Von Fiona Fischer
Die Langzeitpflege in der Schweiz steht vor grossen Herausforderungen. Steigende Kosten, der anhaltende Fachkräftemangel und die zunehmende Komplexität der Pflegebedürftigkeit stellen Institutionen vor die Frage: Wie lässt sich der Betrieb effizienter gestalten, ohne die Qualität und Menschlichkeit der Pflege zu gefährden?
Prozessoptimierung im Pflegealltag

Die Optimierung der Organisation und der Prozesse gilt als Schlüssel zur Verbesserung von Qualität und Effizienz. Konzepte wie Lean Management oder Digital Health versprechen, Abläufe zu vereinfachen und Ressourcen gezielter einzusetzen. Doch die Umsetzung solcher Massnahmen geschieht in der Langzeitpflege oft zögerlich. Während Prozessoptimierungen in Spitälern vielerorts institutionalisiert sind, zeigt sich in Pflegeheimen ein anderes Bild.
Nachhaltige Verbesserungen in der Langzeitpflege entstehen nicht durch reine Effizienzprogramme, sondern durch eine Kultur, die auf Vertrauen, Qualität und Zusammenarbeit setzt. Führungskräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle, denn sie geben Orientierung, fördern den Dialog und schaffen ein Umfeld, in dem Mitarbeitende Verantwortung übernehmen und Ideen einbringen können.

Veränderungen sind jedoch selten einfach. Feste Strukturen, enge Handlungsspielräume und komplexe Abläufe bremsen oft gute Ansätze aus. Der hohe Zeitdruck im Alltag lässt wenig Raum, um Neues auszuprobieren oder Routinen zu hinterfragen. Gleichzeitig können Unsicherheit oder Überforderung Widerstand beim Personal auslösen, besonders dann, wenn der Sinn hinter Veränderungen nicht klar erkennbar ist. Dort, wo Offenheit und Lernbereitschaft gelebt werden, entstehen neue Chancen. Eine Kultur, die Fehler als Teil des Lernprozesses versteht und Mut zu neuen Ideen zeigt, ermöglicht echte Weiterentwicklung. Wenn Teams über Hierarchieebenen hinweg miteinander arbeiten, entstehen kreative Lösungen, die den Pflegealltag spürbar verbessern.
Flache Hierarchien, gezielte Weiterbildung und klare Zuständigkeiten stärken nicht nur die Motivation, sondern auch die Qualität der Arbeit. Wer sich ernst genommen und einbezogen fühlt, bringt mehr Energie und Engagement ein, was sich unmittelbar auf die Bewohnenden auswirkt. Effizienz darf in der Langzeitpflege nie das Ziel an sich sein. Sie soll Freiräume schaffen für das, was wirklich zählt – Zeit für Menschen. Wenn wirtschaftliches Denken und Menschlichkeit im Gleichgewicht stehen, wird Veränderung nicht zur Belastung, sondern zu einer Chance, die Zukunft der Pflege aktiv zu gestalten. Wirkung entsteht weniger durch einzelne Massnahmen als durch Haltung und Rhythmus: sehen, besprechen, nachschärfen, im Takt des Versorgungsalltags.
Fiona Fischer ist Praktikantin im Team Management im Gesundheitswesen am WIG.
Literaturhinweise
Kunnen, Y. S., Roemeling, O. P., & Smailhodzic, E. (2023). What are barriers and facilitators in sustaining lean management in healthcare? A qualitative literature review. BMC Health Services Research, 23(1), 958. https://doi.org/10.1186/s12913-023-09978-4