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Wissen, was Kommunikation bewegt

Ein Blog der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

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Browsing November, 2016

Wie Neues entsteht – über Entrepreneurial Storytelling

Posted on 23. November 2016 by harz
Von Birgitta Borghoff, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich Organisationskommunikation und Öffentlichkeit (OKÖ) am IAM, Absolventin Master in Angewandter Linguistik ZFH mit Vertiefung Organisationskommunikation

Was ist eigentlich Entrepreneurial Storytelling? Ein schillerndes neues Schlagwort oder ein ernst zu nehmendes Konzept für Wissenschaft und Praxis?

Dieser Frage bin ich in den letzten Monaten auf den Grund gegangen. Einmal in meiner Masterarbeit im Studiengang Organisationskommunikation unseres Departements. Und kürzlich auch in den Diskussionen am G-Forum in Leipzig, der größten und ältesten Jahreskonferenz zu Entrepreneurship, Innovation und Mittelstand im deutschsprachigen Raum. Dort konnte ich zentrale Ergebnisse der Masterarbeit präsentieren.

Doch was ist nun Entrepreneurhip? – Etymologisch stammt der Begriff vom französischen Wort „entreprendre“ ab,Entrepreneurship_Literature was so viel bedeutet wie „etwas in die Hand nehmen“ oder „unternehmen“. Entrepreneurship ist in diesem Sinne als ein Managementansatz und Prozess zu verstehen, durch den Menschen entweder allein oder innerhalb einer Organisation unternehmerische Gelegenheiten erkennen, ergreifen und realisieren.

Stories spielen eine wichtige Rolle, wenn Projekte und Unternehmen entstehen und gedeihen. Sie verkörpern das Handeln von Gründerinnen und Gründern, lassen andere am spielerischen Experimentieren mit Visionen und neuen Ideen, an Kontroversen, Momenten des Scheiterns und des Erfolgs teilhaben. Das ist die Grundlage dafür, dass einzigartige unternehmerische Designs entstehen – also Lösungen für komplexe Probleme, die funktionieren. Für Anbieter wie Anwender, kritische Beobachter wie Investoren.

Der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen am G-Forum war für mich als Kommunikationsforscherin einerseits und Unternehmerin andererseits sehr bereichernd. So berichtete mir ein Kollege, der über die „Legitimität von Geschäftsmodellen“ referierte, dass er mit kritischen Stimmen zu seiner Argumentation konfrontiert war. Und plötzlich erkannte: Storytelling könnte der „missing link“ zwischen Geschäftsmodellen und deren gesellschaftlicher Legitimität sein!

Storytelling für Unternehmensgründungen und Projektentwicklungen in verschiedenen Formaten, Medien und Modi: Das ist ein Thema von interdisziplinärem Interesse. So gab es am diesjährigen Forum auch Referate mit Bezügen zur Organisationskommunikation, zur Medienwissenschaft und zur Angewandten Linguistik. Ein Referat widmete sich zum Beispiel dem Zusammenhang von unternehmensbezogenen Social-Media-Kompetenzen und Entrepreneurial Reputation. Ein anderes erzählte darüber, dass positive Medienberichte über Entrepreneurs die Wahrscheinlichkeit des unternehmerischen Erfolgs massgeblich beeinflussen. Und man konnte erfahren, welche Bedeutung der Kompetenz des Sprachgebrauchs bei der Selektion unternehmerischer Ideen bei EU-Projektfinanzierungen zukommt. Wie sagte doch Nelson Mandela:

„If you talk to a man in a language he understands, that goes to his head. If you talk to him in his language, that goes to his heart.“

Meine Masterarbeit konzipierte ich als narrations- und diskursanalytische Fallstudie. Zum einen über das Projekt Methods of Art und zum anderen über das Venture CreativeEconomies, einer Kooperationspartnerschaft mit der ZHdK. Hier habe ich u.a. verschiedene Schlüsselpraktiken und Designs von Entrepreneurial Storytelling identifiziert, so das Kuratieren und Innovieren (Curatorial Innovation Design), das „Machen“ von strategisch relevanten Dingen (Entrepreneurial Strategy Design), das Erzählen und Kooperieren (Collaboration Design) wie auch das Forschen und Lernen (Knowledge Design).

