Von Thomas Egger
Mittlerweile sind beinahe fünf Jahre vergangen seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie und wiederum beinahe drei Jahre seit das Pandemieende ausgerufen wurde. Vieles aus den zwei Pandemiejahren haben wir bereits wieder vergessen. Doch die COVID-19-Pandemie hat uns aufgezeigt, wie schnell jeweils kurzfristig Entscheidungen bezüglich Massnahmen zur Eindämmung des Pandemiegeschehens gefällt werden mussten und wie weitreichend deren Folgen waren. Denn solche Entscheidungen wurden oft aufgrund nicht vorhandener oder weniger immunologischer, wie auch epidemiologischer Daten getroffen und galten wiederum meist für die gesamte Bevölkerung. Genau in solchen Situationen, in denen schnell und umfassend Informationen über die Immunität und die Verbreitung eines Virus in der Bevölkerung benötigt werden, können serologische Tests eine entscheidende Rolle spielen. Sie geben uns Einblick in die Immunantwort nach einer Infektion oder einer Impfung und helfen, fundierte Entscheidungen für Schutzmassnahmen oder Impfstrategien zu treffen.
Eine vielversprechende Methode sind sogenannte getrocknete Blutflecken (Dried Blood Spots, DBS). Diese Technik ermöglicht es, mit minimalem Material- und Zeitaufwand und ohne die Notwendigkeit einer professionell durchgeführten venösen Blutentnahme Proben zu gewinnen. Die DBS können selbst zu Hause entnommen werden, was in einer globalen Krise wertvolle Zeit und Ressourcen sparen kann. Dazu muss man nach einem Fingerpieks einen Bluttropfen auf ein Filterpapier tropfen, diesen an der Luft trocknen lassen und anschliessend luftdicht verschliessen. Wie das genau funktioniert, wird beispielsweise in diesem Video erklärt. Die DBS können dann zeitnah oder zu einem späteren Zeitpunkt auf Antikörper analysiert werden. Ein zusätzlicher Vorteil ist die vereinfachte Lagerung. Denn DBS können verschlossen über längere Zeit bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. In einer Studie haben wir 2020 untersucht, ob sich DBS eignen, um SARS-CoV-2-Nucleocapsid-Antikörper in der breiten Bevölkerung nachzuweisen. Die DBS-Proben wurden dazu mit venösem Blut aus professionell durchgeführten Blutentnahmen (Gold-Standard) verglichen.
DBS-Proben nicht immer zuverlässig
Bei 35 der 792 Studienteilnehmer:innen (4,4%) wurden in der professionellen Blutentnahme SARS-CoV-2-Nucleocapsid-Antikörper nachgewiesen. Von diesen 35 Personen konnten 43 DBS-Proben analysiert werden und mit den Proben der professionellen Blutentnahmen verglichen werden. Dabei zeigte sich, dass die Sensitivität (Fähigkeit der Methode, tatsächlich positive Antikörpernachweise aus den Blutentnahmen auch in den DBS korrekt zu erkennen) der selbst entnommenen DBS-Proben bei 58,1% lag. Das heisst, von 43 DBS-Proben, welche positiv hätten ausfallen sollen, wurden nur 25 DBS-Proben als positiv erkannt bezüglich SARS-CoV-2-Nucleocapsid-Antikörpern. Trotz dieses eher schlechten Ergebnisses zeigte die Analyse eine hohe Korrelation zwischen den Antikörperniveaus der DBS und den professionellen Blutentnahmen, jene der DBS einfach auf einem tieferen Niveau.
Die selbstentnommenen DBS erwiesen sich in der Studie als praktisch und wurden von den Teilnehmenden gut akzeptiert. Proben bequem von zu Hause aus zu sammeln könnte dementsprechend Potenzial haben. Aufgrund der Schwächen in der Sensitivität sind DBS aktuell keine wirkliche Alternative zu professionellen Blutentnahmen.
Ein vielversprechender Ansatz mit Verbesserungspotenzial
Getrocknete Blutflecken (DBS) haben das Potenzial, eine einfache, kostengünstige und ressourcenschonende Alternative zu Antikörpertests über professionelle Blutentnahmen zu werden. Dafür muss sich jedoch deren Sensitivität noch deutlich verbessern. Wenn dies gelingt, könnten DBS insbesondere in Situationen eingesetzt werden, in denen professionelle Blutentnahmen schwer durchführbar oder zu teuer sind. In solchen Fällen könnten DBS eine wichtige Rolle in der Überwachung des Infektionsgeschehens übernehmen – und vielleicht sogar einen Beitrag zur Prävention zukünftiger Pandemien leisten.
Thomas Egger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Team Versorgungsforschung am WIG.
Egger, T., Dörr, T., Thoma, R., Nigg, S., Risch, L., Cremonesi, A., Vernazza, P., Kohler, P., & Kahlert, C. R. (2025). Evaluation of self-collected dried blood spots for detection of SARS-CoV-2 nucleocapsid antibodies shows low sensitivity. Journal of immunological methods, 536, 113800. Advance online publication. https://doi.org/10.1016/j.jim.2024.113800