In letzter Zeit taucht der Begriff «value-based health care» (VBHC) immer öfter auf.
Was ist damit gemeint? Um welchen «Wert» von Leistungen im Gesundheitswesen geht es?
Verschiedene Interpretationen sind mir begegnet:
- Die pharmazeutische oder medizintechnische Industrie weist auf «value-based health care» hin, wenn sie den Wert ihrer Innovationen für die Gesellschaft (z.B. Gewinn an Lebensjahren) hervorhebt, um den oft sehr hohen Preis ihrer neuen Produkte zu rechtfertigen.
- Stimmen aus dem Bereich Patient Advocacy betonen, dass es auch nicht-monetäre Werte zur Beurteilung von medizinischen Leistungen gibt, also normative Werte als «value». Ein Beispiel: Für die Mehrheit der abstimmenden Schweizer Bevölkerung ist es ein wichtiger Wert, dass die Komplementärmedizin durch die soziale Krankenversicherung vergütet wird, obwohl die WZW-Kriterien nur bei wenigen komplementärmedizinischen Verfahren erfüllt sind.
- In der Betrachtungsweise der Gesundheitsökonomie ist «value of health care» das Verhältnis von Patientennutzen zu aufgewandten Mitteln (z.B. wie viel zusätzliche Lebensqualität zu welchen zusätzlichen Kosten?). Es brauchen also nicht Kosten eingespart zu werden, im Vergleich zu anderen Leistungen, damit eine Leistung einen Wert hat – es kommt auf das Verhältnis von Aufwand zum Nutzen an.
Der Ursprung von VBHC:
Eine bekannte Stimme, die die Diskussion über VBHC mitträgt ist Michael Porter.
In Zusammenarbeit mit der Boston Consulting Group hat er die ICHOM-Initiative (International Consortium for Health Outcome Measurement) ins Leben gerufen.
Damit wurde ein internationales Netzwerk von Spitälern aufgebaut, die das patientenorientierte Outcome (Patientennutzen) ihrer Leistungen messen und vergleichen.
Das Universitätsspital Basel hat dazu vor Kurzem ein Symposium abgehalten.
Das Universitätsspital Basel möchte sich an ICHOM beteiligen und damit, nach eigenen Angaben, «an den Prinzipien einer Werte- (und nicht Volumen-) basierten Gesundheitsversorgung (Value Based Health Care)» orientieren.
Patientenorientierte Outcome-Messung durch Spitäler ist an sich nichts Neues und wird in der Schweiz seit bald 20 Jahren durchgeführt (z.B. via ANQ, dem nationalen Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken).
Interessant wird es, wenn Behandlungsqualität mit Kosten verknüpft wird. Erst damit können Aussagen gemacht werden, in welchem Ausmass es sich um VBHC in der Routineversorgung handelt. Dazu ist bisher in der Schweiz kaum systematisch erarbeitetes Wissen verfügbar.
Das Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie hat dem Thema «value-based health care» in seinem Weiterbildungskurs «WBK/CAS Evidenzgrundlagen für Gesundheitsökonomie» einen festen Platz zugewiesen. Der nächste Kurs startet am 09.Mai 2019.
Prof. Dr. Klaus Eichler ist Leiter der Fachstelle Versorgungsforschung am WIG.