Wenn die Resultate der eigenen Masterarbeit auch für andere Menschen in Forschung und Praxis interessant und nützlich sind, ist das ein beglückendes Gefühl. Es entschädigt für den Mut, den es braucht, um in ein weitgehend unerforschtes interdisziplinäres Themenfeld einzutauchen. So macht Studieren, Forschen, Entdecken, Erkennen, Entwickeln und Reflektieren nicht nur Spass und Arbeit – sondern auch Sinn!

birgitta-borghoff

Birgitta Borghoff (MA), studierte Betriebswirtschaft, Fachrichtung Tourismus, Kulturmanagement und Organisationskommunikation. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin am IAM forscht und doziert sie im Bereich Organisationskommunikation und Öffentlichkeit (OKÖ).

Es begann in der PR-Praxis: Jubiläum der wissenschaftlichen Fachgruppe in Hannover

Posted on 16. November 2016 by harz
von Prof. Dr. Peter Stücheli-Herlach, Professor für Organisationskommunikation und Öffentlichkeit am IAM

Die Wissenschaft in ihrem Verhältnis zur Praxis: Das war zwar nicht das erklärte Hauptthema der Tagung von Anfang November zum 25-jährigen Jubiläum der Fachgruppe PR/Organisationskommunikation der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) in Hannover. Der Titel lautete vielmehr „Zwischen Herkunft und Zukunft“. Doch das Thema gab Anlass für verschiedene Reflexionen und Diskussionen über das Verhältnis von PR-Theorie und PR-Praxis. Ich selber war mit einem Referat über „Die Zukunft der PR nach dem ‚practice turn'“ (s. Programm) nach Hannover gefahren – und es zeigte sich, dass ich damit gut an einen Diskussionsstrang anknüpfen konnte, der die ganze Tagung durchzog.

So zeigte der ehemalige IAM-Professor (2004-2009) und Mitgründer der Fachgruppe, Peter Szyszka, wie Erforschung und Professionalisierung der PR in der Nachkriegszeit massgeblich durch Carl Hundhausen, den Öffentlichkeitsarbeiter des Krupp-Konzerns, vorangetrieben wurden. Olaf Hoffjann von der Ostfalia Hochschule wies scharfsinnig darauf hin, dass es eine grosse Herausforderung sei, den Praxisbezug der PR-Wissenschaft weiter zu entwickeln: Sowohl die Distanz als auch die Nähe zur Praxis bergen je besondere Risiken für die wissenschaftliche Forschung, was beispielsweise die Qualität, die Reputation oder auch die Vernetzung anbelangt. Der inzwischen auch in Salzburg tätige Schweizer Kollege Mark Eisenegger präsentierte zusammen mit Peter Winkler, Swaran Sandhu und Kerstin Thummes interessante Überlegungen zu „blinden Flecken“ eines Vierteljahrhunderts der PR-Forschung. Dazu zählt er die öffentliche, gesellschaftliche Kommunikation „über“ Organisationen (neben der Kommunikation „von“ und „in“ ihnen). Durch die Moralisierung der Social Media, aber auch durch Schlüsselereignisse wie die Finanz- und Migrationskrise hätten sich die Voraussetzungen für professionelle Öffentlichkeitsarbeit in den letzten Jahren gravierend verändert.

Ich selber argumentierte in meinem Referat, dass der notwendige Praxisbezug von PR-Forschung nicht durch Anbiederung an die Praxis, sondern durch eine reflektierte Theorie gerahmt werden müsse – genau das nämlich ist mit dem „practice turn“ gemeint. Wir sollten also nicht nur über die professionelle Praxis reden, sondern scharf und kritisch über sie nachdenken. Die Fallstudie zum Message Design der EU-Botschaften in der Schweiz, die ich im Referat in ersten Auszügen präsentierte, ist eine Studie nicht nur über die Praxis. Wir forschen auch direkt mit einem Praktiker zusammen, nämlich mit Stephan Libiszewski, dem Politischen Berater der offiziellen EU-Delegation in Bern. Das ist nicht gerade ein methodologischer Mainstream … Aber etliche Kolleginnen und Kollegen zeigten sich sehr interessiert, besonders auch an unserem Fokus auf die sprachliche Praxis des PR-Berufs. Hierzu haben wir gerade kürzlich selber eine Tagung ausgeschrieben, für die wir auf zahlreiche interessante Eingaben hoffen.

