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«Journalismus braucht Kraft und Kampfwillen»

Posted on 19. Juni 2018 by Redaktion

Der Traumberuf Journalismus hat brutale Jahre hinter sich. Darunter haben die Arbeitsbedingungen, die Reputation des Berufs und die Stimmung gelitten. – Zur Diskussion dieser These lud Columni Mitte Mai Rafaela Roth, Reporterin beim Tages-Anzeiger, Aline Wanner, Redaktorin im Ressort Schweiz-Seiten von «Die Zeit», und den freien Journalisten Peter Hossli nach Zürich ein.

von Kathrin Reimann, Redaktorin ZHAW-Impact und IAM-Absolventin (JO08)

Moderator Moritz Kaufmann ging der Frage nach, ob JournalistIn überhaupt noch ein Traumberuf sei. «Ich lese viel guten Journalismus, aber ich verspüre auch eine grosse Depression und höre grosses Gejammer», konstatierte Hossli, der Ringier, wo er Chefautor und Leiter des Autorenpools war, im vergangenen Sommer verliess. Für ihn steht fest, dass zu viel geklagt wird und zu wenig gute Geschichten geschrieben werden: «Journalisten sollen sich auf Geschichten, nicht auf die Rettung der Branche konzentrieren.» Aline Wanner, die für einen deutschen Verlag arbeitet, hält das Jammern für etwas Schweizerisches. «Ich erlebe eine hohe Zufriedenheit und keine selbstzerstörerische Betriebskultur» – die Angestellten arbeiteten gerne für die «Zeit», sagt sie. Und auch Hossli findet: «Uns geht es gut, wir verdienen viel, haben wenig Konkurrenz und leben in einem gut funktionierenden Staat.» Einige Medienhäuser seien eingegangen, doch es gäbe neue Kanäle, um gute Geschichten zu erzählen. «Eines unserer grössten Probleme sind die Hooligans», sagt er.

Die Diskussionsrunde: Moritz Kaufmann, Aline Wanner, Peter Hossli und Rafaela Roth (v.l.)

Auf Du und Du in der Wandelhalle

Davon kann Roth ein Liedchen singen. Die Journalistin wurde nach kritischen Artikeln über FCZ-Ultras bedroht, eine Scheibe wurde bei ihr eingeschlagen und ihre Fassade besprayt. «Das Thema wird schlecht abgedeckt. Die Szene ist stark verbandelt und viele mögen es nicht, wenn man über Gewalt im Umfeld von Fankurven schreibt», sagt Roth. Für Hossli stellt diese Verbandelung in der Schweiz generell ein Problem dar: «Es verhält sich im Fussball ähnlich wie in Bern, in der Wandelhalle sind politische Journalisten und Politiker auf Du und Du.» Ebenso bedenklich ist für ihn die Kultur des Gegenlesens: «Wir geben den Interviewten die Texte freiwillig zum Gegenlesen, in anderen Ländern, etwa den USA, ist so etwas undenkbar!»

Der Moderator spricht auch den Zeitdruck im Journalismus an und wirft die Frage auf, ob Qualitätsjournalismus unter diesen Umständen möglich sei. Hossli stört sich am Ausdruck und sagt, «wenn alle Standards stimmen, können auch kurze und schnell gemachte Beiträge gut sein.» Roth, die bei Watson gearbeitet hat, kennt diese Art Druck gut: «Wenn man unter Zeitdruck steht, muss man sich die nötige Zeit herausnehmen», sagt sie. Sie ist sich sicher, dass der strukturelle Wandel und die Verlagerung ins Internet auch positive Seiten haben: «Mit Klicks erhält man eine grosse Reichweite. Die Kanäle sind vielfältiger geworden und sind nicht so schwer zu bedienen – das schafft neue Möglichkeiten für Journalisten.» Ein grösseres Problem des strukturellen Wandels sieht Hossli darin, dass viele Journalisten einfach wiedergeben würden, was im Internet stehe, und Rudeljournalismus betreiben würden.

Die Sinnfrage stellt sich kaum

Hossli spricht auch das Problem der Gegenöffentlichkeit an, die von Firmen und deren professionellem Storytelling geschaffen wird. «Viele Kollegen in meinem Alter wechseln zu solchen Firmen oder in die Verwaltung», sagt er. Denn diese hätten Budget, investierten viel Geld für Artikel, Reisen oder für gute Fotografie.

Wanner ist der Ansicht, dass Verlagshäuser ebenso viel Geld investieren sollten wie Firmen oder die Verwaltung, denn «gute Journalisten brauchen Zeit zum Recherchieren und zum Nachdenken.» Für sie ist klar, dass sie den Traumjob Journalistin noch lange ausüben will. Hossli bezeichnet sich als Reporter und Geschichtenerzähler und sagt: «Ich wüsste nicht, was ich sonst machen sollte. Ich kann nichts anderes.»

