PatrickStuder-IgorMatic_Master-Linguistic-Diversity-Management ZHAW ILC

Mit dem Master Linguistic Diversity Management die sprachliche und kulturelle Vielfalt nutzen

Unsere Arbeitswelt wird immer multikultureller und mehrsprachiger. Der Master Linguistic Diversity Management vermittelt das Wissen, um als Fach- oder Führungskraft die Vorteile der sprachlichen und kulturellen Vielfalt nutzen zu können. Patrick Studer und Igor Matic erklären im Interview, warum aktives Linguistic Diversity Management immer relevanter wird, für wen sich der Master eignet, und sie zeigen mögliche Berufsbilder für zukünftige Absolvent:innen.

Autorin: Stefanie Krüsi

Seit dem Frühlingsemester 2024 kann man im Master Angewandte Linguistik die neue Vertiefung Linguistic Diversity Management studieren. An wen richtet sie sich?

Patrick Studer: Die Mastervertiefung ist stark interdisziplinär angelegt.  Sie richtet sich an Studierende, die ein grosses Interesse an sprachlicher und kultureller Vielfalt haben, die selbst mehrsprachig sind und die ihr Wissen und Können in organisationalen Kontexten zur Verfügung stellen möchten. Damit eignet sie sich besonders für Studierende, die ein sprach-, kultur- oder sozialwissenschaftliches Bachelorstudium abgeschlossen haben und sich nun konkret und anwendungsorientiert in den Bereichen Mehrsprachigkeit und kulturelle Diversität spezialisieren möchten.

Innerhalb des Studienangebots der ZHAW schliesst die Mastervertiefung Linguistic Diversity Management thematisch und institutionell eine Lücke: Sie gibt Absovent:innen des Bachelorstudiengangs Sprachliche Integration – Deutsch als Fremd- und Zweitsprache die Möglichkeit, an der gleichen Hochschule ihr Studium auf Masterstufe weiterzuführen. Die Mastervertiefung ist somit eine logische Weiterentwicklung des Bachelorangebots. Thematisch schliesst sie in Teilen an das Bachelorstudium an, erweitert dieses jedoch wesentlich, indem grösseres Gewicht auf die sprachliche und kulturelle Diversität gelegt wird. Das heisst, wir fokussieren neu nicht mehr primär auf Deutsch als Ziel- und Integrationssprache, sondern beschäftigen uns grundsätzlich mit Phänomenen der Mehrsprachigkeit und kulturellen Diversität, die im Zuge der Globalisierung entstanden sind.

Welche gesellschaftliche Relevanz hat der Master Linguistic Diversity Management?

Igor Matic: Aufgrund der zunehmenden Mobilität und Internationalisierung prägt Diversität verschiedenste Bereiche unseres Lebens. Die Herausforderung besteht darin, diese Vielfalt zu reflektieren und als Ressource zu nutzen. Die wissenschaftlich fundierte und praktisch orientierte Mastervertiefung befähigt unsere Absolvent:innen, Diversität in Unternehmen und Organisationen professionell und unter Miteinbezug von wissenschaftlichen Methoden zu managen.  Sie entwickeln, realisieren und evaluieren Projekte und prägen dadurch sprachlich-kulturelle Diversität in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

Patrick Studer: Die Globalisierung hat positive Effekte, aber stellt uns auch vor grosse gesellschaftliche Herausforderungen: Eine noch nie dagewesene Mobilität und Migration führen zu einer ‘Super-Diversität’ der Gesellschaft. Diese Entwicklung stellt vermehrt etablierte Strukturen, feste Vorstellungen von Kulturen und einer Einheit von Sprache und Region in Frage. Wie sieht die globalisierte Berufswelt der Zukunft aus? Was können wir tun, damit wir uns verstehen, wenn wir zusammenarbeiten? Wie gehen wir mit Anders-Sein um? Die Wissenschaft und Lehre können zu solchen Fragen Antworten liefern. Unsere Mastervertiefung will einen konkreten Beitrag dazu leisten, die sprachlich-kulturellen Herausforderungen, vor die uns die Globalisierung stellt, besser zu verstehen und meistern zu können.

Welche Inhalte thematisiert die Vertiefung Linguistic Diversity Management und worum geht es eigentlich?

Patrick Studer: Die Mastervertiefung anerkennt die Globalisierung als treibende Kraft der Gesellschaft. In einer internationalen, globalen Organisation braucht es Spezialist:innen, die Brücken bauen zwischen den Menschen. Durch ihr Fachwissen können sie sprach- und kulturbezogene Lösungen entwickeln, damit sich die Mitarbeitenden untereinander besser verstehen und sich in die Organisation besser einbringen.

