Sei es bei Lohnverhandlungen für Neueintretende oder im Rahmen der jährlichen Lohnrunde: um Marktvergleiche kommen wir nicht herum. Um einzuschätzen, wie man im Markt steht, beruft sich ein Grossteil der Unternehmen auf branchenspezifische oder speziell zugeschnittene Lohnvergleiche. Doch wie aussagekräftig sind diese Marktdaten? Diese Woche hat sich die Klasse des CAS Performance & Compensation Management mit dieser Problematik befasst und verschiedene Elemente genauer unter die Lupe genommen.
Vergleichsfirmen, Funktionen und Lohnkomponenten waren die Hauptpunkte, auf welche die Kursteilnehmenden ihr Augenmerk richteten. Welche Organisationen – sogenannte Peers – sind Teil der Vergleichsgruppe? Grösse, Branche, Region, strategische Ausrichtung sollten in der Vergleichsgruppe eben auch vergleichbar sein. Zum Beispiel entscheidet die Grösse einer Firma in der Regel über die “Capacity to Pay”. Entsprechend werden von Grossunternehmen auch eher höhere Löhne gezahlt. Nicht selten orientieren sich gerade kleinere Unternehmen aber gerade an diesen Marktleadern. Dies, sowie der Umstand, dass mindestens 70% aller Unternehmen sich im Markt oder höher als der Markt positioniert, führt zwangsläufig dazu, dass Lohnvergleiche eine lohnsteigernde Wirkung haben.
Eine weitere Problematik ist die Vergleichbarkeit der Funktionen. Selbst relativ gute Funktionsbeschreibungen können die natürlichen Unterschiede zwischen den Unternehmen nicht überbrücken. Es besteht also immer eine gewisse Unsicherheit, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Auch die Bedeutung einer bestimmten Funktion für ein Unternehmen schlägt sich im Lohn nieder, was sich jedoch in Lohnvergleichen nirgends festhalten lässt und wiederum zu Verzerrungen führen kann.
Schliesslich diskutierte die Klasse intensiv über die schiere Unmöglichkeit, einzelne Lohnkomponenten miteinander zu vergleichen. Bereits bei den Short Term Incentives stellt sich die Frage, welche Werte genau erfasst werden sollen. Zielbonus, ausgezahlter Bonus, durchschnittlicher Bonus der letzten 3 Jahre? Und wie können dann erst Nebenleistungen und Fringe Benefits, welche einen grossen Teil der Compensation ausmachen, überhaupt sinnvoll in Vergleiche einfliessen? Selbst das Umrechnen in Geldwerte wird gerade diesen differenzierenden Elementen des Unternehmens in keiner Weise gerecht. Am Ende bleibt also nur der Grundlohn, der einem Vergleich am ehesten Stand hält. Doch nur dieser allein ist wiederum wenig aussagekräftig angesichts des Gesamtpackages, das letztlich aussschlaggebend ist, ob jemand in ein Unternehmen eintritt oder bleibt.
Lohnvergleiche sind nicht nur nachweislich unwissenschaftlich, sie sind auch teuer: gemäss Teilnehmenden mehrere Personentage pro Jahr, verbunden mit hohen Kosten der Surveys. Dennoch kann man sich nicht von ihnen lossagen. Zu etabliert sind sie bei der Linie, aber auch bei den Mitarbeitenden, wo sie auf hohe Akzeptanz stossen. HR darf sich von den Zahlen einfach nicht einschüchtern lassen. Es muss stattdessen verstehen, was sich hinter den Daten genau verbirgt und diese im Kontext ihres Unternehmens richtig interpretieren. Ein Teilnehmer meinte abschliessend sogar, mehr als 15% sollten Marktdaten keinen Einfluss auf Lohnentscheide haben.