An der ZHAW treffen sich Studierende aus allen Herren Ländern. Chris Qin kommt aus China und hat 2018/2019 zwei Austauschsemester am Departement Angewandte Linguistik studiert. Der Germanistikstudent belegte verschiedene Kurse im Bachelor Angewandte Sprachen, die er für seine Masterarbeit in Digital Linguistics nutzen konnte. In seinem Gastbeitrag berichtet er über sein Leben als Student in der Schweiz und in China.
von Chris Qin, 2019 Gaststudent am Departement Angewandte Linguistik aus China
Nach der Zusage für einen Austauschplatz an der ZHAW wurde ich von der Gastuniversität regelmässig mit Informationen versorgt, die das weitere Vorgehen präzis erklärten und einen Überblick über die Universität und die Unterkünfte boten. Die Bewerbung für ein Zimmer in einem Studierendenwohnheim oder in einer WG erfolgt online und ist relativ selbsterklärend.
Wohnsituation
Um einen Wohnheimplatz bewirbt man sich schon vor der Anreise via Internet. Nach den von der ZHAW gegebenen Informationen ist das Wohnheim Camp AXA für internationale Studierende besonders empfehlenswert, da hier die meisten Internationals untergebracht sind und man so die internationalen Freunde stets um sich hat. Zum Glück klappte es mit meiner Bewerbung für ein Zimmer im Wohnheim Camp AXA. Aber die hohe Miete hinterliess mir den ersten Eindruck vom schweizerischen Preisniveau.
Das Camp AXA ist äusserlich schön gestaltet – es handelt sich um eine kleine Austauschstudierendensiedlung, in der sich jeweils 10 oder 15 Personen eine eigene Hauseinheit teilen. Die Zimmer sind alle fast gleich gross und verfügen über dasselbe Mobiliar. Man teilt sich das Bad mit den anderen Mitbewohnern und Mitbewohnerinnen. Die Küche wird von allen Bewohnern oder Bewohnerinnen eines Hauses benutzt. Im Vergleich zu meinem Studentenwohnheim in China besteht ein grosser Kontrast zwischen den Wohnbedingungen. Dort wohne ich zusammen mit drei Kollegen in einem Zimmer und ich teile das Bad mit einer unbestimmten Anzahl Leute.
Im Wohnheim Camp AXA verfügen zwar alle über einen kostenlosen Internetanschluss, aber ein Netzwerkkabel muss man allerdings selbst mitbringen. Gott sei Dank, dass es öffentliche Wi-Fi gibt, sodass man es nicht privat einzurichten braucht. Das Wohnheim Camp AXA liegt neben der Altstadt Winterthurs und nicht weit entfernt von der ZHAW, was auch noch ein Vorteil ist.
Studium an der ZHAW
Nachdem ich mir in der ersten Woche einige Seminare und Veranstaltungen angeschaut hatte, entschied ich mich schliesslich für Kurse aus dem Bachelor Angewandte Sprachen: Textproduktion, Sprachkompetenz sowie einen Kurs über die schweizerische Kultur. Ausserdem besuchte ich ein Seminar über Korpuslinguistik. Alle Kurse waren auf Deutsch. Sie sind eineinhalbstündig wie in China. Eine zehnminütige (Toiletten-) Pause ist zur Halbzeit einer Sitzung eingeplant.
Aufgrund der relativ kleinen Seminargrössen (10-15 Personen) ist es unmöglich, wie in vergleichbaren Kursen in China hin und wieder in der Menge „unterzutauchen“, sondern man muss ständig aufmerksam bleiben und sich an der Diskussion beteiligen. Der Arbeitsaufwand ist dabei enorm.
Die Kosten für Unterrichtsmaterialien in China ist unglaublich billig. Aber die chinesischen Studierenden müssen sich die Literatur selbst beschaffen, während hier die Dozierenden Lehr- und Lernstoffe besorgen. Was für mich unerwartet kam, war, dass die Vorlesungszeit schon zwei Wochen vor Beginn des Prüfungszeitraums endet, so dass sich Studierende anschliessend um die Prüfungsvorbereitung kümmern können. In China hingegen bedeutet das Ende der Vorlesungszeit den Beginn der Prüfungszeit und die Note bei der Prüfung ist die einzige Bewertung.
Alles in allem hat mir das Studium an der ZHAW sehr gut gefallen. Durch die kleinen Kursgrössen können sich die Lehrer oder Lehrerinnen viel intensiver um ihre Studierenden kümmern und man lernt viel.
Freizeit – an der ZHAW
Die Hochschule und die vielen verschiedenen Student Clubs haben eine Menge zu bieten. So gibt es beispielsweise ein ASVZ Sport Center, das die Studierenden der ZHAW kostenlos nutzen können. In China müssen wir für solche Freizeitmöglichkeiten zahlen. Es gibt Hallen, in denen man Federball usw. spielen kann und es werden sogar Kurse wie zum Beispiel Yoga angeboten
Überdies stehen in der Stadt viele Freiluftsportflächen kostenlos zur Verfügung. Der Campus in der Stadt eignet sich insgesamt auch hervorragend zum Joggen. Ferner geniesse ich auch kostenlosen Zugang zu Museen an der ETH und UZH. Anscheinend schenkt die Regierung der Schweiz der geistigen und körperlichen Entwicklung der Studierenden mehr Aufmerksamkeit als die chinesische Regierung.
