• Impressum
  • Über uns
Wissen, was Kommunikation bewegt

Ein Blog der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

-->

Browsing Tags Digitale Transformation

Wie Kommunikation die digitale Transformation ermöglicht

Posted on 26. November 2018 by Redaktion

Die digitale Transformation ist auf Kommunikation angewiesen und verändert diese zugleich massgeblich. So müssen Kommunikationsverantwortliche die eigene Abteilung auf eine sich laufend verändernde Umwelt einstellen, aber auch neue Aufgaben innerhalb der ganzen Organisation übernehmen und den Dialog über den Wandel mit den Stakeholdern führen. Die neue IAM-Studie zu Rollen und Aufgaben der Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation macht deutlich, welche Veränderungen anstehen und wo die Kommunikationsabteilungen heute stehen.

von Prof. Dr. Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskommunikation und Management, und Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung, beide am IAM

Die digitale Transformation stellt die Unternehmenskommunikation vor enorme Herausforderungen. Auf der Ebene der Kommunikationsabteilung, also auf der Mikroebene, hat sie die digitale Transformation des Unternehmens zu ermöglichen. Auf der Ebene der Organisation, der Mesoebene, muss der Wandel des ganzen Unternehmens mitgestaltet und begleitet werden. Auf der Ebene des Austausches mit Markt und Gesellschaft, der Makroebene, ist gesellschaftliche Akzeptanz für die digitale Transformation des Unternehmens zu schaffen. Diese drei Rollen sind mit unterschiedlichen Aufgaben verbunden.

Abbildung: Framework «Rolle der Corporate Communications in der digitalen Transformation»

Die grafische Darstellung dieser drei Ebenen haben wir im Framework «Rolle der Corporate Communications in der digitalen Transformation» abgebildet. Das Framework ist ein zentrales Ergebnis unseres Forschungsprojekts «Kommunikation in der digitalen Transformation», das vom HarbourClub und vom IBM Research Lab unterstützt worden ist. Die Rollen zeigen auf, wohin sich die Kommunikation in den kommenden Jahren entwickeln sollte.

Darüber hinaus haben wir mittels Online-Befragung von CCOs aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung und mit zwei Fokusgruppen-Gesprächen erhoben, wo die Kommunikationsabteilungen in der Schweiz in diesem Prozess stehen. Diese aktuelle Kommunikationspraxis haben wir mit den zukünftigen Rollen und Aufgaben verglichen und daraus eine Agenda für CCOs formuliert, nach der sie die Unternehmenskommunikation zukünftig ausrichten und erfolgreich weiterentwickeln können.

Wie stark nehmen die Kommunikationsabteilungen ihre Rollen und Aufgaben in der digitalen Transformation bereits heute wahr? Wir stellen hier einige Ergebnisse kurz vor.

Mikroebene: Technologie als grösste Herausforderung  

Die Transformation der Kommunikationsabteilung betrifft die vier Dimensionen Strategie, Struktur, Kultur und Technologie. Die Online-Befragung zeigt, dass die Entwicklung in den ersten beiden Dimensionen am weitesten ist. So haben bereits zwei Drittel der Befragten in ihrem Kommunikationskonzept die Digitalisierung adressiert – oder werden das demnächst angehen. Rund ein Drittel der Unternehmen arbeitet mit einem Newsroom-Ansatz als Reaktion auf das Geschwindigkeits-Diktat der Digitalisierung. Aber auch agile Methoden wie Design Thinking oder Co-Creation scheinen sich in der Kommunikationspraxis zu etablieren.

Abbildung: Organisationsformen der Kommunikationsabteilungen. Online Befragung von CCOs, 2018.

Eine sehr grosse Herausforderung stellen hingegen die digitalen Technologien dar: Während Videos und Infografiken schon beinahe zum Standard gehören, werden Virtual- oder Augmented-Reality-Anwendungen noch kaum eingesetzt. Der grösste Handlungsbedarf zeigt sich im Bereich Automatisierung, die auf hoch entwickelten Datenanalysen beruht. Hier ist das Marketing bereits sehr viel weiter fortgeschritten als die Corporate Communications.

Mesoebene: Kommunikationsbefähigung der Mitarbeitenden adressiert

Der CCO und sein Team müssen die Geschäftsleitung und unter Umständen auch den Verwaltungsrat hinsichtlich der digitaler Transformation beratend begleiten. Dies wird in den meisten Unternehmen heute schon geleistet. Schwieriger hingegen ist die Aufgabe, die Mitarbeitenden des Unternehmens für den Umgang mit sozialen Medien anzuleiten oder sie als BotschafterInnen zu gewinnen. Besonders attraktiv scheinen hier Mitarbeitende zu sein, die sowohl Themenkompetenz als auch Kanalerfahrung haben. Diese werden zunehmend animiert, als BotschafterInnen oder Influencer nach innen und aussen zu wirken. Fast die Hälfte der befragten COOs bestätigt zudem, dass der interne Dialog über die digitale Transformation nicht nur online, sondern auch über Offline-Plattformen gepflegt wird.

Abbildung: Mitarbeitende als Botschafter. Online-Befragung von CCOs, 2018.

Makroebene: Issues Monitoring auf Digitalisierungsthemen ausrichten

Um bei Kunden und anderen Stakeholdern Akzeptanz für das Unternehmenshandeln zu schaffen, muss die Kommunikation Antworten auf deren Fragen geben. Über 60 Prozent der befragten CCOs haben die Digitalstrategie des Unternehmens – sofern diese eine haben – intern und extern kommuniziert. Wenn die Unternehmen die digitale Transformation thematisieren, dann kommunizieren sie vor allem über ihr Leistungsangebot oder über neue Organisationsformen. Interessant ist, dass die meisten Unternehmen ihr Issues Monitoring noch nicht systematisch auf Digitalisierungs-Themen ausgerichtet haben.

