Veranstaltungsreihe Gesundheitswesen im Wandel: Die Zukunft der Hausarztmedizin – Herausforderungen und Lösungsansätze

Quelle: Adobestock.com

Von: ZHAW-Studentinnen des Masterstudiengangs Business Administration – Major Health Economics and Healthcare Management im Rahmen der Veranstaltungsreihe

Autorinnen: Janine Bernhardsgrütter, Miriam Hagmann, Carmen Kern, Maria Matz, Patricia Pavlovic, Mirela Qaja

Wir alle kennen es… ob jung, alt, gesund oder krank. Sobald wir gesundheitliche Beschwerden haben, suchen wir in der Regel unsere vertraute Hausarztpraxis auf. Die Landschaft der Hausarztmedizin hat sich in jüngster Zeit jedoch stark verändert und steht vor schwierigen Herausforderungen. Und das merken auch wir Patient:innen. Diese Veränderungen sind eng mit den neuesten Fortschritten im Gesundheitswesen verbunden, welche sowohl Potenziale als auch Schwierigkeiten bergen. Doch, wie sehen diese aus? Welche potenziellen Lösungsansätze stehen den Herausforderungen gegenüber? Wie können wir eine bedarfsgerechte und hochqualitative Versorgung auch in den kommenden Jahren sicherstellen? Der Beantwortung dieser Fragen nehmen wir ZHAW-Studentinnen des Masterstudiengangs Health Economics and Healthcare Management uns in diesem Blogbeitrag an und beleuchten sie weiter im Rahmen der unten genannten Veranstaltungsreihe, zu welcher wir Sie gern einladen (für mehr Informationen siehe unten).

Überlastung des ärztlichen Personals

Gemäss der Ärztestatistik der FMH (2022) zeigt sich die Situation der Hausärzt:innen problematisch. Die Dichte liegt mit 0.8 Vollzeitäquivalent pro 1000 Einwohner:innen unter dem empfohlenen Wert von 1, was  einerseits zu einer Überlastung der Hausärzt:innen führt und andererseits die Qualität der individuellen Patientenbetreuung mindert [1]. Administrative Aufgaben – von Terminplanung bis Abrechnung – verstärken diesen Engpass noch weiter.

Die Folgen sind vielfältig. Längere Wartezeiten für dringliche Fälle, Ärzt:innen unter Stress, beeinträchtigte Entscheidungsfindung und Vernachlässigung von Prävention. Zwei mögliche Lösungsansätze sind beispielsweise die Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit und Task Shifting sowie der Einsatz von digitalen Technologien bei Konsultationen. Bei ersterem können nicht-ärztliche Fachkräfte wie Gesundheitsassistent:innen und Pflegekräfte eingebunden werden, um Ärzt:innen zu entlasten. So können diese beispielsweise stellvertretend Anamnesedaten erfassen, bei der Patientenaufklärung unterstützen und Routinetätigkeiten übernehmen. Task Shifting bezieht sich dabei auf die gezielte Delegation von Aufgaben an Angehörige anderer Gesundheitsberufe, die keine ärztliche Ausbildung haben, aber dennoch befähigt sind, bestimmte Aufgaben sicher und effektiv auszuführen. Dadurch können Ärzt:innen ihre Zeit und Energie für die ärztlichen Aspekte der medizinischen Versorgung aufwenden und weitere Aufgaben abgeben. Zudem kann der Einsatz digitaler Technologien wie Telemedizin den Zugang zu ärztlicher Betreuung verbessern und repetitive Aufgaben vereinfachen. So können Routinekonsultationen z. B. per Video oder Telefon durchgeführt oder digitale Anamnesebögen verwendet werden.

Mangel an Nachwuchsärzt:innen

Der Mangel an Nachwuchsärzt:innen belastet die Hausarztmedizin. Nur rund 20% der Medizinstudiumabsolvent:innen wählen den Hausarztberuf. Expert:innen schätzen, dass diese Zahl doppelt so hoch sein sollte [2]. Viele junge Mediziner:innen bevorzugen andere Fachgebiete und möchten in städtischen Gebieten arbeiten. Um dies zu ändern, sind gezielte Massnahmen erforderlich (z. B. Attraktivitätssteigerung des Hausarztberufs, bessere Arbeitsbedingungen). Attraktivitätssteigerung durch finanzielle Unterstützung kann beispielsweise bei der Gewinnung junger Mediziner:innen für den Hausarztberuf helfen. Zusätzlich sind ausgewogene Arbeitszeiten und Unterstützung bei der Bewältigung der Arbeitsbelastung wichtig, um den Beruf attraktiver zu gestalten. Der Ausbau der Ausbildungskapazitäten in der Hausarztmedizin ist ebenso entscheidend. Mehr Ausbildungsplätze und spezialisierte Weiterbildungsprogramme könnten mehr qualifizierte Nachwuchsärzt:innen hervorbringen.

