Mit Mundschutz muss ich klarer kommunizieren

Delia Spiess ist Anästhesie-Pflegefachfrau am Kantonsspital Winterthur. Während dem Lockdown arbeitete sie auf der fachverwandten Intensivpflege. Stets in Schutzbekleidung und mit Mundschutz zu arbeiten erforderte eine noch bewusstere Kommunikation auf sprachlicher und nonverbaler Ebene. Wie sich Delia Spiess ausdrückt und welche Worte sie wählt, ist in ihrem Berufsalltag auch Corona-unabhängig entscheidend, denn das Wohlbefinden der Patienten hängt buchstäblich von ihren Formulierungen ab.

Von Lisa Gubler, Mitarbeiterin Leitung Weiterbildung am ILC Institute of Language Competence.

Wie erlebst du die Kommunikation zwischen Ärzten, Pflegenden, bzw. dem Spitalpersonal?
Delia Spiess: Bei uns in der Anästhesie-Abteilung sind die Hierarchien flach. Das ermöglicht ein Vertrauensverhältnis zwischen Pflegepersonal und Ärzten. Man hat herausgefunden, dass Missverständnisse in Notfallsituationen aufgrund von nicht optimal funktionierender Kommunikation entstehen und nicht wegen fehlendem Fachwissen. Deshalb üben wir die Kommunikation in einem Simulationszentrum, wo spezifische Szenarien durchgespielt und analysiert werden. Gemäss Dr. Jan B. Schmutz, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich, ist die Teamreflexion vor, während und nach der Behandlung der Patienten entscheidend für eine gute Zusammenarbeit. So können alle Ressourcen im Team aktiviert und Fehler vorgebeugt werden*.

Wie verläuft ein solches Kommunikationstraining im Simulationszentrum?
Gemäss vorbereiteten Szenarien werden die Pflegenden und Ärzte in einen Beobachtungsraum geschickt. Dann wird das Szenario durchgespielt, gefilmt und vom Instruktoren-Team aus dem Nebenraum beobachtet. Zum Schluss analysieren wir gemeinsam einzelne Aspekte und ziehen die Lehren daraus.

Wie erlebst du den Austausch zwischen Ärzten und Pflegenden, besonders in der Situation mit dem Corona-Virus?
Auf der Intensivstation mussten wir klarer kommunizieren, da wir stets in Schutzbekleidung arbeiteten und die Mimik verschwindet. Zudem habe ich dort mit Ärzten und Pflegenden zusammengearbeitet, die ich nicht kannte. Deshalb musste ich mich noch deutlicher und bewusster ausdrücken. Auch die nonverbale Kommunikation ist entscheidend und besonders jetzt aufgrund der ständigen Maskenpflicht erschwert. Der Gesichtsausdruck verschwindet, weshalb Körperhaltung und Gestik noch eine grössere Bedeutung erhalten. 

Welche Herausforderungen und Hindernisse stellen sich in der Kommunikation mit Patienten?
Fremdsprachigkeit kann die Kommunikation stark einschränken. In solchen Fällen setzen wir BerufskollegInnen mit den entsprechenden Sprachkenntnissen als DolmetscherInnen ein. Zudem kann der kulturelle oder religiöse Hintergrund der Patienten die Kommunikation in Notsituationen erschweren.

Gibt es Strategien, die du in der Kommunikation mit Patienten bewusst einsetzt?
Die Kommunikation ist in meinem Beruf entscheidend und beeinflusst das Leben und Wohlbefinden der Patienten. Sie sollen sich sicher fühlen und Vertrauen in die Behandlung haben. Durch positive Formulierungen kann ich ihren Fokus verändern, zum Beispiel wenn jemand unmittelbar vor einer Vollnarkose im Ausnahmezustand ist. Ich spreche dann PatientInnen an mit «Was kann ich für Sie tun, damit Sie sich besser fühlen?». Eine negative Formulierung wie z. B. «Sie müssen keine Angst haben» ist in einer solchen Situation fehl am Platz.

Wie hast du dir diese Kommunikationskompetenzen angeeignet?  
Es ist eine Frage der Erfahrung und des Bewusstseins. Jedes erlebte Missverständnis ist auch ein Learning. Zudem müssen wir Pflegenden uns immer bewusst sein, dass jede Person einen anderen Hintergrund hat und wir nicht blind von etwas ausgehen dürfen. Wir müssen immer überlegen, wie wir selber auf andere wirken. Ein solches Missverständnis erlebte ich mit einer Arbeitskollegin als ich mich in einer hektischen Situation sehr direkt und knapp ausdrückte, weil ich auf die Arbeit fokussiert war. Sie hat dies als unfreundlich aufgefasst und mich darauf angesprochen. So konnten wir diese Unstimmigkeit schnell klären.


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* Schmutz, Jan B., Eppich, Walter J., Heimberg, Ellen, 2017. Belastende Notfallsituationen meistern und verarbeiten. In: Pädiatrie 29 (2017). S. 10-14.


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