Interessant war die Sofarunde in Hannover zusammen mit den Gründern der DGPuK-Fachgruppe. Dort sassen neben Peter Szyszka auch Michael Kunczik („Geschichte der Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland“), Barbara Baerns („Öffentlichkeitsarbeit oder Journalismus?“) und Günter Bentele (Mitherausgeber des „Handbuchs der PR“). Alle gaben sie Einblick in  ihren Werdegang, der bei allen ebenfalls durch praktische Tätigkeiten der Öffentlichkeitsarbeit geprägt war. Für mich eindrücklich war, wie Barbara Baerns schilderte, wie es zu den legendären Studien über die Wirkungen von PR auf den Journalismus kam: Sie habe einfach das beforscht, was sie aus ihrer Kommunikationspraxis an Fragen mitgenommen habe. Sich für die Praxis zu engagieren, ist offenbar kein schlechter Anfang von PR-Forschung. Aber auch kein leichter – vielmehr der Beginn eines anspruchsvollen, aber lohnenden Wegs.

Bildlegende: Sofarunde zur Erinnerung an die Gründung der Fachgruppe PR/OK vor 25 Jahren: Günter Bentele, Peter Szyszka, Michael Kunczik und Barbara Baerns (von links).

Lernen von den Besten: Einblicke in die professionelle Praxis

Posted on 11. November 2016 by harz
von Cornelia Brunner-Scherrer, Studentin im 1. Semester JO16

Am 12. Oktober 2016 fand die zweite praxisorientierte Unterrichtsveranstaltung im Rahmen der Einführungsvorlesungen in die Organisationskommunikation im Bachelor-Studiengang Kommunikation statt. Nach einer ersten theoretischen Einführung durch Prof. Dr. Peter Stücheli-Herlach zwei Wochen zuvor, ging es dieses Mal um die Praxis. Ziel der Veranstaltung „Einblicke in die professionelle Praxis – Best Practice in der Schweizer Unternehmenskommunikation“ war es, einen gemeinsamen Blick auf den Swiss Award Corporate Communications sowie die beiden Siegerprojekte des Awards 2016 zu werfen. Die Veranstaltung wurde von Birgitta Borghoff, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsteam Organisationskommunikation und Öffentlichkeit moderiert:

Unterrichtsgäste und Siegerprojekte des Swiss Awards Corporate Communications 2016:

  • Daniel Bieri, Projektleiter Swiss Award Corporate Communications, Partner Agentur Bi-Com (und Community Manager Ticketcorner AG)
  • Monika Arnold, Beraterin, Jung von Matt/Limmat AG / Projekt: „The Yellow Tour“ für die Schweizerische Post
  • Katharina Rüegg, Kommunikationsbeauftragte, Departement Soziales, Stadt Winterthur / Projekt: „Eine Winterthurer Weihnachtsgeschichte“

Die Vorlesung  inspirierte mich, das Erlebte weiter zu reflektieren und meine Impulse und Eindrücke dazu in diesem Blogbeitrag zu veröffentlichen.

Zunächst stellte Daniel Bieri, Projektleiter des Awards, den Preis, den einzigen dieser Art in der Schweiz, vor. Der Preis wird verliehen als Anerkennung für besondere Leistungen in der Unternehmenskommunikation. Spannend daran finde ich, dass mit dieser Auszeichnung eine Plattform geschaffen wurde, die den Diskurs über die Qualität der Organisationskommunikation national fördert.

