Von Katharina Michel und Prof. Dr. Alfred Angerer
Kostendruck, immer komplexer werdende Prozesse sowie der Fachkräftemangel sind nur einige Schlagwörter, welche in Diskussionen zum Zustand unseres Gesundheitswesens mittlerweile regelmässig auftauchen. Lösungen sind mehr denn je gefragt, um Mitarbeitende in allen Institutionen der Gesundheitsbranche zu entlasten, Prozesse zu verbessern und allen voran eine menschenzentrierte Behandlung und Pflege zu ermöglichen. Prozessoptimierung und Bewohnerzentrierung – da sind die Begriffe des Lean Management und Kaizen nicht weit.
Lean und Kaizen haben das Schweizer Gesundheitswesen vor einiger Zeit erreicht, v. a. im akutsomatischen Bereich. Wie sieht es aber in unseren Langzeitinstitutionen aus? «Lean in der Langzeitpflege – Wo bleiben die Schweizer Leuchttürme?» So lautete der Titel eines Artikels, der im Herbst 2020 in der Fachzeitschrift in Heime & Spitäler erschien. Ein Forschungsteam des WIG untersuchte damals die Anwendbarkeit von Lean und Kaizen in der Langzeitpflege. Das Fazit: Ja, Lean und Kaizen haben definitiv auch in diesem Bereich des Gesundheitswesens Potenzial. Doch es kommt auf ein smartes Umsetzen an.
Kaizen – Das Warum, Wie und Was
Die Umsetzung von Lean und Kaizen in die Praxis hat sich in Zürich das städtische Gesundheitszentrum für das Alter Käferberg auf die Fahne geschrieben. Ziel war es, die Qualität und Effizienz der Prozesse weiter zu erhöhen. In diesem Rahmen wurde das Projekt Lean & Kaizen@Käferberg unter wissenschaftlicher Begleitung des WIG-Teams initiiert. Dazu wurde zunächst im Frühjahr 2022 ein Workshop mit den Führungskräften durchgeführt, wo sie das «Warum» (Ziel der Philosophien), das «Wie» (der Weg der Optimierung) und das «Was» (die konkreten Werkzeuge) kennenlernten. Zwei Pilotabteilungen mit den Fokussen «Lean@Langzeit» und «Lean@Admin» wurden im Anschluss im zweiten Halbjahr 2022 dabei unterstützt, sich selbst zu optimieren. Dazu führten die Mitarbeitenden des interdisziplinär zusammengesetzten Kernteams mit Unterstützung des WIG-Teams Gemba Walks, um Verschwendungen (Mudas) zu erkennen, und Prozess-Visualisierungs-Workshops durch, um eine realistische Ist-Aufnahme der aktuellen Prozesse und Herausforderungen zu machen.
Lösungsideen aus Aktivitäten, welche sich schnell und niederschwellig umsetzen lassen – sog. Quick Wins resp. rasche Erfolge – wurden umgehend angepackt. Dazu gehört z. B. die Installation von fixen Bildschirmen in Sitzungsräumen, um den administrativen und organisatorischen Aufwand der mobilen Laptop-Ausleihe zu reduzieren und das unkomplizierte digitale Arbeiten in den Sitzungszimmern zu ermöglichen. In Kaizen-Workshops erarbeiteten die Pilotabteilungen Lösungsideen und Massnahmen für ihre Bereiche und führten das Kaizen Board auf der Abteilung ein. Die pilotierende Pflegestation erarbeitete z. B. aus den Lösungsideen am Kaizen-Workshop ein «Ämtliboard» für die übersichtliche Zuteilung der Ämtlis im Team.
Kaizen = Verbesserung in kleinen Schritten
Aktuell trainieren und vertiefen die Mitarbeitenden des Kernteams im Sinne «Train the Trainer» die konkreten Kaizen-Werkzeuge. So kann sichergestellt werden, dass nach Abschluss der Pilotierungsphase die weitere Umsetzung auf allen Abteilungen und in allen Bereichen im Käferberg schrittweise begleitet werden kann und sich Lean & Kaizen @Käferberg nachhaltig im Betrieb verankert. Denn bereits Konfuzius wusste: «Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es können.»
Literaturhinweise
- Die Prinzipien hinter Lean und Kaizen sind auf unserer Wissensplattform leanhealth.ch zu finden
- Eine Einführung für Einsteiger in die Welt von Lean und Kaizen kann im Podcast «Marktplatz Gesundheitswesen» in der 28. Folge gehört werden
Katharina Michel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fachstelle Management im Gesundheitswesen am WIG.
Prof. Dr. Alfred Angerer ist Leiter der Fachstelle Management im Gesundheitswesen am WIG.