Gastbeitrag von Ahmed Ahmetovic und Ibrahim Binder
Wir beide sind mit einem Grundinteresse für den Strassenverkehr in das Studium Verkehrssysteme eingestiegen. Aus unseren beruflichen Hintergründen als Konstrukteur und Hochbauzeichner nicht gerade die Standardwahl, ein Studium in Maschinenbau oder Architektur wäre da näher gelegen. Trotzdem hat uns die Faszination Verkehr dazu gebracht, diesen den Studiengang Verkehrssysteme zu wählen.
Uns wurde der Studiengang als klein und damit sehr individuell vorgestellt, was die vergangenen drei Jahre nun bestätigen. Mit den verschiedenen Modulen, welche sich von der Raumplanung bis zur Verkehrssimulation erstrecken, wird eine breite Palette an Themen behandelt. Dies ermöglicht jedem Studierenden sich individuell zu entfalten. Dabei liegt es aber in der Verantwortung jedes einzelnen Studierenden, die für sich selbst interessanten Fragen zu stellen und so seine Interessen zu vertreten.
Gerade als Interessierte für den Strassenverkehr mussten wir uns immer wieder gegen die breite Meinung stellen, der Strassenverkehr produziere nur Lärm und nehme zu viel Platz weg. Unserer Meinung nach geht es ohne einen funktionierenden Strassenverkehr nicht, weder personen- noch güterverkehrsbezogen. Auch wenn ein Grossteil der Module sehr spezifisch auf Bahntechnik fokussiert ist, war es uns als technisch Interessierte trotzdem möglich, aus den entsprechenden Modulen Relevantes für die Zukunft mitzunehmen.
Bachelorarbeit zur Stauforschung auf Nationalstrassen
Aufgrund des persönlichen Interesses für den Strassenverkehr, welches sich während der Studienzeit weiter verstärkt hat, und bisherigen erfolgreichen Zusammenarbeiten haben wir uns dazu entschlossen, die Bachelorarbeit gemeinsam als Team zu bearbeiten. Als dazu nicht die passende Ausschreibung einer Bachelorarbeit erschien, entschieden wir uns dazu, verschiedene Ideen, welche sich im Verlauf der Studienjahre in unseren Köpfen angesammelt hatten, aufzuschreiben und Kontakt mit Dozierenden für die Betreuung aufzunehmen. Gemeinsam mit den Dozierenden entschieden wir uns, alle Ideen im Zusammenhang mit Nationalstrassen als Bachelorarbeit zu bündeln und das Bundesamt für Strassen (ASTRA) als Industriepartner für uns zu gewinnen.
Zusammenfassung der Bachelorarbeit
Die schweizerischen Nationalstrassen stossen regelmässig an ihre Kapazitätsgrenzen. Um der Überlastung entgegenzuwirken, setzt der Bund Temporeduktionen, Pannenstreifenumnutzungen, örtliche Lastwagen-Überholverbote und Ausbauten des Nationalstrassennetzes um. Die Arbeit betrachtet vier weitere, von den Autoren eigen definierte Massnahmen, die keine grossen Eingriffe in die Infrastruktur erfordern; bei baulichen Massnahmen sind Strecken unter 1 km Länge betroffen. Bei den vier untersuchten Massnahmen handelt es sich um ein generelles / dynamisches Lastwagen-Überholverbot, ein örtliches Spurwechselverbot, die Aufhebung des Lastwagen-Nachtfahrverbots und die Implementierung eines neuen Einfahrtskonzepts.
Die Massnahmen werden in Form einer Simulationsstudie analysiert und ausgewertet. Dafür werden in einem ersten Schritt die Massnahmen einzeln anhand von fiktiven Beispielen überprüft und deren Wirkungsbereiche ermittelt. Da alle Massnahmen erfolgreich geprüft werden konnten, sind sie anschliessend im zweiten Schritt am nachmodellierten Beispiel, dem Knoten Winterthur Nord, angewandt worden. Hierfür werden die Fahrverhalten mit gegebenen Verkehrsdaten von Autobahn-Messstellen validiert, sodass ein reales Abbild des Verkehrsgeschehens simuliert werden kann. Mit den gegebenen Daten werden schliesslich der Ist-Zustand und der Zustand 2040 modelliert, was als Grundlage für die Simulation der Massnahmen und deren Vergleich mit dem jeweiligen Referenzzustand dient.
Aus der Untersuchung geht hervor, dass die gewählten Massnahmen im Ist-Zustand und im Zustand 2040 zu Verringerungen der durchschnittlichen Fahrzeiten führen (vgl. Abb. 1) und der Verkehrsfluss örtlich verbessert werden kann (vgl. Abb. 2). Lediglich das neue Einfahrtskonzept kann im Ist-Zustand unter anderem aufgrund der infrastrukturellen Gegebenheiten nicht eingesetzt werden.
Die Fahrzeiten können je nach Streckenabschnitt durchschnittlich um bis zu 35.3 % im Ist-Zustand bzw. um bis zu 23.8 % im Zustand 2040 verringert werden. Aufgrund der vielversprechenden Resultate empfehlen die Autoren die genannten Massnahmen in Pilotprojekten zu testen und zu prüfen, ob sich diese in der Praxis bewähren. (Abb. 3, Ausschnitt Vissim)
Mit den erzielten Ergebnissen sind wir beide sehr zufrieden gestellt und auch teilweise überrascht. Die Tatsache, dass unser Industriepartner ebenfalls zufrieden ist und das Feedback der betreuenden Dozenten sehr positiv ausgefallen ist macht uns stolz.