Roth stellt fest, dass man als Journalistin viel Kraft braucht und ausgesetzt ist. «Man muss gegen innen und gegen aussen kämpfen, aber es lohnt sich: Man hat die Kraft etwas zu verändern und muss sich sicher nie nach dem Sinn seiner Arbeit fragen.»

Die Diskussion, bei der viele Themen angeschnitten wurden und an der sich auch das Publikum rege beteiligte, zeigte, dass JournalistIn trotz des strukturellen Wandels ein erstrebenswerter Beruf ist. Guter Journalismus ist möglich, vieles kann und soll noch aufgedeckt und erreicht werden. Wichtig dabei ist, dass der richtige Fokus gesetzt wird und sich JournalistInnen nicht vor neuen Kommunikationskanälen scheuen.

Mehr zum Thema

  • Viel Neues im Osten: Schweizer Journalismuspioniere 2.0
  • Daten statt Worte – Journalismusausbildung im Zeitalter von Big Data
  • Corporate Newsroom: Unternehmen orientieren sich am Journalismus. Und der Journalismus?

Was macht Mitarbeitende zu Influencern?

Posted on 13. Juni 2018 by Redaktion

Immer mehr Organisationen ermuntern ihre Mitarbeitenden, sich selbst als VertreterInnen der Organisation in öffentliche Diskurse einzubringen und entsprechend als Influencer zu wirken. Gleichzeitig verwischen die Grenzen zwischen beruflicher und privater Kommunikation; Mitarbeitende äussern sich auf Social Media zu Themen, welche die eigene Organisation betreffen, ohne dass klar wird, ob sie dies als Privatperson oder im Namen der Organisation tun. Dies schafft für Unternehmenskommunikation und Journalismus gleichermassen Chancen und Risiken. Diese diskutierten wir am IAM live vom 6. Juni 2018 mit unseren Podiumsteilnehmenden und rund 200 Gästen (nachzuhören und -sehen im aufgezeichneten Live-Stream der Veranstaltung). Sind aber alle Mitarbeitenden, die sich auf Social Media über das Unternehmen äussern, Influencer? Auf diese Frage gehen wir im Folgenden ein.

von Prof. Dr. Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskommunikation und Management, und Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung, beide am IAM

Immer häufiger äussern wir uns im Social Web über unsere Arbeit und oder unseren Arbeitgeber. Mitunter gelangen diese Äusserungen aufgrund technischer Pannen an die Öffentlichkeit, wie etwa im Fall des SBB-Zugführers Markus L., dessen Video eigentlich für die Generalversammlung des Verbands Schweizer Lokführer und Anwärter (VSLF) gedacht war. Mitunter zeugen sie von Unbedachtheit und mangelndem Gespür für professionelles Verhalten. Dies zeigte sich beispielsweise im Fall einer CEO-Assistentin, die auf ihrem privaten Instagram-Account Bewerbungsbriefe postete und sich über die Deutschfehler der BewerberInnen mokierte.

Alle Mitarbeitenden haben heute über Social Media die Möglichkeit, das Image ihres Arbeitgebers in der Kommunikationsarena mitzugestalten. Dabei haben die Verbreitungsgeschwindigkeit und die Reichweite der Äusserungen von Mitarbeitenden im Vergleich zu analogen Zeiten deutlich zugenommen. Der Versandhändler Otto nutzt dies gezielt und setzt ausgewählte Mitarbeitende als sogenannte Influencer für das Employer Branding ein (s. dazu S. 4 unserer «IAM live»-Präsentation).

Mitarbeitende sind immer BotschafterInnen

Sind nun aber alle Mitarbeitenden, die sich auf Social Media betätigen, Influencer? Die Bezeichnung «Influencer» wird schon fast inflationär und sehr unterschiedlich verwendet, nicht selten auch als Synonym zum Begriff «BotschafterIn». Wir schlagen in Anlehnung an Annika Schach vor, diese beiden Konzepte klar voneinander abzugrenzen. Denn grundsätzlich sind Mitarbeitende immer BotschafterInnen des Unternehmens, unabhängig davon, ob ihnen das bewusst ist oder nicht. Sie prägen über ihre Arbeit und ihr Kommunikationsverhalten gegenüber Kunden oder auch Lieferanten das Image des Unternehmens mit und beeinflussen damit auch dessen Reputation. Zudem werden Mitarbeitende von Angehörigen und Bekannten und – gerade in Krisenzeiten – teilweise auch von Medienschaffenden als glaubwürdige Informationsquellen und damit als BotschafterInnen des Unternehmens betrachtet.

Markus Niederhäuser und Prof. Dr. Nicole Rosenberger bei ihrem Impulsreferat am IAM live 2018

Influencer-Funktion setzt spezifische Themenkompetenz voraus

Was ist nun in Abgrenzung dazu ein Influencer? Influencer sind Personen, die eine hohe Glaubwürdigkeit für spezifische Themen besitzen und diese über digitale Kanäle einer breiten Personengruppe zugänglich machen können. Dazu benötigen sie eine zentrale Stellung in ihrem Netzwerk, Persönlichkeitsmerkmale wie Selbstbewusstsein, Ausstrahlung und Durchsetzungsvermögen, aber auch eine hohe Kommunikationskompetenz. Influencer erarbeiten sich ihre Stellung autonom, zum Beispiel auf der Basis von Wissen oder Erfahrung, oder gelangen aufgrund ihrer persönlichen Ausstrahlung und/oder ihres Talents in diese Position.