Abbildung: Thematische Schwerpunkte der Kommunikation über Digitalisierung. Online-Befragung CCOs, 2018.

Die Studie zeigt, dass sich Kommunikationsverantwortliche nicht mehr primär auf die Digitalisierung der Kommunikationskanäle fokussieren sollten, sondern sich auch mit den Möglichkeiten und Grenzen datenbasierter Kommunikation auseinandersetzen und neue Schnittstellen im Unternehmen wie beispielsweise zum Chief Digital Officer (CDO) pflegen müssen. Denn bereits 40 Prozent der befragten Unternehmen haben eine CDO-ähnliche Position geschaffen. Zudem sollten sich die CCOs die Kommunikation der Digitalisierung vermehrt zu ihrer Aufgabe machen. Nur so können sie auf allen drei Ebenen – Kommunikationsabteilung, Unternehmen und Gesellschaft – gestaltend mitwirken.

Die detaillierten Ergebnisse des Forschungsprojekts können im Working Paper «Kommunikation in der digitalen Transformation. Bestandsaufnahme und Entwicklungsbedarf des strategischen Kommunikationsmanagements von Wirtschaftsunternehmen, Verwaltungen und Non-Profit-Organisationen in der Schweiz» nachgelesen werden.


Weiterbildung rund um Digitale Transformation und Kommunikation

Im neuen CAS «Digitale Transformation und Kommunikation» am IAM erwerben die Teilnehmenden Kompetenzen für die erfolgreiche Umsetzung der unterschiedlichen Rollen und Aufgaben der Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation. 

Nächste Durchführung: Ende August – Dezember 2019

Weitere Informationen und Anmeldung


Mehr zur digitalen Transformation:

  • Botschaften UND Daten: Kommunikation braucht Gleichgewicht
  • Was macht Mitarbeitende zu Influencern?
  • Was Kommunikation mit künstlicher Intelligenz zu tun hat
  • «KI bietet ganz neue Möglichkeiten»
  • Ein Megatrend – und (noch) keiner macht mit
  • Offen – schnell und dialogisch

 

Botschaften UND Daten: Kommunikation braucht Gleichgewicht

Posted on 3. Oktober 2018 by harz

Die digitale Transformation fordert Kommunikationsverantwortliche heraus. Sie müssen ein neues Gleichgewicht finden im Dreieck von Technologie, Organisation und Gesellschaft. Die neue IAM-Studie zu Rollen und Aufgaben der Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation schlägt eine Agenda vor, wie der Paradigmenwechsel anzugehen ist.

von Prof. Dr. Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskommunikation und Management, und Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung, beide am IAM

Die Bezugsgrössen der Unternehmenskommunikation verändern sich derzeit mit hohem Tempo. Kommunikationsverantwortliche stehen vor der Herausforderung, ein neues Gleichgewicht im Spannungsfeld von technologischer Entwicklung, digitalem Wandel der Gesellschaft und digitaler Transformation der Organisation zu finden. Dabei geht es nicht nur darum, auf die Veränderungen zu reagieren, sondern diese proaktiv mitzugestalten.

Die meisten Kommunikationsverantwortlichen konzentrieren sich bereits seit einiger Zeit darauf, die Kommunikationsprozesse bezüglich Schnelligkeit und Wirksamkeit zu optimieren, etwa durch die Einführung von Newsroom-Strukturen und integrierten Planungstools. Zudem treiben sie die Digitalisierung der Kommunikationskanäle weiter voran. Damit tragen sie dem neuen Informations- und Kommunikationsverhalten innerhalb und ausserhalb der Organisation Rechnung. Dies hilft zwar, effizienter und zielgruppengerechter zu kommunizieren, ist aber noch keine Antwort auf die grundsätzlichen Fragen, die in Bezug auf die Digitalisierung von Organisation und Gesellschaft gestellt werden. Etwa die Frage, wieviel und welche Technologien es generell und im Bereich Kommunikation im Speziellen braucht, um Ansprüche und Bedürfnisse von Markt und Gesellschaft zukünftig zu befriedigen. Welchen Beitrag Unternehmenskommunikation zur Bewältigung der organisationalen Herausforderungen leisten kann und, damit verbunden, mit welchem Selbstverständnis die Schnittstellenfunktion innerhalb des Unternehmens und seinem Ökosystem und zwischen Unternehmen und Gesellschaft wahrgenommen werden soll.

Abbildung: Bezugsgrössen der Unternehmenskommunikation

Fest steht: Kommunikation steht vor einem Paradigmenwechsel. Dies zeigen auch die Ergebnisse unseres soeben abgeschlossenen Forschungsprojekts Kommunikation in der digitalen Transformation, das wir in Zusammenarbeit mit dem HarbourClub und IBM Research durchgeführt haben. Das Projekt zielte darauf ab, die im Zuge der technologischen Entwicklungen und der digitalen Umgestaltung von Organisationen zu erwartenden Veränderungen der Corporate Communications und deren Handlungsbedarf zu erfassen. Dazu wurde ein Framework entwickelt, das die Rolle und die damit verbundenen neuen Aufgaben der Kommunikation definiert. Dieses Framework wurde mittels Experteninterviews validiert. In einer Online-Befragung von Kommunikationsverantwortlichen (CCOs) in der Deutschschweiz wurden der aktuelle Stand der Umsetzung dieser Aufgaben in der Praxis erhoben und ausgewählte Ergebnisse in zwei Fokusgruppengesprächen mit CCOs diskutiert.