Eine der beiden Hauptpreisträgerinnen, die Agentur Jung von Matt/Limmat, vertreten durch Monika Arnold und Cyrill Hauser, präsentierte die Privatkunden-Kampagne der Post 2015. Die Agentur hatte den Auftrag erhalten, eine Werbekampagne zu entwickeln, mit dem Ziel, die Marke Post emotional aufzuladen und ihre breite Angebotspalette bekannt zu machen. „The Yellow Tour“ ist das erleb- und sichtbare Resultat dieser Kampagne. Mit vielen kreativen, neuen und überraschenden Ideen ist die Erlebniskampagne gestaltet worden. Sichtbar am Beispiel der Werbung, in der demonstriert wird, wie die ganze Konzerttour mit Bastian Baker, einem Schweizer Singer-Songwriter, über Postdienstleistungen abgewickelt wird:

 

Die zweite Hauptpreisträgerin, die Stadt Winterthur mit dem Projekt „Eine Winterthurer Weihnachtsgeschichte“, wurde von Katharina Rüegg, Kommunikationsbeauftragte des Departements Soziales, präsentiert. Die Stadt Winterthur hat es möglich gemacht, in Rekordzeit mit verschiedenen Stakeholdern und Departementen eine Asylunterkunft in einer Kirche zu schaffen.

winterthurer-weihnachtsgeschichteSchritt für Schritt zeigte Rüegg uns Studierenden, wie dieses komplexe Projekt entwickelt wurde. Im Saal hätte man eine Stecknadel zu Boden fallen hören können, so still war es! Rüegg betonte, dass auch das Krisenmanagement in der Kommunikation dazugehört und zeigte überraschende Lösungen auf. Dabei nannte sie spezifische Erfolgsfaktoren in der Kommunikationsarbeit wie: Führungsstärke, Storytelling, Professionalität und Erfahrung, Interdisziplinarität, die Realisierung einer Stakeholder-Analyse, Massnahmen-Matrix sowie Timing, Tempo und persönliches Engagement. Besonders fasziniert hat mich, dass das Projekt „Winterthurer Weihnachtsgeschichte“ exemplarisch zeigt, dass Kommunikation interaktive Sinnkonstruktion ist – ein theoretischer Begriff aus der Disziplin der Organisationskommunikation (und dem ersten Vorlesungsteil), der nun ganz plastische Gestalt annimmt.

Der Spannungsbogen bei den prämierten Projekten der Post und der Stadt Winterthur ist gross. Auf der einen Seite ein grosses Budget und der Auftrag, die ganze Schweiz zu erreichen. Auf der anderen Seite ein bescheidenes Budget und die konkrete Arbeit mit Menschen aus dem Quartier und der Stadtverwaltung.

Ein paar Gedankensplitter, die ich aus der abschliessenden Podiumsdiskussion als praktische Tipps für mich persönlich mitnehme:

  • Der Arbeitsmarkt verlangt Generalisten in der Kommunikation.
  • Keine Sitzungen mit Leuten, die nicht entscheiden können.
  • Eine Differenzierung der Produkte führt über Kommunikation zum Markenwert.
  • Kommunikation heisst, Menschenfreund sein.

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Trump und die Medien

Posted on 7. November 2016 by harz
von Dr. Guido Keel, Geschäftsführer und Dozent am IAM

Noch ein Tag, dann geht ein denkwürdiger Wahlkampf in den USA zu Ende, ein Wahlkampf, der rund um die Welt erstaunt und entsetzt hat. Als Medienwissenschaftler wurde ich in den letzten Wochen, zuletzt von Radio Top, immer wieder gefragt:

Inwiefern haben die Medien dazu beigetragen, dass sich eine an sich so unmögliche Figur wie Donald Trump bis zum Schluss im Rennen um die Präsidentschaft halten konnte? Und: Haben die Medien versagt?

Auch diese Diskussion wurde bereits vielfach und ausführlich geführt. Trotzdem noch ein paar Gedanken aus Sicht der Publizistikwissenschaft dazu, denn: Der Wahlkampf ist bald vorbei, die Phänomene werden uns aber auch in Zukunft begleiten.

Zunächst: Haben Medien Trump eine zu grosse Plattform geboten und ihn so überhaupt erst ermöglicht? Haben sie sich von Trump vor den Karren spannen lassen, sich zu bereitwillig auf jeden Tabubruch von Trump gestürzt? Nun, die Nachrichtenwertforschung lehrt uns, dass Journalisten ihre Themen und Geschichten nach bestimmten Faktoren auswählen. Trump ist eine prominente Person, der aggressiv und kontrovers auftritt, er spricht über die Themen, die seine Anhänger direkt betreffen, er liefert Emotionen, seine Standpunkte sind vorhersehbar, gleichzeitig ist er für einen Präsidentschaftskandidaten überraschend ungewöhnlich. Das alles sind Nachrichtenfaktoren, die Geschichten rund um Trump für Journalisten als attraktiv erscheinen lassen. Neu ist das nicht, und auch nicht besonders amerikanisch. Ueli Maurer sagte, damals noch als SVP-Parteipräsident: „Solange ich Neger sage, bleiben die Kameras und Mikrofone bei mir.“ Trump nutzte diese Logik einfach mit einer bisher ungesehenen Dreistigkeit.

Hätten die Medien Trump verhindern können? In der „Schweiz am Sonntag“ liess sich eine Trump-Anhängerin folgendermassen zitieren: „Trump animierte mich, andere Informationsquellen zu finden, die nicht parteiisch sind: Youtube, Fox News oder Infowars.“ Eine Social-Media-Plattform, ein bekanntlich parteiischer TV-Sender und die Website eines amerikanischen Radio-Moderators und Verschwörungstheoretikers, der glaubt, hinter dem Anschlag vom 11. September in New York stecke die US-Regierung, Obama sei ein Kenyaner und Hillary Clinton sei von Dämonen besessen. Von der Nutzungsforschung wissen wir, dass solche Informations-Kanäle inzwischen – auch bei uns – massgeblich zur Meinungsbildung beitragen, wobei das Publikum immer weniger zwischen journalistischen und anderen Quellen differenziert. Ein Ex-NZZ-Redaktor und PR-Berater meinte dazu letzthin im halböffentlichen Rahmen. „Die Leute wollen eine gute Geschichte; wer der Absender ist, ist ihnen nicht wichtig.“

Die neuen Quellen sind vielfältig; gemeinsam ist ihnen oft, dass sie nicht mehr die Gesamtgesellschaft ansprechen, sondern die Blase an Menschen bedient, die bereits über entsprechende Haltungen und Meinungen verfügen. Gerade in der direktdemokratischen Schweiz sollte uns dieser Umstand zu denken geben. Womit wir bei der Wirkungsforschung wären: Hat die intensive Berichterstattung über Trump diesen überhaupt erst gross werden lassen? Sind also die Medien schuld am Phänomen Trump?

Vor über fünfzig Jahren hat man in der Wirkungsforschung die Annahme begraben, dass sich Medienaussagen unmittelbar und uniform auf das Publikum auswirken. Seither erkannte man, dass sich das Publikum keineswegs willenlos den Medien ausliefert. Vereinfacht gesagt: Wirkungen setzen Aufmerksamkeit voraus, und sie müssen an Bestehendes anknüpfen, um vom Publikum nicht ausgefiltert zu werden; Menschen wenden sich nur dann den Medien zu, wenn deren Inhalte den individuellen Bedürfnissen des Publikums entsprechen. Nur dann können Medien eine Wirkung erzielen. Wenn die Berichterstattung über Trump nicht einem Bedürfnis der Menschen entsprochen hätte, wenn Trump mit seinen Auftritten beim Publikum nicht einen Nerv getroffen hätte, hätte er dieses nicht erreicht. Er verstand es aber offensichtlich, ein grosses Publikum zu erreichen; dadurch konnte er bestehende Haltungen bestätigen und weiter verstärken. Zudem: Wieso haben sich diese Menschen angesichts all der Verfehlungen nicht angewidert von Trump abgewendet? Weil Trump-Fans diese Skandale durch eine andere Brille wahrnahmen: Jeder durch investigative Journalisten aufgedeckte Skandal bestätigte das Narrativ, dass die Medien nur darauf aus seien, Trump schlecht zu machen.

Das Phänomen Trump ist in seinem Ausmass vielleicht neu, aber aus Sicht der Publizistikwissenschaft nicht überraschend. Es bestätigt uns, was wir eigentlich über das Funktionieren des Journalismus und der Medien wissen. Was nicht heisst, dass es uns nicht nachdenklich stimmen sollte. Im Gegenteil.


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