BotschafterInnen und Influencer unterscheiden sich durch Wirkungslogik

Wo liegen in dieser theoretischen Einordnung die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen BotschafterInnen und Influencern? Beide Gruppen fungieren als Multiplikatoren, über die – gezielt oder ungewollt – spezifische Zielgruppen des Unternehmens erreicht werden können. Als Meinungsführer respektive Opinion Leader können sie beide die Einstellungs- und Verhaltensabsichten von Menschen in ihrem Umfeld beeinflussen. Das aus unserer Sicht wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist die Logik, aufgrund derer diese Beeinflussungswirkung erst möglich wird. Die Überzeugungskraft von Mitarbeitenden in der Rolle als «Corporate Influencer» beruht auf ihrer Themenführerschaft im Social Web. In der Funktion als interne BotschafterInnen stützt sich ihr Einfluss hingegen auf ihren sozialen Status, den sie innerhalb des Unternehmens geniessen, zum Beispiel als sogenannte Change Agents in Veränderungsprozessen. Als externe BotschafterInnen wiederum werden sie unter Nutzung ihrer persönlichen Netzwerke zum Bindeglied zwischen Unternehmen und Umwelt, indem sie beispielsweise attraktive Unternehmensbilder auf Facebook posten oder im Bekanntenkreis über die Produkte ihres Unternehmens sprechen.

Mit diesen Wirkungslogiken verknüpft ist zugleich der von den beiden Opinion-Leader-Typen zu erreichende Personenkreis. Corporate Influencer erreichen über ihre spezifische, mit ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit verknüpfte Themenkompetenz externe und interne Personengruppen, die genau an dieser Thematik interessiert sind. Interne BotschafterInnen hingegen entfalten primär bei den Mitarbeitenden Wirkung, während externe BotschafterInnen bei den Stakeholdern im Unternehmensumfeld Gehör finden.

Auch wenn der Begriff «Influencer» nicht zuletzt wegen einiger unglaubwürdiger «Stars» und dem einseitigen Schielen auf Reichweite bereits etwas in Verruf geraten ist, sollte klar zwischen der BotschafterInnen- und der Influencer-Rolle von Mitarbeitenden differenziert werden. Denn das Begleiten und Befähigen der Mitarbeitenden ist rollenspezifisch zu leisten.

Abbildung: Multiplikatoren im Positionierungsmanagement und Einordnung der Corporate Influencer

Auch bei externen Personen ist zwischen BotschafterInnen und Influencern zu unterscheiden

Wie bei den internen Meinungsführern lässt sich auch bei externen Personen aufgrund der Wirkungslogik zwischen MarkenbotschafterInnen und Influencern unterscheiden. Engagieren etwa die beiden Unternehmen Jura und Credit Suisse mit Roger Federer den gleichen Markenbotschafter, so setzen sie auf dessen Prominenz und erreichen weltweit eine sehr breite Bevölkerung. Die Wirkung von externen Personen als Influencer hingegen bezieht sich stets auf einzelne Themenbereiche. SAP setzt beispielsweise auf unabhängige Consultants und WissenschaftlerInnen, die über ihre Blogs und Posts Entscheidungsträger im IT-Bereich erreichen.

Ob BotschafterIn oder Influencer – Mitarbeitende müssen fit sein für die digitale Kommunikation

Schliesslich ist aus Sicht des strategischen Kommunikationsmanagements zu unterscheiden zwischen strategisch geplant eingesetzten internen und externen Opinion Leadern und Personen, die – unabhängig von der Kommunikationsstrategie – in für das Unternehmen strategisch zentralen Bereichen Einstellungs- und Verhaltensabsichten in ihrem Umfeld beeinflussen können. Mit Blick auf beide Gruppen tun Kommunikationsabteilungen auf jeden Fall gut daran, die Mitarbeitenden des ganzen Unternehmens fit zu machen für die digitale Kommunikation.


Literatur zum Thema

  • Annika Schach / Timo Lommatzsch: Influencer Relations – Marketing und PR mit digitalen Meinungsführern.
  • Kerstin Hoffmann: Lotsen in der Informationsflut. Erfolgreiche Kommunikationsstrategien mit starken Markenbotschaftern aus dem Unternehmen.

Neues Weiterbildungsangebot: CAS Digitale Transformation und Kommunikation

Influencer und deren strategische Einbindung werden auch im neuen CAS Digitale Transformation und Kommunikation thematisiert.

Kursbeginn ist am 31. August 2018. 
Weitere Informationen und Anmeldung


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