Agenda für Kommunikationsverantwortliche

Unsere Forschungsergebnisse machen deutlich, dass sich Kommunikationsverantwortliche nicht mehr nur auf die Digitalisierung der Kommunikationskanäle fokussieren können, sondern sich auch mit den Möglichkeiten und Grenzen datenbasierter Kommunikation auseinandersetzen müssen. Hinzu kommt, dass sie sich die Kommunikation der Digitalisierung vermehrt zur Aufgabe machen müssen. Wie Kommunikationsverantwortliche die Unternehmenskommunikation zukünftig ausrichten und erfolgreich weiterentwickeln können, haben wir in einer Agenda festgehalten, die den CCOs als Kompass dienen soll. Fünf zentrale Punkte daraus stellen wir hier vor:

  1. Der CCO bleibt «Head der Botschaften», muss neu aber auch zum «Head der Daten» werden. Damit wird technologisches Verständnis zur neuen Schlüsselkompetenz. Der CCO bleibt auch in der digitalen Transformation zuständig für das strategische Storytelling, für das multimediale Ausspielen der Unternehmensbotschaften. Diese Aufgaben lassen sich in Zukunft aber nur noch durch den Einsatz von digitalen Technologien erfolgreich bewältigen, etwa durch datengetriebene Analysen von Stakeholder-Verhalten oder automatisierte Textproduktion und -distribution. Dies verlangt nach einem veränderten Kompetenzprofil des CCO.
  2. Automatisierung und durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützte Applikationen müssen sinnvoll in Analyse, Messaging und Design integriert werden. Die Digitalisierung ist in vielen Kommunikationsabteilungen weit fortgeschritten. Die digitalen Kanäle sind zu Leitmedien geworden, Printmedien werden nur noch komplementär eingesetzt. KI verspricht nun einen weiteren Quantensprung. Von der Analyse über die Strategieentwicklung, vom Storytelling bis zur Wirkungskontrolle werden in Zukunft kognitive Assistenten die Arbeit der Kommunikationsverantwortlichen und -mitarbeitenden unterstützen.
  3. Issues Monitoring und Management muss verstärkt auf Themen rund um die Digitalisierung ausgerichtet werden. Die Kommunikation stellt die Outside-In-Perspektive konsequent sicher. Der gesellschaftliche Diskurs dreht sich zunehmend um Themen, die im weitesten Sinn mit der Digitalisierung zusammenhängen. Diese reichen vom Roboter als Arbeitsplatz-Vernichter über Datensicherheit und -missbrauch bis zum veränderten Verhalten von Medien-Produzenten und -Rezipienten. Ein systematischer Issues-Management-Prozess bindet solche Themen ein, auch wenn sie erst auf den zweiten Blick Relevanz für das Unternehmen entfalten. Die Outside-In-Perspektive kann über ein ausgebautes Community Management befördert werden.
  4. Die Kommunikationsbefähigung der Mitarbeitenden im digitalen Zeitalter muss zu einem der wichtigsten Aufgabenfelder der Unternehmenskommunikation werden. Die CCOs sehen es als wichtigste Herausforderung der kommenden Jahre an, die Kommunikationsfähigkeit aller Mitarbeitenden ihres Unternehmens zu stärken. Diese Aufgabe liegt im Schnittfeld von Kommunikation, HR und IT, wobei die Kommunikation im eigenen Interesse eine Führungsrolle anstreben sollte. Mitarbeitende mit Themen- und Kanalkompetenz sind die attraktivsten, weil authentischsten Botschafter für das Unternehmen.
  5. Die Kommunikationsfunktion in der Organisation müssen weiter integriert und neue Schnittstellen proaktiv gepflegt werden. Unternehmenskommunikation, Marketingkommunikation und HR-Kommunikation rücken noch näher zusammen. Im Corporate Newsroom sollten sie zwingend zusammenstehen. Der CCO muss dabei seine neue Position finden. Als Mitgestalter und Moderator der digitalen Transformation kann er eine treibende Kraft werden. Dazu aber muss er die Verbindungen zu den technologischen Kompetenzen im Unternehmen intensivieren. Der Chief Digital Officer wird zum Brennpunkt der Digitalisierung, bei ihm laufen viele Fäden im Unternehmen zusammen. Eine starke Brücke zum CDO zu bauen ist für den Kommunikationsverantwortlichen Pflicht.

Wenn Kommunikationsverantwortliche diese Punkte im Blick haben, sind sie nicht nur in der Lage, ihre Organisation weiterhin in der Kommunikationsarena zu positionieren und zu legitimieren, sondern können auch die strategische Ausrichtung des Unternehmens und den damit verbundenen Transformationsprozess aktiv mitgestalten und zugleich die Qualität von Stakeholder-Interaktion und -Beziehung stärken.

Die vollständige Agenda kann im Working Paper «Kommunikation in der digitalen Transformation. Bestandsaufnahme und Entwicklungsbedarf des strategischen Kommunikationsmanagements von Wirtschaftsunternehmen, Verwaltungen und Non-Profit-Organisationen in der Schweiz» nachgelesen werden.


Weiterbildung rund um Digitale Transformation und Kommunikation

Im neuen CAS «Digitale Transformation und Kommunikation» am IAM erwerben die Teilnehmenden Kompetenzen für die erfolgreiche Umsetzung der unterschiedlichen Rollen und Aufgaben der Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation. 

