Von Cécile Grobet
Welche interessanten, internationalen Sportförderungsmassnahmen für Kinder und Jugendliche sind für die Schweiz geeignet und welches sind Möglichkeiten und Herausforderungen bei deren Umsetzung in der Schweiz? Dieser Frage sind wir im Rahmen einer Podiumsdiskussion zusammen mit den wichtigen Beteiligten aus Bund, Kanton, Wissenschaft und Sozialbereich nachgegangen.
Vorletzte Woche traf sich die Public Health Community der Schweiz in Lausanne. Grund dafür war die einmal jährlich stattfindende Swiss Public Health Konferenz. Fachpersonen aus Hochschulen, Spitälern, der Praxis, Bundesämtern, Politik, Fachstellen, etc. kamen zusammen, um sich über die Gesundheitsförderung, Prävention und Primärversorgung in der Schweiz auszutauschen. Alle waren sich einig: es braucht mehr wirksame Gesundheitsförderung und Prävention in der Schweiz und eine erfolgreiche Primärversorgung, um den steigenden Gesundheitskosten entgegenzuwirken.
Die ZHAW war mit Fachpersonen aus mehreren Disziplinen vertreten. Wir vom Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG) hielten zwei Vorträge, präsentierten ein Poster und veranstalteten eine Podiumsdiskussion zu internationalen Sportförderungsmassnahmen.
Studie zur wirksamen Sportförderung bei Kindern und Jugendlichen
Es gibt viele interessante Sportförderungsmassnahmen. Welche aber sind effektive, Gute-Praxis-Beispiele im Bereich der Sportförderung bei Kindern und Jugendlichen? Im Auftrag des Bundesamtes für Sport (BASPO) haben wir vom WIG zusammen mit der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) eine Studie zu wirksamen Sportförderungsmassnahmen von sieben ausgewählten, europäischen Ländern durchgeführt. Dabei haben wir Strategien, Aktionspläne und Programme aus Deutschland, England, Finnland, Frankreich, Niederlande, Norwegen und Österreich identifiziert und bei besonders vielversprechenden Massnahmen den Zusatznutzen und die Übertragbarkeit auf die Schweiz evaluiert. Der gesamte Bericht steht auf der BASPO-Webseite zum Download bereit.
Schlüsselpersonen diskutieren Möglichkeiten in der Entwicklung der Sportförderung
Eine Studie in dieser Art gibt es bisher keine. Um die interessanten Ergebnisse einer breiten Forschungsöffentlichkeit zugänglich zu machen, veranstalteten wir an der Swiss Public Health Konferenz eine Podiumsdiskussion. Im Rahmen einer interaktiven Veranstaltung habe ich die Ergebnisse für alle untersuchten Settings (Vereine, Gemeinden, Schule, nationale Strategien) vorgestellt. Die Präsentation wurde aufgelockert durch eine Podiumsdiskussion mit Schlüsselpersonen aus den betroffenen Bereichen, moderiert durch Stefanie Zehnder von der Allianz Bewegung, Sport und Gesundheit.
Wie kann die Risikopopulation abgeholt werden?
Alle waren sich einig, dass es in der Sportförderung zentral ist, die Risikopopulation, zu denen Mädchen und junge Frauen, Kinder und Jugendliche mit niedrigem sozioökonomischem Status und/oder Migrationshintergrund und Kinder und Jugendliche bei Schulübergängen gehören, möglichst gezielt anzusprechen und möglichst früh im Leben abzuholen. In der Diskussion wurde vorgeschlagen, dass bereits in den Kindertagesstätten Risikofamilien identifiziert und begleitet werden sollen, dass das Jugend+Sport (J+S)-Alter auf 0 Jahre gesenkt wird, beim freiwilligen Schulsport das «freiwillig» gestrichen wird und sich J+S den Bedürfnissen von Jugendlichen entsprechend weiterentwickelt und beispielsweise günstige Angebote in Fitnesszentren unterstützt. Gerade bei Jugendlichen ist die Interaktion mit den Peers sehr wichtig und es gilt Begegnungen mit Bewegung zu verknüpfen.
Was braucht die Sportförderung in der Schweiz?
Was würden sich die Podiumsteilnehmenden wünschen, wenn sie einen Wunsch frei hätten? Der grösste Wunsch ist eine stärkere Vernetzung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden, um auf diesem Netzwerk aufzubauen und die Zusammenarbeit zu verstärken. Gemeinden sollen besser eingebunden werden – ideal wären definierte Ansprechpersonen für Sport und Bewegung in den Gemeinden. Damit könnte lokal noch mehr bewirkt werden. Was ist mit einer nationalen Strategie zur Sport- und Bewegungsförderung? Hier sehen einige den Vorteil, dass konkrete Ziele definiert würden und man als Kanton oder Gemeinde durch den Bund gestärkt vorgehen könnte. Das BASPO und BAG würden als Partner agieren und Massnahmen wären stärker koordiniert.
Internationales Interesse an der Studie
Auch ausserhalb der Schweiz stiess die Studie auf Interesse. Genau zur gleichen Zeit wie die Swiss Public Health Konferenz fand die HEPA (=health-enhancing physical activity) Europe Konferenz statt. Sonja Kahlmeier von der FFHS und Co-Autorin der Studie präsentierte zusammen mit Vertreterinnen aus England, Finnland und Holland die Haupterkenntnisse der Studie und Gute-Praxis-Beispiele aus den genannten Ländern und trug dazu bei, dass Europa über wirksame, europäische Sportförderungsprogramme Bescheid weiss.
Ganz herzlichen Dank allen Beteiligten in und ausserhalb der Schweiz für das engagierte Mitwirken!
Cécile Grobet ist stv. Leitung HTA und gesundheitsökonomische Evaluationen und wissenschaftliche Mitarbeiterin am WIG.