– in Winterthur
Das Kulturangebot Winterthurs ist vielfältig und ich möchte so viel wie möglich davon mitnehmen. Dazu gehören neben den zahlreichen Museen (z.B. Kunst Museum Winterthur Gewerbemuseum Winterthur, oder Fotomuseum Winterthur) auch die Theater, die mit dem preiswerten Eintrittspreis auch für Studierende erschwinglich sind.
– ausserhalb Winterthurs
Ein Grund, warum die Schweiz regelmässig in Rankings über Länder mit hoher Lebensqualität ganz oben landet, ist die Landschaft mit Seen und Bergen. Ich kann die Natur jedes Wochenende für Wandertouren oder Ausflüge nutzen. Wenn es nur ein kurzer Ausflug sein soll, reicht eine Fahrt von Winterthur nach Zürich, wo schon einige Wanderpfade am Top of Zürich Uetliberg vorhanden sind.
Ausserdem grenzt die Schweiz an Deutschland und Österreich und eignet sich hervorragend für einen Ausflug nach Konstanz, Salzburg oder Liechtenstein. Solche Erlebnisse, bei denen man ohne Mühe grenzüberschreitende Reisen unternehmen kann, war mir als Chinese vor der Anreise unvorstellbar.
Finanzielle Aufwendungen
Eines sollte vor einem Semester in der Schweiz klar sein: Die Schweiz ist sehr teuer. Die Ausgaben für Essen, Freizeitaktivitäten mögen von Person zu Person variieren, eine deutliche Differenz zwischen chinesischen und schweizerischen Preisen ist dennoch leider auch mit Sparsamkeit nicht auszugleichen. Trotzdem kann man an einigen Ecken sparen. So kochten meine Mitbewohner und Mitbewohnerinnen in unserem Haus viel zusammen. Ausserdem empfiehlt es sich, nicht bei den teureren Supermarkt-Ketten wie Coop einzukaufen, sondern lieber den Bus zum günstigeren Supermarkt Lidl zu nehmen. Dennoch: Alltägliche Lebensmittel – insbesondere Fleisch – kosten teils dreimal so viel wie in Supermärkten in Deutschland.
Auch Alkohol ist teuer – trotzdem würde ich diese Gelegenheit ergreifen und so viele Weine wie möglich in Europa probieren. Es ist nicht nur ein Mythos, dass Zürich eine der teuersten Städte der Welt sei. Die Preise machen sich im Geldbeutel tatsächlich bemerkbar. Eine Kreditkarte zu besitzen ist dabei nicht nur praktisch, sondern fast unerlässlich.
Studentische Vergünstigungen, Verkehrssituation
Studierende erhalten in der Schweiz eine ganze Menge an Vergünstigungen: In Läden, Sehenswürdigkeiten und Museen aller Art bis hin zu verschiedenen Bars und Restaurants.
Für ein monatliches Verkehrsticket (GA-Studierende) zahlt man als Student weniger. Mit diesem Ticket konnte ich sowohl die Bahn der Stadt und sämtliche Stadtbusse als auch fast alle Verkehrsverbindungen in der Schweiz nutzen. Ausserdem vermeidet man so den Zeitaufwand beim Ticketkauf.
Persönliches Fazit
Das Auslandsstudienjahr in der Schweiz war eine einzigartige Erfahrung für mich und ich werde immer gerne daran zurückdenken! Es war toll, andere Austauschstudierende aus den unterschiedlichsten Ländern kennenzulernen und internationale Freundschaften zu schliessen. Dass ich auch Englisch studieren konnte, half mir zudem, meine Englischkenntnisse weiter zu optimieren.
Obwohl das Lesepensum viel Zeit in Anspruch nahm, machte das Studium grossen Spass, auch deshalb, weil man immer Freunde und Gleichgesinnte um sich hatte, mit denen man jederzeit etwas unternehmen konnte.
Die Hochschule ZHAW kümmert sich sehr gut um ihre Austausch-Studierenden, so dass mein Studium dort ein voller Erfolg wurde. Ich würde jedem raten, ein Auslandsstudienjahr in der Schweiz zu verbringen.
Im Bachelor Angewandte Sprachen bildet das IUED Institut für Übersetzen und Dolmetschen Sprachinteressierte zu Sprach- und Kommunikationsprofis aus, die sich souverän zwischen Sprachen, Kulturen und Domänen bewegen können. Das Studium qualifiziert für eine Tätigkeit im mehrsprachigen Projekt-, Event- und Informationsmanagement, in verschiedenartigen Übersetzungskontexten oder in der Technikkommunikation an der Schnittstelle zwischen Mensch und Technik.
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