Nächste Durchführung: Ende August – Dezember 2019

Weitere Informationen und Anmeldung


Mehr zur digitalen Transformation:

  • Mäuschen oder Manager
  • Was macht Mitarbeitende zu Influencern?
  • Was Kommunikation mit künstlicher Intelligenz zu tun hat
  • «KI bietet ganz neue Möglichkeiten»
  • Ein Megatrend – und (noch) keiner macht mit
  • Offen – schnell und dialogisch

Mäuschen oder Manager

Posted on 19. September 2018 by Redaktion

Wie steht es um das Selbstbewusstsein von Kommunikatoren in Zeiten des Wandels? Angesichts neu entstehender Aufgabengebiete wittert so mancher Berufsvertreter die Chance, nun das eigene Standing zu stärken – andere verlieren sich dagegen in Chaos und Unsicherheit.

Interview mit IAM-Professorin Nicole Rosenberger von Anne Hünninghaus, Redaktorin beim Magazin «pressesprecher»

Gebeutelt vom Dauerchange, überfrachtet mit einer Vielzahl neuer Aufgaben und das alles bei einem offensichtlichen Mangel an Strukturen: Auf Kommunikatoren stürmt zurzeit eine Menge herein. Die gute Nachricht: Zumindest teilweise haben seine Vertreter es selbst in der Hand, etwas daran zu ändern und die eigene Rolle (neu) zu definieren. Die schlechte Nachricht: Auch das kostet eine Menge Energie – und Geduld.

Beides aufzubringen fällt deshalb so schwer, weil schon die vergangenen Jahre einem Marathon glichen. Nach dem Trend, eine integrierte Kommunikationsabteilung zu schaffen, sollten plötzlich überall Newsrooms entstehen, Kanäle für Multichannel-Storytelling wurden aufgebaut und Labs eingerichtet. Vieles davon musste zusätzlich zu den Aufgaben in Pressearbeit, Reputationspflege, Controlling und Co. geleistet werden. Klingt nach einer Zeit, sich endlich auf den Lorbeeren auszuruhen – eigentlich. Ist es aber nicht.

Anja Schäfer*, die anonym bleiben möchte, spricht offen über das Phänomen, dass Ansprüche bei nahezu gleichbleibenden Ressourcen zunehmen. Das achtköpfige Kommunikationsteam eines Forschungsinstituts, dem sie angehört, musste in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben übernehmen. Ein Corporate Blog sollte her, verschiedene Social-Media-Kanäle wurden eingerichtet, Präsenzen in Berufsnetzwerken geschaffen. Zudem nahm die Themenvielfalt des wachsenden Instituts stetig zu. Neben der Veranstaltungsbetreuung und weiteren Pressearbeit hat das Team nun alle Hände voll zu tun, die diversen Kanäle zu bespielen.

«Teils gehen Entscheidungen zu Neuerungen in der Kommunikation mit der Strategie einher, teils werden sie isoliert gefällt», sagt sie. Die zusätzlichen Kanäle hätten aus Schäfers Sicht angesichts der Überstundenkonten eigentlich die Einstellung von zwei bis drei weiteren Vollzeitkräften erfordert. Aber dafür würden keine Mittel bereitgestellt.

Neue Ära, neue Kämpfe

«Die Unternehmenskommunikation wurde jahrelang absorbiert von der Aufgabe, digitale Neuerungen zu installieren und zu etablieren», sagt Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskommunikation und Management an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Um herauszufinden, wie Kommunikatoren ihre Rolle leben und welche Ansprüche sie an sich selbst stellen, wohin sich ihr Beruf entwickelt und welche die grössten Wandlungsfelder sind, startete Rosenberger 2017 zusammen mit Markus Niederhäuser eine Studie im DACH-Raum. Um das Bild zu komplettieren, befragten sie in Experteninterviews nicht nur Kommunikationsverantwortliche, sondern auch Führungspersonal mit Aussenblick auf Kommunikatoren, beispielsweise aus Vorständen und Marketing. 

«Die Mehrheit der Kommunikatoren war schon bisher sehr stark mit der Digitalisierung der Kanäle gefordert», sagt Rosenberger. «Nun kommt die Disruption in den Unternehmen hinzu: Im Zuge der Digitalisierung werden ganz neue Geschäftsmodelle entwickelt. Ein Quantensprung.» Was also nach der Digitalisierung der Kommunikation startet, ist die Kommunikation der Digitalisierung – und die laufe mit oder ohne die Kommunikatoren. «Sie sollten das Feld also nicht den anderen überlassen.»

So sieht es laut Studie auch das Führungspersonal in Unternehmen: Wenn sich die Unternehmenskommunikation nicht das Mandat nimmt, dieses Thema als aktiver Treiber voranzubringen, dann ist sie schnell passé. Stattdessen übernehmen IT und Marketing die Federführung. Rosenberger: «Alle Beteiligten sind sich einig, dass Kommunikatoren dringend gebraucht werden und selbstbewusst sein sollten. Dass CCOs die Kommunikation der Digitalisierung prägen und die Mitarbeiter, die durch Social Media selbst verstärkt zu Sendern werden, zur Kommunikation befähigen, ist erwünscht – und für das Unternehmen insgesamt von unschätzbarem Wert.»

Manager der Digitalisierung

In Zeiten des Changes gebe es naturgemäss Grabenkämpfe um Kompetenzen. Die eigene Rolle klar zu definieren und Themen zu beanspruchen, wird wichtiger denn je. Langsam setze das Bewusstsein ein, dass es nicht mehr nur um die Vielfalt der Kanäle geht, sondern auf in eine ganz neue Ära, glaubt Rosenberger.

Wenig zuträglich für das Selbstbewusstsein ist die herrschende Verunsicherung, die aus solchen Change-Situationen resultiert. Dabei sind viele aktuell gefragte Kompetenzen, wie vernetztes Arbeiten und die interne wie externe «Übersetzung» und Moderation von Themen, seit jeher Kerngeschäft der Kommunikation. Darauf solle man sich besinnen, rät Rosenberger, anstatt sich selbst – gerade in puncto digitaler Transformation – mit überhöhten Ansprüchen zu überfordern. «Ich muss verstehen, was die neuen Technologien können, beispielsweise wie Algorithmen funktionieren, aber ich muss nicht selbst programmieren können.»

