Interprofessionell gegen Bluthochdruck: Ärzt:innen und Apotheken gemeinsam für ein besseres Hypertonie-Management 

Quelle: AdobeStock

Von Irene Kobler

Bluthochdruck, sogenannte arterielle Hypertonie, stellt weltweit eine der grössten Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit dar. Unkontrollierte Hypertonie, wenn der Blutdruck nicht auf ein adäquates Mass gesenkt werden kann, kann zu Schlaganfall oder Herzinfarkt führen. Hypertonie ist die führende Ursache kardiovaskulärer Erkrankungen und vorzeitiger Todesfälle weltweit (Mills et al., 2020). In der Schweiz leiden 22% der Bevölkerung zwischen 30 und 79 Jahren an Bluthochdruck, wobei die Hälfte nicht weiss, dass sie betroffen ist und nur 37% der diagnostizierten Fälle ausreichend kontrolliert sind (WHO 2023). Kardiovaskuläre Erkrankungen verursachen in der Schweiz jährlich Gesundheitskosten von CHF 10 Milliarden und machen damit fast 10% der gesamten Gesundheitsausgaben aus, wie diverse Studien des WIG zeigen. Dieser Blog-Beitrag zeigt, wie durch interprofessionelle Zusammenarbeit eine bessere Bluthochdruck-Kontrolle möglich ist.

Innovative Lösungsansätze können Versorgungslücken schliessen

Das ergänzende Hypertonie-Management durch Apotheker:innen stellt einen neuen Versorgungsansatz dar.
Dieses interprofessionelle Betreuungsmodell basiert auf klar definierten, sich ergänzenden Rollen: Während Ärzt:innen für Diagnosestellung und Therapieplanung verantwortlich bleiben, übernehmen Apotheker:innen spezifische Aufgaben im kontinuierlichen Betreuungsprozess.

Kernelemente des pharmazeutischen Hypertonie-Management umfassen:

  • Blutdruckmonitoring
  • Strukturierte Patientenberatung zu Lifestyle-Faktoren und Arzneimitteladhärenz
  • Identifikation und Lösung arzneimittelbezogener Probleme wie z.B. Nebenwirkungen und Medikamenten-Wechselwirkungen
  • Therapieoptimierung in Absprache mit dem betreuenden Arzt / der betreuenden Ärztin

Dieses Modell adressiert zentrale Schwachstellen der aktuellen Versorgung wie mangelnde Therapieadhärenz sowie ein Engpass in der Grundversorgung.

Evidenz bestätigt Wirksamkeit

Internationale Studien zeigen, dass ein pharmazeutisches Hypertonie-Management gegenüber der Standardversorgung Verbesserungen bringt. Tsuyuki et al. (2016) demonstrierten in einer randomisiert-kontrollierten Studie eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse um 21% im Vergleich mit der Kontrollgruppe in der Standardversorgung (Tsuyuki et al., 2016). Systematische Reviews zeigen beträchtliche Blutdrucksenkungen (z.B. De Souza Cazarim et al., 2023; Gastens et al., 2025; Santschi et al., 2014) und gesundheitsökonomische Analysen weisen positive Ergebnisse für solche Programme aus (z.B. Price et al., 2023; Schultz et al., 2021).

Programm für die Schweiz in Planung

Die Häufigkeit von Hypertonie wird aufgrund demografischer Entwicklungen und sich ändernder Lebensstile weiter zunehmen. Das pharmazeutische Hypertonie-Management bietet eine Chance, dieser Herausforderung proaktiv zu begegnen und die Versorgungsqualität nachhaltig zu verbessern. Das Berner Institut für Hausarztmedizin der Universität Bern und der Schweizerische Apothekerverband pharmaSuisse haben ein für die Schweiz adaptiertes Programm konzipiert, das implementiert werden soll. Das WIG entwickelt im Auftrag dieser beiden Institutionen ein Evaluationsprotokoll für die neue Dienstleitung. Ziel ist es zu prüfen, inwiefern die angestrebten Ziele erreicht werden.

Irene Kobler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Versorgungsforschung am WIG.

Literatur:

De Souza Cazarim, M., Cruz-Cazarim, E. L. C., Boyd, K., Wu, O., & Nunes, A. A. (2023). Effect of Medication Therapy Management by Pharmaceutical Care on Blood Pressure and Cardiovascular Risk in Hypertension: A Systematic Review, Meta-Analysis, and Meta-Regression. Pharmaceuticals, 16(6), 845. https://doi.org/10.3390/ph16060845

Gastens, V., Tancredi, S., Kiszio, B., Del Giovane, C., Tsuyuki, R. T., Paradis, G., Chiolero, A., & Santschi, V. (2025). Pharmacists delivering hypertension care services: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Frontiers in Cardiovascular Medicine, 12, 1477729. https://doi.org/10.3389/fcvm.2025.1477729

Marupuru, S., Roether, A., Guimond, A. J., Stanley, C., Pesqueira, T., & Axon, D. R. (2022). A Systematic Review of Clinical Outcomes from Pharmacist Provided Medication Therapy Management (MTM) among Patients with Diabetes, Hypertension, or Dyslipidemia. Healthcare, 10(7), 1207. https://doi.org/10.3390/healthcare10071207

Price, E., Shirtcliffe, A., Fisher, T., Chadwick, M., & Marra, C. A. (2023). A systematic review of economic evaluations of pharmacist services. International Journal of Pharmacy Practice, 31(5), 459–471. https://doi.org/10.1093/ijpp/riad052

Santschi, V., Chiolero, A., Colosimo, A. L., Platt, R. W., Taffé, P., Burnier, M., Burnand, B., & Paradis, G. (2014). Improving Blood Pressure Control Through Pharmacist Interventions: A Meta‐Analysis of Randomized Controlled Trials. Journal of the American Heart Association, 3(2), e000718. https://doi.org/10.1161/JAHA.113.000718

Schultz, B. G., Tilton, J., Jun, J., Scott-Horton, T., Quach, D., & Touchette, D. R. (2021). Cost-Effectiveness Analysis of a Pharmacist-Led Medication Therapy Management Program: Hypertension Management. Value in Health, 24(4), 522–529. https://doi.org/10.1016/j.jval.2020.10.008

Tsuyuki, R. T., Al Hamarneh, Y. N., Jones, C. A., & Hemmelgarn, B. R. (2016). The Effectiveness of Pharmacist Interventions on Cardiovascular Risk. Journal of the American College of Cardiology, 67(24), 2846–2854. https://doi.org/10.1016/j.jacc.2016.03.528

Walther, D., Curjuric, I., Dratva, J., Schaffner, E., Quinto, C., Rochat, T., Gaspoz, J.-M., Burdet, L., Bridevaux, P.-O., Pons, M., Gerbase, M. W., Schindler, C., & Probst-Hensch, N. (2016). High blood pressure: Prevalence and adherence to guidelines in a population-based cohort. Swiss Medical Weekly, 146(2728), w14323. https://doi.org/10.4414/smw.2016.14323


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