Von Matthias Maurer
Es bleibt kompliziert! In einem früheren Blog habe ich ungeduldig das Fehlen der lange angekündigten schweizweiten Betriebsvergleiche der Spitäler moniert. Seit September 2020 liegt der schweizweite Vergleich der schweregradbereinigten Fallkosten nun erstmalig vor. Aktuell wird kontrovers diskutiert, ob das darauf aufbauende Benchmarking gemäss der Grösse der Spitäler gewichtet (z.B. nach Anzahl Fällen oder Case Mix) oder ungewichtet vorgenommen werden soll.
Wann und in welcher Form ist eine Gewichtung im Rahmen des Spital-Benchmarkings sinnvoll? Diese Frage haben wir im Auftrag der Einkaufsgemeinschaft HSK in einer Studie zu beantworten versucht. Die Relevanz dieser eher technischen Fragestellung ist offensichtlich – dient das Benchmarking der Spitäler doch dazu, den Preis der Spitalleistung (Base Rate) zu bestimmen.
Was versteht man unter Gewichtung?
Im Allgemeinen soll eine Gewichtung die Repräsentativität einer Stichprobe erhöhen und so korrekte Aussagen über die Grundgesamtheit der Stichprobe ermöglichen. Mit anderen Worten «heilt» die Gewichtung mögliche Verzerrungen, welche aus dem Stichprobendesign oder dem Antwortverhalten befragter Einheiten resultieren.
Was soll durch eine Gewichtung korrigiert werden?
Das Benchmarking ist auf unverzerrte schweregradbereinigte Fallkosten angewiesen. Leider ist dies jedoch nicht der Fall. Die Gründe sind unter anderem bei systematischen Fehlern in den DRG-Kostengewichten sowie patienten- und leistungsbezogenen Unterschieden zwischen Spitälern zu suchen, die zu unterschiedlichen Kostenstrukturen führen. Vor diesem Hintergrund wird darüber diskutiert, ob eine Gewichtung gemäss der Grösse der Spitäler vorgenommen werden kann, welche diese Verzerrungen in den schweregradbereinigten Fallkosten auszugleichen vermag.
Kann die Gewichtung die Verzerrungen in den schweregradbereinigten Fallkosten korrigieren?
Theoretisch könnte eine perfekte Gewichtung die gerechtfertigten Kostenunterschiede korrigieren und ein korrekter Benchmarkwert könnte daraus abgeleitet werden. In der Praxis führt eine vereinfachte Gewichtung mittels Case Mix oder der Anzahl Fälle pro Spital (d.h. die Grösse des Spitals) nicht zum Ziel. Gemäss empirischen Studien vermögen diese die Unterschiede in den schweregradbereinigten Fallkosten gar nicht oder nur teilweise zu erklären. Aufgrund der methodischen Schwierigkeiten besteht gar das Risiko einer Verschlimmerung der Verzerrung bei Anwendung «falscher» Gewichte.
Fazit
Die Gewichtung nach der Grösse des Spitals im Rahmen des Spital-Benchmarkings ist nicht zweckmässig. Auch der Bundesrat scheint dieser Ansicht zu sein. Er hat in der geplanten Änderung der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) einen neuen Art. 59cbis Abs. 1b in die Vernehmlassung gegeben. Dort soll der vorgeschlagene Benchmarkwert «gemessen an der Anzahl Leistungserbringer» ermittelt werden – mit anderen Worten findet keine Gewichtung der schweregradbereinigten Fallkosten der einzelnen Spitäler nach deren Grösse statt.
Matthias Maurer ist stellvertretender Institutsleiter am WIG.