess Luca Grieco auf den Studiengang «Hebamme». «Ich wusste nicht viel über den Beruf und lernte, dass dieser weit mehr als nur Geburtshilfe umfasst. Das hat mich fasziniert.» Sein Umfeld reagierte positiv auf seine Entscheidung. «Aber klar gibt es dumme Sprüche. Wie damals bei der Gynäkologie, als Kollegen witzelten, dass ich bloss nackte Frauen sehen wolle», sagt der 26-Jährige. «Inzwischen habe ich gelernt, damit umzugehen.» Viel wichtiger ist ihm die Unterstützung seiner Familie: «Für meine Mutter ist Hebamme ein schöner Beruf. Auch meine jüngere Schwester und mein Vater unterstützen mich.»
Und wie reagieren die Studierenden und Dozierenden? «Ich muss zugeben, dass ich etwas Angst davor hatte, wie die Reaktionen ausfallen würden», gesteht Luca Grieco. Bei seinem Vorpraktikum hat er Hendrik Rogner kennengelernt, die erste männliche Hebamme am Kantonsspital Aarau. «Hendrik hat mich beruhigt und meine Zweifel ausgeräumt.» Von Seiten der Mitstudierenden wurde dem einzigen Mann im Studiengang grosse Aufmerksamkeit zuteil. «Die war aber immer positiv. Und auch die anfangs erstaunten Dozierende freuten sich.»
«Als Hebamme trägt man eine grosse Verantwortung–für zwei Leben», sagt Luca Grieco über seinen zukünftigen Beruf und ergänzt: «Die Aspekte der Vaterschaft werden immer wichtiger. Schliesslich geht es darum, dass die ganze Familie betreut und unterstützt wird.» //