Ana Paredes im Solihaus St. Gallen über Sprache als Kernkompetenz in der Integration

«Sprache als Kernkompetenz in der Integration»

Ana Paredes ist seit Juli 2020 Leiterin des Solihauses in St.Gallen. Sie weiss aus eigener Erfahrung, was es heisst, neu in der Schweiz zu sein, einen Kulturschock zu erleben und die Sprache nicht zu verstehen. Mit verschiedenen Kursen, Beratungen, einem täglichen Mittagstisch und Events bietet das Solihaus Unterstützung bei der Integration.

von Stefanie Krüsi, Kommunikationsverantwortliche ILC Institut of Language Competence

2015 kam Ana Paredes der Liebe wegen in die Schweiz. Die gebürtige Ecuadorianerin sprach kein Wort Deutsch. In verschiedenen Intensivkursen und anhand unterschiedlicher Methoden lernte sie die Sprache nach und nach. Und sie lerne immer noch weiter, betont Paredes im Gespräch.

Die Basis für Integration

Seit über vier Jahren leitet die Ecuadorianerin nun das Solihaus. «In meinem Job muss man unglaublich flexibel sein. Kein Tag ist wie der andere», erzählt sie lachend. Wenn sie morgens in ihr Büro kommt, stünden die Leute manchmal schon vor der Türe. «Das Solihaus steht allen offen: Migrantinnen und Migranten aber auch Schweizerinnen und Schweizern. Das ist die Basis für Integration.»

Unterstützung auf allen Ebenen

Paredes ist in ihrer Funktion für den ganzen administrativen Bereich verantwortlich. Hauptsächlich führt sie aber Rechts- und Alltagsberatungsgespräche. Damit unterstützt sie Leute, die neu in der Schweiz sind und vor vielen offenen Fragen stehen. Manchmal springt sie auch beim Mittagstisch ein, der jeden Tag von einem Team aus Migrant:innen und Schweizer:innen organisiert wird. «Das Mittagessen ist ein fixer Termin in meinem Tagesablauf. Da wir im Solihaus ausschliesslich Deutsch miteinander sprechen, entstehen manchmal witzige Situationen. So wusste einmal ein Besucher das Wort «Pilz» nicht und versuchte uns, mit Händen und Füssen zu beschreiben, was er meint: ‘Es ist eine Frucht, nein, ein Gemüse. Schmeckt nach Erde, sieht eklig aus. Es sieht aus wie ein Haus. Es ist ein Haus!» Irgendwann nach langem Raten seien sie dann auf «Pilz» gekommen, erzählt Paredes lachend.

Den Besucherinnen und Besuchern des Solihauses steht auch ein Kursangebot zur Verfügung, das von Mathematik über Nähen bis hin zu Malen und Computerkursen reicht. Sie unterstützen die Teilnehmenden dabei, sich schneller in ihrer neuen Umgebung zurechtzufinden und fördern aktiv die Integration. Im Rahmen des Programms gibt es auch einen Hauswirtschaftskurs, der mit einem Diplom abschliesst – eine wertvolle Ergänzung für zukünftige Bewerbungen. Der Kurs sucht derzeit allerdings nach einer neuen Lehrperson. Auch die jüngsten Gäste kommen nicht zu kurz: Nachmittags gibt es für Kinder eine Hausaufgabenhilfe, und in den Schulferien sorgt ein spezielles Kinderprogramm für Abwechslung. Ein Highlight im Jahreskalender ist zudem das beliebte Solihausfest – ein lebendiger Tag voller Freude, mit abwechslungsreichem Programm und kulinarischen Köstlichkeiten für Gross und Klein.

Sprache ist Kernkompetenz

«In meinem Beruf schätze ich den Kontakt mit verschiedenen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen sehr. Den Geschichten und Träumen dieser Leute zuzuhören, bereichert mich.» Paredes begrüsst es sehr, dass es seit Herbst 2020 den Bachelorstudiengang Sprachliche Integration gibt. «Die Sprache ist im Integrationsprozess eine Kernkompetenz.» Sie findet es wichtig, dass im Integrations- und Migrationsbereich qualifizierte Leute arbeiten, die einerseits Deutsch unterrichten, andererseits aber auch ein vertieftes Wissen haben, um tagtägliche herausfordernde Situationen mit interkultureller Kompetenz lösen zu können.

Auf Augenhöhe

Für zukünftige AbsolventInnen des Bachelor Sprachliche Integration, die in einen Beruf in diesem Bereich einsteigen, hat Paredes einen ganz klaren Rat: «Das Wichtigste ist: Immer offenbleiben. Vorurteile von Anfang an bei Seite legen. Und noch wichtiger: Allen Menschen stets auf gleicher Augenhöhe begegnen.» Geflüchteten oder Migrant:innen bringe es nichts, wenn wir sie bemitleiden. Wir sollen sie ermutigen, ihre Potenziale erkennen und sie so auf ein selbständiges Leben vorbereiten.



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