Braucht es 10’000 Schritte pro Tag?

Kaum eine Zahl hat einen grösseren Einfluss auf unser Bewegungsverhalten wie die täglichen 10’000 Schritte. Doch hat die Empfehlung Hand und Fuss? Mehr dazu weiss Physiotherapeutin Anne-Kathrin Rausch.

Jede:r kennt sie, die 10’000 Schritte, die wir täglich zurücklegen sollten. Dass es sich dabei mehr um einen Mythos als um eine evidenzbasierte Zahl handelt, ist den wenigsten bewusst. Der Wert fasste vor 60 Jahren Fuss im Nachgang der Olympischen Spiele in Japan und gilt inzwischen als Meilenstein der Werbegeschichte. Die japanische Firma Yamasa brachte 1965 den «Manpo-kei», den ersten portablen Schrittzähler auf den Markt. Und wie dessen Name in der Landessprache verrät: Das Gerätchen zeichnet maximal 10000 Schritte auf. Wer also das Wunder der Technologie voll ausreizt, tut sich etwas Gutes, lautete die Botschaft des Herstellers. Diese entbehrte allerdings einer wissenschaftlichen Grundlage.

Gehen senkt Sterblichkeitsrisiko

Machen täglich 10’000 Schritte dennoch Sinn? Eine Meta-Analyse von 15 Studien, die zwischen 1999 und 2018 publiziert wurden und Daten von mehr als 47’000 Personen erhoben hatten, hilft bei dieser Frage weiter. Sie zeigt auf, dass sich das Sterblichkeitsrisiko bei Personen über 60 Jahren, die täglich zwischen 6’000 und 8’000 Schritte leisteten, mit der wachsenden Anzahl Schritte verringerte. Bei jüngeren Menschen lag der optimale Bereich zwischen 8’000 und – hört, hört!–10’000 Schritten.

Ein Zuviel gibt es eigentlich nicht. Der positive Effekt auf das Sterblichkeitsrisiko fällt aber jenseits der empfohlenen Schrittzahl bescheiden aus. Erfreulich ist, dass sich selbst Personen mit Arthrose oder Rheuma keine Sorgen machen müssen. Ein Plus an Bewegung wirkt sich grundsätzlich nicht negativ auf die Gelenke aus – auch wenn man es gerade zu Beginn nicht übertreiben sollte. Wer sich mehr bewegen möchte, aber nicht weiss wie beginnen oder in der körperlichen Belastungsfähigkeit eingeschränkt ist, findet Hilfe bei Physiotherapeut:innen. Diese können bei der Planung, der Wahl der Aktivität und der Dosierung unterstützen.

Ob die tägliche Bewegung gemessen und aufgezeichnet werden soll, ist individuell und hat – wie alles im Leben – zwei Seiten. Die einen werden durch Zielvorgaben und Messdaten angespornt, sich einen Ruck zu geben und zu bewegen. Die anderen werden eher frustriert, wenn sie erkennen, dass sie ihre Ziele, aus welchen Gründen auch immer, nicht erreichen. Wer sich ein Ziel gesetzt hat, tut aber gut daran, eine Form von Messung vorzunehmen. Denn nur so kann der Fortschritt – das darf man hier wörtlich nehmen – auch nachgewiesen werden. //


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