Nachhaltigkeit lehren – bei Produktdesign und Green IT ansetzen

Das Sustainable Impact Program unterstützt zwei Lehrprojekte an der School of Engineering. Während das eine Cloud-Dienste ökologischer machen will, setzt das andere auf nachhaltig entwickelte Produkte.

Wussten Sie, dass die Informatik mehr CO2 verbraucht als die Luftfahrt? Wissenschaftler:innen der englischen Universität Lancaster sind zu diesem Ergebnis gekommen. Oder, dass nur 5 Prozent der Kosten eines Produkts auf dessen Entwicklung fallen – aber 80 Prozent der CO2-Emissionen hier bestimmt werden? Das steht in einer Publikation der Vereinten Nationen. Fakt ist: Es gibt in diesen Bereichen bezüglich Nachhaltigkeit noch viel zu tun. Zwei Lehrprojekte, die vom Sustainable Impact Program (SIP) unterstützt werden, arbeiten an vielversprechenden Lösungsansätzen.

Kreislaufwirtschaft in der Produktentwicklung

Im ersten Projekt geht es darum, einen Leitfaden zu erarbeiten, wie das Thema nachhaltige Kreislaufwirtschaft in allen studentischen Arbeiten des Institute of Product Development and Production Technologies (IPP) an der School of Engineering berücksichtigt werden kann. Es wird von Salome Berger und Jens Baier vom IPP und von Corinna Baumgartner vom Institut für Nachhaltige Entwicklung (INE) – ebenfalls an der School of Engineering – umgesetzt. Das Ziel der ergänzenden Aufgabenstellung ist eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema. Aus dieser können neue Ideen und Lösungsansätze generiert werden, welche wiederum einen kontinuierlichen Wissensaufbau am IPP mit sich bringen. Dass Nachhaltigkeit und im Speziellen das Thema Kreislaufwirtschaft im Bereich Produktentwicklung nicht nur die Reduktion von Rohstoffen und Energie bedeutet, sondern einer Vielzahl weiterer Massnahmen bedarf, davon ist das Projektteam rund um Jens Baier überzeugt.

Salome Berger sagt dazu: «Unsere Vision ist es, dass Industriedesignerinnen oder Produktentwickler in ihrem Entwicklungsprozess neben Funktionalität und Kosten auch Aspekte rund um eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft automatisch mitdenken.» So kann man viel bewirken: beispielsweise die Lebensdauer verlängern, Produkte modular aufbauen und damit besser reparierbar machen oder Rohstoffe wiederverwenden, beziehungsweise gar zur Erde zurückführen.

«Unsere Vision ist es, dass Industriedesignerinnen oder Produktentwickler in ihrem Entwicklungsprozess neben Funktionalität und Kosten auch Aspekte rund um eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft automatisch mitdenken.»

Salome Berger, wissensschaftliche Mitarbeiterin, Institute of Product Development and Production Technologies

Leitfaden für studentische Arbeiten

Um das komplexe Thema anwendbar zu machen, wurde ein Leitfaden entwickelt, der die Studierenden und Betreuenden bei der Berücksichtigung des Themas unterstützen soll. Als Arbeitstool dient hierbei ein Miroboard. Dort gibt es verschiedene Möglichkeiten, den für sich passenden Aspekt im Bereich nachhaltiger Kreislaufwirtschaft herauszufinden. So führen beispielsweise unterschiedliche Fragestellungen direkt zu den inhaltlichen Modulen. «Diesen Leitfaden möchten wir fortlaufend mit den Erkenntnissen aus den abgeschlossenen Arbeiten füttern», sagt Corinna Baumgartner. «Die Antworten auf viele Fragen müssen nämlich erst noch gefunden werden.»

Rechenzentren entlasten und Strom sparen

Das zweite Projekt, das an der School of Engineering gefördert wird, widmet sich der Nachhaltigkeit im Informatikstudium. In seinem Lehrprojekt thematisiert Josef Spillner den CO2-Ausstoss von cloudbasierten Onlinediensten. Wir verfügen in Echtzeit über immer mehr Daten – doch das kostet die Rechenzentren entsprechend viel Strom. Josef Spillner hat sich also überlegt, wie ÖV-Verbindungsauskünfte ökologischer werden können. Er erklärt: «Die Anbieter versorgen uns bei einer Anfrage mit Infos zu Verspätungen, Anschlussverbindungen, freien Plätzen und so weiter. Eine einzelne Anfrage braucht eine winzige Einheit Energie. In der Rush Hour multipliziert sich das aber um das Hunderttausendfache. So geht es plötzlich um viel.»

«Es sind wunderbare, innovative Lösungen herausgekommen. Teils bereits besser als das, was auf dem Markt derzeit verfügbar ist.»

Josef Spillner, Dozent, Forschungsschwerpunkt Distributed Systems

Verblüffende Lösungsvorschläge von Studierenden

Die Informatikstudierenden setzen sich deshalb in dem Wahlmodul jeweils mit einem Thema dieser Art auseinander. Im vergangenen Herbstsemester haben neun Teams das Problem der ÖV-Verbindungsauskünfte untersucht. «Dabei sind wunderbare, innovative Lösungen herausgekommen», bilanziert Josef Spillner. Teils bis zuletzt fertiggedacht und damit bereits besser als das, was auf dem Markt derzeit verfügbar ist. Ein Ansatz, der Josef Spillner besonders gefiel, arbeitete mit dem Prinzip der Adaptivität. «Die Studierenden sahen vor, Berechnungen nur dann anzustellen, wenn sie gebraucht werden. Sind die Züge tagsüber oder nachts fast leer, braucht es etwa die Info zur Waggonbelegung nicht. Am Feierabend hingegen schon.» Viele Berechnungen basieren zudem auf einer riesigen historischen Datenmenge und müssen nicht zwingend topaktuell sein. «Solche Auswertungen könnte man in regelmässigen Abständen dann machen, wenn viel Ökostrom vorhanden ist, beispielsweise an Sonnentagen.»

Ausschnitt aus dem Flyer der Gruppe «Beam»: Alle studentischen Gruppen haben Flyer produziert, um die Vorteile ihrer Lösung ansprechend und verständlich darzustellen.

Beide Lehrprojekte verbindet, dass sie kein Nischenphänomen bleiben möchten. Nachhaltigkeit soll bald ein integraler Bestandteil sein, wenn innovative Lösungen gesucht werden. Von den Studierenden von heute – oder eben den Berufsleuten von morgen.

Sustainable Impact Program
Mit dem Sustainable Impact Program fördert die ZHAW wirkungsvolle Initiativen von Studierenden und Mitarbeitenden sowie Jungunternehmertum im Bereich der nachhaltigen Entwicklung. Für Lehr- und Forschungsprojekte können Mitarbeitende bis zu CHF 30'000 beantragen.

Text: Rahel Lüönd


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