Auch Cornelia Müller, die bei der Aareal Bank Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die interne Kommunikation sowie Marketing verantwortet, glaubt nicht, dass der Job heute grundlegend andere Fähigkeiten erfordert als vor 15 Jahren. Zu den wichtigsten Kompetenzen gehöre heute wie damals die Fähigkeit, sich zu vernetzen, kollaborativ zu arbeiten und Menschen quer durchs Unternehmen zur Zusammenarbeit und Kommunikation zu befähigen.

«Zum ITler werden muss der Kommunikator nicht. Aber er sollte neue Techniken unbedingt verstehen lernen. Um Spezialisten zu führen, muss er wissen, wie die Dinge funktionieren und was alles möglich ist», sagt sie. Natürlich brauche es ein Grundverständnis dafür, wie sich beispielsweise Datenspezialisten einsetzen liessen, operative Kompetenzen in diesem Bereich seien aber zu viel verlangt. Stattdessen kommt es auch darauf an, dass Schnittstellen zu anderen Experten – an denen Kommunikationsabteilungen schon immer eng anknüpfen mussten – neu definiert und gepflegt werden.

Generalisten sind nach wie vor gefragt

«Es ist ein sinnvolles Zukunftsszenario, angrenzende Bereiche immer weiter miteinander zu vereinen», sagt Corinna Krause, Director Corporate Communications beim Berliner Technologieunternehmen First Sensor. Das bedeute, nicht nur enger zusammenzuarbeiten, sondern die Unternehmenskommunikation ganzheitlicher zu denken.

Krause verantwortet im Unternehmen neben Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie interner Kommunikation auch die Investor Relations. Früher war diese Aufgabe an die Finanzbuchhaltung angegliedert, heute liefert diese die Zahlen an Krause und ihr Team. Eine folgerichtige Entscheidung, findet die Kommunikationschefin. Schliesslich unterschieden sich Investoren in ihren Ansprüchen nach guter Kommunikation nicht von anderen Stakeholdern wie Mitarbeitern, Medien und Öffentlichkeit.

«Der Investor will die Zusammenhänge und Entwicklungen verstehen und keine reine Zahlensammlung präsentiert bekommen.» Je mehr der Bereich in die Unternehmenskommunikation hineinwuchs, desto zufriedener zeigten sich die Aktionäre mit Kommunikation und Betreuung, berichtet Krause. Sukzessive landeten weitere Aufgaben auf ihrem Tisch, immer mehr Fragen vonseiten des Vorstands schlugen bei ihr auf. IR-Budget und Mitarbeiterin wurden schliesslich bei ihr angedockt.

Im Unternehmen werde die Kommunikation als wichtiger Partner und Berater gesehen. Wie abhängig das Standing der Abteilung von der Person des Geschäftsführers ist, weiss Krause noch aus ihrer Zeit als Beraterin. Wenn an der Spitze die Bedeutung erkannt werde, ziehe sich dieses Bewusstsein durchs ganze Unternehmen. Die Realität jedoch sieht oft anders aus. Dass gerade die interne Kommunikation als nachrangig betrachtet werde, sei nach wie vor Alltag. Ebenso, dass das Marketingbudget grösser sei als das der Kommunikationsabteilung.

Grabenkämpfe um Macht oder Budgets gebe es in ihrem Unternehmen zwar nicht. Aber die Bereiche könnten durch eine bessere Arbeitsteilung schneller funktionieren. Zu oft gebe es die Situation, dass sich Mitarbeiter aus beiden Teams parallel in ein komplexes Thema einarbeiteten. «Wir müssen uns koordinieren, denn gerade Schnelligkeit von Themen, gerade durch digitale Medien, das ist künftig die grösste Herausforderung», sagt Krause.

Reflexion versus Hamsterrad

Für ihre Studie wollten auch Nicole Rosenberger und Markus Niederhäuser wissen, was die grösste Herausforderung sei, welche die digitale Transformation an Kommunikatoren stelle. Das Ergebnis überraschte: «An erster Stelle wurde keine technologische Komponente genannt, sondern die Frage: Wie befähige ich alle Mitarbeiter im Unternehmen zur Kommunikation?»

Trotz aller Kritik an den Umständen mag Anja Schäfer ihren vielseitigen Job im Institut, in dem sie Gestaltungsspielraum hat, ihre Ideen umzusetzen. Wäre da nicht die chronische Überlastung, das Gefühl in der Kommunikationsabteilung Getriebene der Entwicklung zu sein. «Am meisten wünsche ich mir Kapazitäten, um Prozesse strategisch aufzusetzen und dass die Kommunikationsleitung dieses Thema offensiver vorantreibt.» Das Entwickeln von Konzepten und die Evaluation kämen zu kurz, das Abarbeiten im Hamsterrad überwiege. «In unserem Institut sind wir der Kropf, um es mal böse zu formulieren», sagt Schäfer. Zu oft werde die Kommunikationsabteilung als Dienstleister gesehen, im Zweifelsfall habe sie sich zu beugen, bestehe zum Beispiel Uneinigkeit mit den Wissenschaftlern.

Eine Strategie auf drei Ebenen

Eigentlich hätten Kommunikatoren Lust, die neuen Herausforderungen anzugehen, so die Beobachtung der Schweizer Professorin Nicole Rosenberger. Das Problem sei, dass im hektischen Alltag Ruhe und Kapazitäten fehlten.

Doch wie lässt sich das Standing der Unternehmenskommunikation stärken, wenn dem CEO das Bewusstsein für dieses wichtige Thema fehlt? Rosenberger empfiehlt: Zunächst müssen auf der Mikroebene, das heisst innerhalb der Kommunikationsabteilung, digitale Kommunikation ermöglicht und die Mitarbeiter weiterentwickelt werden. Auf der Mesoebene gilt es, die Rolle der Corporate Communications innerhalb der Organisation festzulegen und deren Transformation nicht einfach zu begleiten, sondern mitzugestalten. Und schliesslich wird auf der Makroebene definiert, welche Rolle sie im Austausch mit externen Stakeholdern wie Gesellschaft und Märkten einnehmen sollte, mit welchen Instrumenten sie beispielsweise Akzeptanz für neue Geschäftsmodelle schaffen kann.

«Kommunikatoren sollten sich für alle drei Ebenen Strategien zurechtlegen und jeweils prioritäre Ziele formulieren», rät Rosenberger. Nur wer der eigenen Rolle auf diese Weise Bedeutung zuschreibe, sich der eigenen Ambitionen bewusst sei und diese immer wieder in Richtung Unternehmensführung kommuniziere, bekomme die Kompetenzen auch zugesprochen.

* Name von der Redaktion geändert

Dieser Beitrag erschien zuerst im Magazin «pressesprecher».

Mehr zum Thema

  • «KI bietet ganz neue Möglichkeiten»
  • Lohnt sich Community Communication für Organisationen?
  • Was Kommunikation mit künstlicher Intelligenz zu tun hat
  • Offen, schnell und dialogisch

«KI bietet ganz neue Möglichkeiten»

Posted on 30. Juli 2018 by Redaktion

Wann übernehmen Maschinen in Journalismus und Organisationskommunikation? Die provokante Frage am COLUMNI-Jubiläumsevent lockte zahlreiche Ehemalige in den Saal des Mehrspur-Clubs in Zürich.

von Andreas Engel, Redaktor Alumni ZHAW

Vor mehr als 30 Jahren zeichnete der Film «Terminator» mit dem noch jungen Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle ein düsteres Bild der Zukunft. Das von Menschen entwickelte System Skynet, gespeist aus künstlicher Intelligenz, erobert in einem Atomkrieg die Herrschaft über die Erde. Ein unwirklich erscheinendes Szenario, keine Frage. Doch längst hat die künstliche Intelligenz tatsächlich Einzug in unseren Alltag gehalten – die Gesichtserkennung auf unserem Smartphone lässt grüssen. Die COLUMNI-Veranstaltung «Künstliche Intelligenz – Wann übernehmen Maschinen in Journalismus und Organisationskommunikation?» lockte mit diesem spannenden Thema – und trotz Temperaturen von mehr als 30 Grad – über 100 Ehemalige des IAM in den Saal des Mehrspur-Clubs auf dem Zürcher Toni-Areal.

Erst das Internet, jetzt KI

Es war nicht irgendein COLUMNI-Event. Der Abend stand im Zeichen des 15-Jahr-Jubiläums der Ehemaligenorganisation. COLUMNI-Präsidentin Claudia Sedioli erinnerte sich zurück: «In unserer Anfangszeit kamen die ersten Gratiszeitungen in der Schweiz auf. Und schon damals hat sich die Medienbranche gefragt: Ist dies das Ende des Qualitäts-Journalismus?» Es war erst schwer abzusehen, dass das Internet und die mit ihm aufkommenden Newsportale und sozialen Medien die Zeitungen und Verlage vor noch weit grössere Herausforderungen stellen sollten und bis heute stellen. Doch nun steht bereits die nächste Revolution bevor: der Aufstieg der künstlichen Intelligenz, kurz KI.

COLUMNI-Präsidentin Claudia Sedioli

KI sinnvoll einsetzen

Reinhard Karger, Unternehmenssprecher des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), versuchte bereits am Anfang seines Referats, die Bedenken gegenüber der Technologie zu relativieren: «Die Menschen sollen sich durch KI nicht so bedroht fühlen. Sie ist nicht das Ende menschlicher Arbeit.» Karger ist Profi auf seinem Gebiet und bereits seit 1993 am DFKI in Saarbrücken (D) tätig. «KI wird in den Medien meist als etwas Negatives dargestellt», meint der 57-Jährige. «Dabei bietet sie viele Chancen und ganz neue Möglichkeiten.» Unter dem Schlagwort Roboterjournalismus würden heute Ängste geschürt, wonach Maschinen dank KI Texte ohne das Zutun eines Menschen erstellen und JournalistInnen somit ihre Tätigkeit streitig machen könnten. «Zum Erstellen von Reportagen, Recherche-Geschichten – Herzstücke des qualitativen Journalismus – ist KI gar nicht imstande», so Karger. Doch es gäbe Anwendungsbereiche im Journalismus, in denen KI durchaus sinnvoll sei und keinem Journalisten etwas wegnehmen würde.

Monotone Arbeiten an Maschinen abgeben

Als Beispiel nannte Karger die Website retresco.de: Anhand von vorhandenen Datenbanken erstellt dort der sogenannte Text-Engine Berichte von Fussballspielen in Echtzeit – von Spielen der Champions League bis zur Amateurliga. Auch Börsennews oder Wetterberichte für Hotels, für JournalistInnen monotone und für Redaktionen kostspielige Beiträge, könnten so mittels KI simpel generiert werden. Transkriptionen von aufgezeichneten Interviews oder die Bilderauswahl von FotografInnen könnten ebenfalls sinnvolle Anwendungsgebiete von KI sein.

