Die Studentinnen Deborah Hugentobler und Zumera Nuredini haben das vierte Semester des Bachelor Sprachliche Integration in Brüssel verbracht. Im Rahmen des Moduls Praxis 4 haben sie sich für ein Auslandsemester in der belgischen Hauptstadt entschieden. Ihr Studium haben die jungen Frauen während fünf Monaten an der Université Saint-Louis Bruxelles weitergeführt. Sie haben sich mit kulturellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten befasst, haben sich in einem türkischen Restaurant wie in Istanbul gefühlt und gelernt, dass Anglizismen nicht viel im Französischen zu suchen haben.
Autor: Joshua Bartholdi
Multikulturell und mehrsprachig, zentral gelegener Ausgangspunkt für Städtetrips und süsser Duft von frischen belgischen Waffeln überall: So beschreiben Zumera Nuredini und Deborah Hugentobler die Stadt, in der sie ein Auslandsemester an der Université Saint-Louis Bruxelles verbracht haben. Beide sind von der belgischen Hauptstadt und dem Studium begeistert. Deborah war aufgrund eines früheren Besuches bereits vertraut mit der Stadt und freute sich, während drei Monaten dort in den Alltag einzutauchen und ihr Französisch aufzubessern. Zumera wollte schon während der Fachmaturität nach Belgien, musste dieses Vorhaben wegen der Corona-Pandemie aber vertagen. Im Rahmen des vierten Semesters des Bachelorstudiengangs Sprachliche Integration hat sie die Gelegenheit gepackt, um dies nachzuholen.
Ein bisschen Türkei in Belgien – ein multikulturelles Auslandsemester
Das gemeinsame Abenteuer begann mit einer siebenstündigen Autofahrt. Diese Reiseoption bietet genügend Platz für Gepäck, um sich in der Fremde zu Hause zu fühlen. Zumera zog etwa 20 Minuten von der Universität entfernt in einen türkisch geprägten Bezirk. Eine Moschee liegt gleich um die Ecke. Deborah wohnte in der Nähe der Universität. Die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Bezirke faszinierten die beiden Studentinnen. Wohin sie auch gingen, es war immer etwas los: Feste, Musik, Märkte, Kunstausstellungen. «Wenn ich von Bezirk zu Bezirk unterwegs war, hatte ich den Eindruck, plötzlich in einer ganz anderen Stadt zu sein. Es wurde nie langweilig und war total multikulturell», erzählt Zumera. Deborah ergänzt, dass sie in einem türkischen Restaurant gewesen sei und es sich wirklich so angefühlt habe, als sei sie in der Türkei.
Lieblingsfächer: Kommunikationsmodule
Zumera hatte sich in vier Modulen an der Université Saint-Louis Bruxelles eingeschrieben. Sie hatte auch die Möglichkeit, spontan weitere Lehrveranstaltungen, die sie interessierten, zu besuchen. Besonders haben ihr die Kommunikationsmodule gefallen. Im Modul «International Communication» behandelten die Studierenden aktuelle Fragen zum Weltgeschehen. Auch «Intercultural Communication» fand Zumera besonders spannend, da es viele Anknüpfungspunkte an ihre bereits erarbeiteten Studieninhalte in Winterthur gab, so etwa bei den Modulen «Angewandte Linguistik in Sprachberufen», «Sprachliche Integration: Einführung» oder «Schriften, Gesellschaft und Religion». Deborah schätzte, dass nicht nur die kulturellen Unterschiede beleuchtet wurden, sondern vor allem die Gemeinsamkeiten im Zentrum standen. In einer Projektarbeit hat sie sich deshalb mit dem Vergleich der chinesischen und mexikanischen Kultur befasst. Als Gemeinsamkeit hat sie die Priorität von Familie und Gemeinschaft hervorgehoben.
Der Studi-Alltag in Brüssel und Winterthur unterschied sich zwar für die beiden nicht merklich, trotzdem gab es kleine, feine Unterschiede: Die ausgedruckten Blätter, die verteilt werden, die Prüfungen, die auf Papier abgelegt wurden, die fakultätsübergreifenden Wahlmöglichkeiten bei Kursen, die Vorlesungen, die immer etwas zu spät begannen, oder dass man abends regelrecht aus der Universität gescheucht wurde, da die Gebäude nachts abgeschlossen werden. Brüssel sei je nach Bezirk nicht die sicherste Stadt.
Sprachliche Integration in Brüssel
Und wie hielten es die beiden Studentinnen im Auslandsemester mit der eigenen sprachlichen Integration? Zwar besuchten beide einen Französischkurs und versuchten die Sprache im Alltag anzuwenden, aber der Kontakt mit den einheimischen Studierenden gestaltete sich als nicht ganz einfach. Mit den vielen Austauschstudierenden aus aller Welt unterhielten sich Deborah und Zumera eher auf Englisch. Dass Anglizismen im Französischen verpönt sind, wurde Zumera unmissverständlich klar gemacht. Als sie in einem Schuhgeschäft fragte, ob die Schuhe auch «online» erhältlich sind, wurde sie mit einem lapidaren «en ligne» zurechtgewiesen. «Ich wurde noch nie so schnell korrigiert», meint Zumera lachend dazu. Zwar halten neue Begriffe durch Social Media Einzug ins Französische, aber es sind mehrheitlich arabische Wörter, da die grösste migrierte Community in Brüssel aus Marokko stammt. Die Sprachbarriere fiel Deborah am meisten beim Einkaufen auf, da sie deutlich mehr Zeit dafür einplanen musste: Die Geschäfte sind anders angeordnet, die Produkte sind anders verpackt und manchmal fehlte das passende Vokabular.
Eine Zukunft im Integrationsbereich
Die beiden Frauen blicken sehr positiv auf ihre Zeit in Brüssel zurück. Sie sind selbständiger geworden und haben neue Impulse für ihr Studium erhalten. Mit der interkulturellen Kommunikation zwischen verschiedenen Personengruppen und den damit verbundenen Herausforderungen möchten sie sich im weiteren Studium gerne vertiefter auseinandersetzen. Da sie zukünftig im Integrationsbereich arbeiten wollen, finden sie es umso wichtiger, harmonische Beziehungen zu schaffen und gute Zusammenarbeit zu fördern.
Aufgrund der guten Lage von Brüssel, haben sich auch Ausflüge nach Amsterdam oder Paris ergeben. Auch kleinere Städte wie Brügge oder Gent haben Deborah und Zumera Besuche abgestattet. Die Vorfreude auf die Familien und auf Schweizer Gepflogenheiten können sie nach ihrem Auslandsemester aber nicht verbergen. Und auf das nächste Semester an der ZHAW mit ihren Kommilitoninnen freuen sie sich auch schon sehr. Der Unterricht an der ZHAW sei nämlich strukturierter, die Dozierenden besser vorbereitet und pünktlicher, verraten die beiden. Bis dahin geniessen Deborah und Zumera noch weiter die belgischen Waffeln, die es an jeder Ecke zu kaufen gibt und deren süsser Duft die Gassen erfüllt.