Die Master-Studierenden lernen bei uns, wie man Sprachkursangebote oder interkulturelle Aus- und Weiterbildungsangebote für Organisationen bedarfsorientiert entwickelt. Sie erwerben das Wissen, relevante Kompetenzen, die aus dem Zusammenspiel von Mehrsprachigkeit und Globalisierung entstehen, zu evaluieren. Auf einer übergeordneten Ebene lernen Studierende, wie sie sich strategisch in die Entwicklung von sprach- und kulturbezogenen Kompetenzen einbringen können. Dazu brauchen sie auch Wissen darüber, wie Organisationen funktionieren, müssen aber auch internationale Standards und Konventionen kennen. Schliesslich lernen Studierende, über sich selbst nachzudenken, als Teil der globalisierten Gesellschaft. Diese Kompetenzen werden in themenbezogenen Modulen erworben. Im Laufe des Studiums spezialisieren sich die Studierenden in einem der folgenden Bereiche und gestalten so ihr individuelles Berufsprofil:

  • Language Education Development: Konzeption und Evaluation von Aus- und Weiterbildungsangeboten für Individuen, Teams und Organisationen
  • International Program Coordination: Entwicklung, Realisierung und Evaluierung internationaler Programme in Verwaltung, Industrie und (Hoch-)Schulen
  • Language and Inclusion: Beratung von Stakeholder aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft bei sprachenpolitischen Entscheidungen und Massnahmen zur sprachlichen Integration.

Wie muss man sich ein solches Studium konkret vorstellen?

Mastervertiefung Linguistic Diversity Management am ILC Institute of Language Competence

Igor Matic: Studierende können wählen, ob sie den Master als Vollzeitstudium (drei Semester) oder berufsbegleitend als Teilzeitstudium (vier bis sechs Semester) absolvieren wollen. Die Basis bildet ein wissenschaftliches Kernstudium, welches Grundlagen und Methoden der Angewandten Linguistik vermittelt. Studierende lernen dabei, Mehrsprachigkeit kritisch zu reflektieren und Wissenschaft für die Praxis nutzbar zu machen. In den Vertiefungsmodulen setzen sich die Studierenden mit verschiedenen Fachinhalten auseinander und entwickeln eine Expertise, die dann in der Masterarbeit in einem für die Berufspraxis relevanten Projekt angewendet wird.

Inwiefern kann man das Studium selbst gestalten bzw. die Inhalte wählen?

Igor Matic: Studierende können wie oben erwähnt einen Studienfokus wählen und somit ihr berufliches Profil als Language Education Developer, International Program Coordinator oder Language and Inclusion Manager entwickeln. Im Rahmen der Masterarbeit vertiefen die Studierenden zudem ein individuelles Thema, welches für ihre berufliche Laufbahn eine hohe Relevanz hat.

In welchen Berufsfeldern können zukünftige Absolvierende dieser Mastervertiefung tätig sein? Wie sehen die Chancen auf dem Arbeitsmarkt aus?

Igor Matic: Absolvent:innen dieser Mastervertiefung übernehmen strategische Rollen und Führungsaufgaben in mehrsprachigen und internationalen Kontexten. Sie entwickeln und realisieren Aus- und Weiterbildungsangebote in global agierenden Unternehmen, konzipieren Mobilitätsprogramme an Hochschulen oder beraten Stakeholder aus Verwaltung und Wirtschaft bei sprachpolitischen Entscheidungen. Mit anderen Worten: Die interdisziplinär angelegte Mastervertiefung qualifiziert unsere Absolvent:innen für eine Karriere in Bildungsinstitutionen, Wirtschaftsunternehmen oder im politischen Umfeld.

Was unterscheidet diese Mastervertiefung von anderen Studiengängen im Bereich Sprache und Diversität?

Patrick Studer: Als einzige Vertiefung zum Thema, die in der Schweiz im Rahmen einer Fachhochschule angeboten wird, hebt sie sich durch ihre angewandte Orientierung ab: Wir gehen problemorientiert vor und überlegen uns, wo Fragen zur sprachlichen und kulturellen Vielfalt in Institutionen, Organisationen und Unternehmen problematisch erscheinen und entwickeln praxisbezogene Lösungen für solche Fragen.

Warum liegt euch die neue Mastervertiefung Linguistic Diversity Management am Herzen?

Patrick Studer: Ich leite die Professur Sprachenmanagement und Globalisierung, die thematisch sehr nahe bei der Mastervertiefung liegt. Für mich war der Blick nach aussen, also der vergleichende Blick in andere Sprachen und Kulturen immer zentral in meinem Leben – sei es als Forscher, Dozent oder als Privatperson. Die Mehrsprachigkeit habe ich dabei immer als zentrales Element der neuen globalisierten Welt gesehen. Sprachlich-kommunikativ auf andere Menschen zuzugehen ist eine Gabe, aber auch eine Fähigkeit, die in einem Studium gelernt werden kann. 

Igor Matic: Ich bin selbst zweisprachig aufgewachsen und beschäftige mich in meiner Forschung mit Fragen der Mehrsprachigkeit. Wenn man sprachlich-kulturelle Vielfalt systematisch studiert, entwickelt man eine Wahrnehmung und ein Verständnis für Phänomene, welche dem ungeübten Auge verborgen bleiben. In diesem Sinne denken und handeln Professionelle auch anders, da sie einen anderen Blick auf Mehrsprachigkeit und Diversität haben.

Patrick Studer ist Professor für Sprachenmanagement und Globalisierung. Igor Matic ist Geschäftsführer des ILC Institute of Language Competence. Beide befassen sich wissenschaftlich und in beratender Funktion mit Linguistic Diversity Management. Als Teil einer Arbeitsgruppe haben sie den Master Linguistic Diversity Management mitentwickelt.



Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert