von Prof. Dr. Peter Stücheli-Herlach, Professor für Organisationskommunikation und Öffentlichkeit am IAM und Sandro Küng Gründer und Inhaber der Kommunikationsagentur Küng Consulting
Jüngst wieder in der Diskussion um die neue Strategie des Chefs von Credit Suisse, Tidjane Thiam: Es wird gerätselt, enthüllt, kommentiert und kritisiert, wer da wohl in der Rolle von Beratern die gewichtigen Entscheide vorbereitet. Die Medienberichterstattung war typisch für den aktuellen Diskurs über die Beratung in Wirtschaft und Politik: Um die Berater-Rolle ranken sich mehr Gerüchte, als dass klare Sicht auf die Verhältnisse herrschen würde. Zeichen dafür sind die Schlagzeilen, die den Stoff für Berater-Bashing und Mythenbildung liefern: Zuviele Berater beim Bund! Whistleblower der grossen Beraterfirmen packen aus! Berater ziehen die Fäden hinter Politikskandalen!
Der Dampf aus den Gerüchteküchen ist ein Indiz für die steigende Bedeutung von Beratung in Wirtschaft und Politik. Die Beratungsbranche boomt; PR-Berufs- und Branchenverbände zählen die Beratung zu den Kernkompetenzen ihres Fachs. In der Branchenstatistik des Bundes der PR-Agenturen (BPRA) ist die Beratung der Hochpreis-Hit, eine Spitzenreiterin hinsichtlich der Stellenzahl in den Agenturen, der angebotenen “Skills” und der Bedeutung fürs künftige Geschäft. Der Branchenleader Farner setzte jüngst ein starkes Zeichen, indem er sich den Schweizer Metaplan-Vertreter Enzaim für Change- und Organisationsberatung einverleibte (siehe persönlich-Newsletter vom 3.9.2015). Ganz offensichtlich hat Beratung Zukunft, aus Sicht von Klienten wie von Anbietern.
Dies überrascht niemanden, der die realen Verhältnisse hinter den Schlagzeilen kennt: Wer Verantwortung trägt und Entscheide von Tragweite zu fällen hat, der berät sich – dies kann mit Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeitenden, Experten oder gar Familienangehörigen geschehen. Das geflügelte Wort vom “Rat der Götter” überliefert uns die Erkenntnis, dass Beratung da ist, wo Mächtige Entscheidungen zu treffen haben. Beratung ist ein Zeichen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Souveränität von Menschen und ihrer Organisationen in einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung.
Nicht umsonst boomt die Kommunikationsberatung in Zeiten, in denen die Kommunikation zum wichtigsten Gut geworden ist, die Kommunikationsverhältnisse aber unübersichtlich geworden sind. Wer nicht nur vom Boom profitieren, sondern diesen prägen und auch überleben will, tut allerdings gut daran, sich Gedanken über das eigene Kompetenzprofil, über Beratungsqualität und Nachhaltigkeit zu machen. Kommunikationsberatung setzt die Fähigkeit zur Beratungskommunikation voraus – also zur gezielten wirkungsvollen Gestaltung und Steuerung der Interaktion zwischen Klienten und Beratenden. Neue Forschungserkenntnisse darüber, was das heissen kann, hat jüngst das Institut für Angewandte Medienwissenschaft vorgelegt (Beratungskommunikation in der Kommunikationsberatung). Auf dieser Basis bietet es auch seit 2013 einen berufsbegleitenden Weiterbildungslehrgang CAS Kommunikationsberatung an.
Professionelle Qualitäten von Kommunikationsberatung und entsprechende Kompetenzen möchte künftig eine Gruppe von Kolleginnen und Kollegen zum Thema eines beruflichen Netzwerks machen. Das Kommunikationsberatungs-Netzwerk “kobenet” ist gegründet worden von Prof. Dr. Peter Stücheli-Herlach von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), dem Jury-Präsidenten des Swiss Award Corporate Communications, und von Sandro Küng, Kommunikations- und Organisationsberater BSO, Gründer und Inhaber der Beratungsfirma Küng Consulting. Das Netzwerk ist für alle (interne und externe) Kommunikationsberatende offen, die Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig bei der Entwicklung persönlicher und unternehmerischer Beratungsprofile unterstützen wollen. Es versucht damit, einen Beitrag zur Orientierung im kompetitiven Beratungsgeschäft und zur Qualitätsdiskussion zu leisten. An den – in der Anfangsphase kostenlosen – Netzwerktreffen steht die gemeinsame Diskussion von vorbereiteten Fallbeispielen im Zentrum. Die Treffen eröffnen damit nicht nur Reflexions-, sondern auch Kontaktmöglichkeiten zu Kolleginnen und Expertinnen. Eine Erweiterung der Trägerschaft des Netzwerks ist geplant und erwünscht.
Das Netzwerk hat sich im November zum ersten Meeting am IAM getroffen. Auf dem Programm stand eine Einführung in die Anliegen des Netzwerks, eine Fallvorstellung und die Diskussion. Anfang 2016 findet ein weiteres Meeting statt, das Datum steht derzeit noch aus. Interessenten können den kobenet-Newsletter abonnieren.
Mehr zum Thema:
Weitere informative Details zum Netzwerk: kobenet
Beitrag auf persoenlich.com vom 29.10.15: Kommunikationsberater sollen in die Intervision