Neue Möglichkeiten in der Kommunikation

In der anschliessenden Podiumsdiskussion hob auch Peter Metzinger, Pionier beim Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Kommunikation die positiven Eigenschaften der neuen Technologie hervor: «In Abstimmungskampagnen konnten wir dank KI effizient untersuchen, welche Botschaften bei den Rezipienten besser wirken», erklärte Metzinger. «Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten und neue Methoden in der Kommunikation.»

Die Podiumsrunde: Daniel Perrin, Peter Metzinger, Reinhard Karger, Thilo Stadelmann, Claudia Sedioli (v.l.)

KI selber erleben

Laut Daniel Perrin, Direktor des Departements Angewandte Linguistik der ZHAW, muss sich die Ausbildung im Journalismus und in der Kommunikation auf die neuen Technologien einstellen. In Zukunft werde es mehr Kommunikation denn je geben. «Wir müssen den menschlichen Mehrwert identifizieren», sagte Perrin. «Dieser verändert und verlagert sich ständig.» Zum Abschluss der Diskussion machte Thilo Stadelmann, Stv. Schwerpunktleiter in Information Engineering an der ZHAW und Leiter des ZHAW Datalab, den teilnehmenden Columni Mut, die Entwicklung von künstlicher Intelligenz nicht nur zu beobachten: «Überlasst nicht nur uns Forschern diese neuen Technologien. Probiert es selber aus, besucht Weiterbildungen. Es ist nicht so wahnsinnig kompliziert, wie es auf den ersten Blick aussieht.»

Dass künstliche Intelligenz die Kommunikations- und Medienbranche in Zukunft verändern wird, darüber waren sich die Experten an diesem Abend einig. Wie genau, können aber auch sie nur versuchen abzuschätzen. Für spannende Diskussionen beim anschliessenden BBQ-Apéro war so allerdings gesorgt.

Mehr zum Thema

  • Was Kommunikation mit künstlicher Intelligenz zu tun hat
  • Offen, schnell und dialogisch
  • «Journalismus braucht Kraft und Kampfwillen»

Was Kommunikation mit künstlicher Intelligenz zu tun hat

Posted on 5. April 2018 by Redaktion

Die digitale Transformation, also der durch Informationstechnologien ausgelöste Veränderungsprozess in Unternehmen und Organisationen, ist in den meisten Unternehmen hierzulande angekommen. Immer mehr Organisationen beginnen, die Digitalisierung konsequent in ihre strategischen Überlegungen miteinzubeziehen. 

von Prof. Dr. Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskommunikation und Management, und Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung, beide am IAM

Vor Kurzem hat denn auch der CDO Club, ein Zusammenschluss von Chief Digital Officers (CDO), eine Schweizer Niederlassung gegründet. Neben dem neuen Berufsprofil des CDO spricht der Verein auch andere Top-Führungskräfte im Digitalbereich an, wie beispielsweise Chief Data Officers, Chief Analytics Officers, Chief (Digital) Marketing Officers oder Chief Human Resource Officers mit starkem digitalen Fokus.

Die Gründung des CDO Clubs macht zwei Aspekte deutlich: Erstens ist die digitale Transformation stark technologiegetrieben. Laut der aktuellen Studie «Digital Value 2018» von Horváth & Partners sind heute nur noch in wenigen Unternehmen die CEOs bei der Entwicklung und Umsetzung der Digitalstrategie federführend. Vor zwei Jahren war dies noch bei mehr als einem Drittel der Unternehmen der Fall. Stattdessen tragen neu IT-Verantwortliche, Strategieverantwortliche oder eben Chief Digital Officers die Hauptverantwortung für die digitale Transformation. Zweitens wird die Aufgabe der Organisationskommunikation in diesem Transformationsprozess oftmals auf die Digitalisierung der Kommunikationskanäle reduziert. So ist es denn auch kaum verwunderlich, dass Chief Communication Officers nicht als mögliche CDO-Club-Mitglieder erwähnt werden. Welche erfolgskritischen Rollen und Aufgaben die Organisationskommunikation in der digitalen Transformation übernehmen sollte, untersuchen wir zurzeit in einem Forschungsprojekt. Erste Ergebnisse zeigen, dass der Kommunikation ganz neue Aufgaben im Unternehmen zukommen, dazu gehört beispielsweise, die digitale Kommunikationskompetenz aller Mitarbeitenden zu stärken. Daneben sind die Kommunikationsabteilungen in ihrem Feld aber auch selber gefordert, sich über den Einsatz neuer Technologien und Methoden zu transformieren.

Das Potenzial künstlicher Intelligenz nutzen
Ein zentraler Treiber der digitalen Transformation wird künstliche Intelligenz (KI) sein. Unternehmen beginnen im Moment damit, Abteilungen für KI aufzubauen und Spezialisten in diesem Gebiet zu suchen. Wie sieht es in den Kommunikationsabteilungen aus? Beschäftigen sie sich bereits mit möglichen Anwendungen von KI? Wo sehen Kommunikationsverantwortliche Potenzial, wo Barrieren? In einem transdisziplinären Workshop, den der Forschungsbereich Organisationskommunikation und Management des IAM Mitte März in Kooperation mit dem IBM Research THINK Lab in Rüschlikon durchgeführt hat, sind diese Fragen intensiv diskutiert worden. Am Workshop nahmen zwölf Kommunikationsverantwortliche teil, die mehrheitlich dem renommierten HarbourClub angehören. 