Ungleichgewicht in der Versorgung auf dem Land und in der Stadt

Während ländliche Gebiete oft unter einem Mangel an Hausärzt:innen leiden, sind städtische Regionen oft besser versorgt. Um diesem Ungleichgewicht entgegenzuwirken, könnten Niederlassungsanreize für Hausärzt:innen auf dem Land geschaffen werden. Staatliche Anreize und Förderprogramme könnten Hausärzt:innen ermutigen, sich in ländlichen Gebieten niederzulassen, in denen die Versorgungslücken besonders spürbar sind. Zusätzlich könnten telemedizinische Angebote für ländliche Regionen implementiert werden, um Patient:innen in entlegenen Gegenden besser zu erreichen und zu versorgen.

Anstieg chronischer Erkrankungen und multimorbider Patient:innen

Die steigende Anzahl an Patient:innen mit chronischen Erkrankungen oder mehreren Gesundheitsproblemen erfordert eine komplexere und koordinierte Versorgung [3]. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, könnten Disease-Management-Programme entwickelt werden. Solche strukturierten Behandlungsprogramme verbessern die Versorgung und die Zusammenarbeit mit Fachärzt:innen unterstützen. Gleichzeitig sollte verstärkt auf Prävention und Gesundheitsförderung gesetzt werden, um das Entstehen von chronischen Erkrankungen zu verhindern oder zu verzögern.

Fazit

Die Hausarztmedizin steht zweifellos vor Herausforderungen. Doch mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit, Task Shifting und der Einsatz digitaler Technologien, die Förderung des Hausarztberufs, Anreize für ländliche Gebiete sowie die Entwicklung von strukturierten Behandlungsprogrammen bieten Lösungsansätze, um die Zukunft dieses essenziellen Bestandteils des Gesundheitssystems zu sichern. Mit innovativen Ansätzen und einer koordinierten Zusammenarbeit kann die Gesundheitsversorgung für alle Patient:innen weiter verbessert und der Wandel erfolgreich bewältigt werden.

Sind Sie interessiert, mehr zu dem Wandel der Hausarztmedizin zu erfahren?


Am 2. Oktober 2023 findet die erste Veranstaltung der Veranstaltungsreihe «Gesundheitswesen im Wandel – gemeinsam zu einer besseren Versorgung» unserer Masterstudierenden des Masterstudiengangs Business Administration – Major Health Economics and Healthcare Management statt. Im Rahmen der Veranstaltung diskutieren die eingeladenen Fachpersonen die Herausforderungen und zeigen Wege auf, damit auch in Zukunft eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Versorgung in der Hausarztmedizin sichergestellt werden kann.

Für die Veranstaltung «Hausarztmedizin im Wandel – Herausforderungen und Lösungsansätze» können Sie sich hier direkt anmelden: https://www.zhaw.ch/de/sml/institute-zentren/wig/veranstaltungsdetail/event-news/die-hausarztmedizin-im-wandel-herausforderungen-und-loesungsansaetze/

Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe 2023 finden Sie hier: https://www.zhaw.ch/storage/sml/master/ZHAW_SML_Flyer_Veranstaltungen_MSc_BA_Health_23.pdf

Literaturangaben 

[1] Hostettler, S., & Kraft, E. (2023). FMH-Ärztestatistik 2022: Geringe Hausarztdichte und grosse Auslandabhängigkeit. Schweizerische Ärztezeitung, 104(12). https://www.fmh.ch/files/pdf29/1162604427-de-fmh-aerztestatistik-56.pdf

[2] SRF. (2023, Juli 31). Allgemeinmedizin: Deshalb gehen der Schweiz die Hausärztinnen und Hausärzte aus. Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). https://www.srf.ch/news/schweiz/allgemeinmedizin-deshalb-gehen-der-schweiz-die-hausaerztinnen-und-hausaerzte-aus

[3] Gesundheitsförderung Schweiz. (2016). Faktenblatt 15: Gesundheitsförderung im Alterhttps://gesundheitsfoerderung.ch/sites/default/files/migration/documents/Faktenblatt_015_GFCH_2016-06_-_Gesundheitsfoerderung_im_Alter.pdf


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