Final_final_v3 war gestern: Mit 5S zu mehr Klarheit im Team

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Von Katharina Demmel

Kennen Sie diese Situationen? Eine Datei trägt den Titel „Präsentation_final_final_v3.pptx“, und trotzdem weiss niemand, ob das wirklich die aktuelle Version ist. Oder Sie suchen auf der gemeinsamen Ablage verzweifelt nach einem Dokument – und haben eher Glück als Systematik, wenn Sie es schliesslich finden. Solche Erlebnisse sind nicht nur nervig, sondern kosten wertvolle Arbeitszeit. Genau hier kann die 5S-Methodik helfen.

5S- wenn Chaos auf Ordnungssystematik trifft

5S steht für 5 Schritte. Die aus dem Lean Management stammenden fünf Schritte – Sortieren, Systematisieren, Säubern, Standardisieren, Selbstdisziplin – sind ursprünglich in der Industrie entstanden. Doch sie lassen sich erstaunlich gut auf digitale, kollaborative Arbeitsumgebungen übertragen – auch und gerade im Gesundheitswesen.

In Spitälern oder Pflegeorganisationen arbeiten Teams zunehmend mit digitalen Plattformen wie beispielsweise Klinikinformationssystemen oder elektronischen Patientendossiers. In diesen Systemen Ordnung zu wahren bringt nicht nur eine höhere Effizienz, sondern auch mehr Sicherheit für die Patientinnen und Patienten: Wenn eine falsche oder veraltete Version einer Patienteninformation im Umlauf ist, kann das gravierende Folgen haben. Ordnung ist also nicht nur Komfort, sondern Teil der Patientensicherheit (Brand & Rüegg, 2016).

1. Sortieren – Überflüssiges raus
Auf digitalen Laufwerken sammeln sich nützliche als auch überflüssige Dokumente: doppelt geführte Checklisten, alte Versionen von Behandlungsprotokollen, nicht mehr genutzte Formulare. Das Sortieren heisst hier: konsequent archivieren oder löschen sowie gemeinsam  entscheiden, welche Dokumente wie und wie oft genutzt werden.

2. Systematisieren – Ein Platz für alles
Ein klarer, gemeinsam definierter Ordneraufbau – z. B. nach Station, Thema oder Prozess – verhindert, dass wichtige Informationen im Nirwana verschwinden. In der Praxis bedeutet das: Pflegeberichte, Medikationslisten oder OP-Checklisten findet man dort, wo alle sie erwarten.

3. Säubern – digitale Hygiene
Säubern heisst, digitale Arbeitsumgebungen regelmässig zu pflegen. Alte Zugriffsrechte für ausgeschiedene Mitarbeitende oder ungenutzte Tools stellen nicht nur ein Effizienz-, sondern auch ein Datenschutzrisiko dar.

4. Standardisieren – klare Regeln
Einheitliche Dateinamen und klare Versionierungsregeln sind kleine Standards mit grosser Wirkung. Wenn jedes Teammitglied seine Dokumente nach eigenem Muster speichert, bleibt die Suche mühsam. Einheitliche Konventionen schaffen Orientierung.

5. Selbstdisziplin – dranbleiben
Am schwierigsten bleibt die konsequente Einhaltung dieser vier Prinzipien. Im Gesundheitswesen, wo Schichtbetrieb und interdisziplinäre Zusammenarbeit Alltag sind, aber auch im normalen Büroalltag, braucht es Routinen – z. B. regelmässige Datenpflege oder die Verpflichtung, nur mit freigegebenen Vorlagen zu arbeiten.

Löst 5S also alle Probleme? Natürlich gibt es auch kritische Stimmen. Manche empfinden 5S als bürokratisch oder zu starr für kreative Arbeit. Zudem entwickeln digitale Tools zunehmend eigene Ordnungslogiken – etwa durch KI-gestützte Suchfunktionen oder automatische Versionierung. Heisst das, dass 5S überflüssig wird? Wahrscheinlich nicht. Eher ergänzen sich beide: Während Technik hilft, Informationen schnell wiederzufinden, sorgt 5S für eine klare gemeinsame Grundlage und ein gemeinsames Verständnis von Ordnung (Sezgin, 2023).

Und übrigens: Die 5S-Methodik eignet sich nicht nur zur digitalen Ordnung, sondern auch hervorragend, um Prozessoptimierungen anzustossen. Oft wird sie als erster Schritt in Verbesserungsprojekten eingesetzt, weil sie schnell sichtbare Resultate („Quick Wins“) erzeugt und Mitarbeitende für Veränderung motiviert (Brand & Rüegg, 2016).

Fazit – Ordnung macht das Leben

5S ist kein Zaubertrick, aber ein pragmatischer Ansatz, um digitale Arbeitsplätze strukturierter und sicherer zu gestalten. Es reduziert Suchzeiten, erhöht die Datenqualität und unterstützt Teams in ihrer Zusammenarbeit – letztlich auch zum Wohl der Patientinnen und Patienten. Oder, wie es die japanische Ordnungsberaterin Marie Kondo, international bekannt durch ihre „KonMari“-Methode, formuliert: „Die Frage, ob wir ein Ding behalten sollen, lautet: Löst es Freude aus?“ (Kondo, 2011). Übertragen auf die digitale Welt heisst das: Alles, was weder Nutzen noch Klarheit stiftet, darf gehen.

Literaturhinweise

  • Brand, T. & Rüegg, K. (2016). 5S. In: A. Angerer (Hrsg.), LHT-BOK Lean Healthcare Transformation Body of Knowledge: Edition 2018–2019. Winterthur. Abgerufen von www.leanhealth.ch
  • Kondo, M. (2011). The life-changing magic of tidying up: The Japanese art of decluttering and organizing. Ten Speed Press.

Katharina Demmel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin an der Fachstelle Management im Gesundheitswesen am WIG.


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