Diskussionsrunde während des Workshops in Rüschlikon

Grund für den Einzug kognitiver Systeme in Organisationen ist der Informationsoverload. Bereits heute sind 80% der vorhandenen Daten unstrukturiert und damit für die herkömmliche IT nicht zugänglich. Und die Datenmenge wächst exponentiell weiter. Im Gegensatz zur traditionellen IT können KI-Systeme Kontext verstehen, Hypothesen aufstellen und lernen. Gerade in Bereichen wie der Medizin, die sowohl finanzkräftig sind als auch einen grossen gesellschaftlichen Nutzen stiften, sind bereits einige KI-Anwendungen im Einsatz. Sie ermöglichen es, Diagnosen rasch und zuverlässig zu stellen.

In der Kommunikation lassen sich drei Anwendungsfelder von KI ausmachen: Analytics, automatisierte Content-Produktion (Natural Language Generation) und Chatbots. Während psychometrische Datenanalysen vor allem im Marketingbereich genutzt werden, sind für die Kommunikation Content-Analysen beispielsweise im Hinblick auf die Kampagnenentwicklung interessant. So ermittelte etwa Bosch mittels KI Schlüsselbegriffe für die E-Bike-Kampagne #SantasNewRide. Automatisierte Content-Produktion wird vor allem von Medienunternehmen bei der Erstellung von hochstandardisierten Texte eingesetzt, wie beispielsweise Spielberichten von regionalen Fussballspielen. Bosch hat in einem Pilotprojekt getestet, ob sich ein solcher Roboter-Journalismus im Kommunikationsbereich für standardisierte Produkte-Presseinformationen bewährt. Chatbots schliesslich ermöglichen eine Automatisierung von Interaktionen mit internen und externen Gesprächspartnern (Beispiele aus: PR Report 1/2018, S. 36-39).

Die künftige Rolle der Kommunikation
Das grösste Potenzial sehen die Kommunikationsverantwortlichen im Bereich Analytics. Insbesondere geht es darum, die Daten aus dem Social-Media-Monitoring mit den Datenstreams aus den Geschäftseinheiten zu verbinden, um Zielgruppen mit individualisiertem Content anzusprechen. Zugleich zeigt sich hier aber auch, dass die technologische Entwicklung zu strategischen, strukturellen und kulturellen Veränderungsprozessen führen wird. So müssen zum einen KI-Kompetenzen in den Abteilungen aufgebaut, zum anderen neue Zusammenarbeitsformen von Marketing, Organisationskommunikation und Verkauf entwickelt werden. Auf strategischer Ebene sind Kommunikationsabteilungen einerseits gefordert, Daten sehr viel stärker als bisher als Grundlage für Entscheidungen zu nutzen. Andererseits wird es zu einer der strategischen Kernaufgaben der Organisationskommunikation werden, transparent zu machen, wie das Unternehmen Daten sammelt, auswertet und nutzt. Facebook und Cambridge Analytica erfahren gerade auf schmerzhafte Weise, welcher Reputationsschaden bei vermutetem Datenmissbrauch entstehen kann. Die Organisationskommunikation dürfte noch viel stärker als bisher dafür mitverantwortlich sein, die Outside-In-Perspektive zu ermöglichen und damit den Erwartungen und Bedürfnissen einzelner Stakeholdergruppen im Unternehmen Gehör zu verschaffen.


Neues Weiterbildungsangebot: CAS Digitale Transformation und Kommunikation

Im CAS (Certificate of Advanced Studies) Digitale Transformation und Kommunikation erarbeiten Sie sich die Kompetenzen, um den aktuellen und zukünftigen Anforderungen an die Kommunikationsverantwortlichen im sich digitalisierenden Unternehmen gerecht zu werden.

Kursbeginn ist am 31. August 2018. 
Weitere Informationen und Anmeldung 

 

  • Folgen Sie uns

    • RSS Feed
    • Twitter
    • Facebook
    • YouTube
    • XING
  • Neue Beiträge

    • Wie Kommunikation die digitale Transformation ermöglicht
    • Besuch einer Weltmarke
    • Die Macht der Gemeinschaft
    • Social Media Studie Schweiz 2018
    • Botschaften UND Daten: Kommunikation braucht Gleichgewicht
  • Neue Kommentare

    • Lars bei And The Winnerin Is…
    • André Schibli (Studiengangleitung BA Kommunikation) bei Von der Radio-Praktikantin zur TV-Produzentin
    • Lukas Blatter bei Von der Radio-Praktikantin zur TV-Produzentin
    • Marco bei Online-Beratung, geht das?
    • Murat bei Virtual Reality – Teure Spielerei oder Storytelling mit Zukunft?
  • Kategorien

    • Allgemein
    • Gastbeiträge
    • Kommunikation erforschen
    • Kommunikation erleben
    • Kommunikation gestalten
    • Kommunikation studieren
  • Archiv

    • November 2018
    • Oktober 2018
    • September 2018
    • August 2018
    • Juli 2018
    • Juni 2018
    • Mai 2018
    • April 2018
    • Februar 2018
    • November 2017
    • Oktober 2017
    • September 2017
    • August 2017
    • Juli 2017
    • Juni 2017
    • Mai 2017
    • April 2017
    • März 2017
    • Februar 2017
    • Januar 2017
    • Dezember 2016
    • November 2016
    • September 2016
    • August 2016
    • Juli 2016
    • Juni 2016
    • Mai 2016
    • April 2016
    • März 2016
    • Februar 2016
    • Dezember 2015
    • November 2015
    • Oktober 2015
    • September 2015
    • August 2015
    • Juni 2015
    • Mai 2015
    • April 2015
    • März 2015
    • Februar 2015
    • Januar 2015
    • Dezember 2014
    • November 2014
    • Oktober 2014
    • September 2014
    • August 2014
    • Juli 2014
    • Juni 2014
    • Mai 2014
    • April 2014
  • Meta

    • Anmelden
  • RSS:
  • RSS
    ZHAW