Führt Corona zu steigenden oder sinkenden Gesundheitskosten? Zu dieser Frage, die uns schon letztes Jahr beschäftigt hat, liegen nun Zahlen des Monitoring der Krankenversicherungs-Kostenentwicklung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) für das ganze Jahr 2020 vor: Die Kosten in der obligatorischen Krankenversicherung haben wegen Corona praktisch stagniert. So lag die Zunahme gegenüber dem Vorjahr doch bei nur 0.4% und damit deutlich unter dem durchschnittlichen Wachstum von 2.6% in den letzten zehn Jahren. Noch 2019 hatte das Wachstum 4.0% betragen.
Die Grafik oben zeigt, dass die stagnierenden Kosten auf den Kostenrückgang im zweiten und dritten Quartal 2020 zurückzuführen sind. Wie unser Covid-19 Social Monitor zeigt, ist dieser Rückgang nicht nur auf das bundesrätliche Verbot nicht-zwingender Behandlungen zwischen Mitte März und Ende April 2020 zurückzuführen. Die Angst, sich anzustecken, hat viele Menschen davon abgehalten, sich im Spital, bei Ärztinnen oder Physiotherapeutinnen behandeln zu lassen.
Einige Gruppen von Anbietern von Gesundheitsleistungen wurden besonders stark getroffen. So haben die stationären Spitalbehandlungen über das ganze letzte Jahr um 1.4% gegenüber dem Vorjahr abgenommen. Die Daten zeigen also keinen Aufholeffekt, durch den die im Frühjahr aufgeschobenen Behandlungen über den Sommer und Herbst nachgeholt wurden.
Die niedergelassenen Ärztinnen und Physiotherapeutinnen hatten 2020 ebenfalls sinkende Umsätze. Sie waren während des Frühlingslockdowns besonders stark betroffen, wobei die Inanspruchnahme von physiotherapeutischen Leistungen fast um ein Viertel zurückging.
Nur wenige Gruppen von Anbietern konnten ihre Umsätze steigern. Angesichts der vielen Tests erstaunt es nicht, dass gerade die Laboratorien um 5% zulegen konnten. Und dies, obwohl auch sie im Frühlingslockdown einen Umsatzrückgang hatten.
Corona hat also bisher, trotz schweren Folgen für die Gesundheit und Gesellschaft, zu keinem Anstieg der Gesundheitskosten geführt, sondern im Gegenteil deren Wachstum gebremst. Das kann uns als Prämienzahlerinnen freuen. Dabei ist aber unklar, ob der Leistungsverzicht die Gesundheit von Personen mit gesundheitlichen Problemen nachhaltig beeinträchtigt hat. Ausserdem zeigen diese Zahlen nur einen Teil der Corona-bedingten Gesundheitskosten. So fehlen hier die Kosten der Impfungen und Tests, die von Bund und Kantonen übernommen werden, und die Kosten für die Behandlung der Covid-Langzeitfolgen bei einer möglicherweise grossen Zahl von Patientinnen.
Das sind einige der wichtigen und spannenden Fragen, mit denen wir uns in den nächsten Jahren sicher beschäftigen werden.
Simon Wieser ist Institutsleiter am Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie.