Keine Frage, die Ausgaben für Gesundheit wiegen schwer in den Budgets der Haushalte. Aber wie gross ist diese Last? Und wie stark hat sie in den letzten Jahren zugenommen?
Hier meine Antworten in drei Grafiken mit einigen Überraschungen:
Wie hoch sind die Gesundheitsausgaben?
Heute geben wir über 10’000 Franken pro Jahr und Kopf für Gesundheit aus. Die letzten offiziellen Zahlen liegen zwar erst für 2017 vor. Aber wenn wir die 9’794 Franken von 2017 mit dem bisherigen Wachstum fortschreiben, liegen wir heute schon gut über 10’000 Franken (Grafik 1).
Wie stark sind die Gesundheitsausgaben in den letzten Jahren gestiegen?
Seit 1996 sind die Gesundheitsausgaben pro Kopf um 76% gestiegen (Grafik 1), während die Einkommen pro Kopf um 25% gestiegen sind (Grafik 2). Das sind jeweils die preisbereinigten Zahlen. Konkret heisst das, dass wir heute – im Durchschnitt – ein Viertel mehr schöne Dinge kaufen können als vor 20 Jahren, gleichzeitig aber – im Durchschnitt – drei Viertel mehr Gesundheitsleistungen bekommen als vor 20 Jahren. Das sind beides eindrückliche Mengen!
Verdrängen die steigenden Gesundheitsausgaben die sonstigen Ausgaben?
Dazu Grafik 3. Sie zeigt, um wie viel das Einkommen und die Gesundheitsausgaben in den drei 7-Jahres-Perioden zwischen 1996 und 2017 preisbereinigt zugenommen haben.
Die Höhe der Säulen zeigt die jeweilige Einkommenszunahme. Zwischen 2003 und 2010 nahm das Einkommen mit 8’000 Franken deutlich zu, zwischen 2010 und 2017 mit 3’000 Franken vergleichsweise wenig.
Die farbigen Schichten in Grafik 3 zeigen die Zunahme der Gesundheitsausgaben. Dabei fallen drei Dinge auf:
- Die Zunahme der Gesundheitsausgaben ist sehr konstant und hat sich zwischen 2010 und 2017 noch verstärkt.
- Nur etwa ein Drittel dieser Zunahme wird über die obligatorische Krankenversicherung finanziert (orange Fläche). Der Rest wird direkt von den Patienten oder der öffentlichen Hand bezahlt (gelbe Fläche). Da ist es doch erstaunlich, dass sich die politische Diskussion allein um die obligatorische Krankenversicherung dreht!
- Die Gesundheitsausgaben verdrängen den übrigen Konsum noch nicht – aber fast.Die Einkommenszunahme zwischen 2010 und 2017 wurde zu über der Hälfte für zusätzliche Gesundheitsausgaben verwendet!
Mein Fazit:
Bei schwachem Wirtschaftswachstum und starkem Wachstum der Gesundheitsausgaben wird es langsam eng. Immer weniger vom zusätzlichen Einkommen bleibt für andere Ausgaben.
Ausserdem sollten wir bei der Diskussion zur Eindämmung der steigenden Gesundheitsausgaben nicht allein auf die obligatorische Krankenversicherung schauen. Sonst wird die Last nur auf andere Schultern verschoben
Zu den Daten: Die Zahlen zu den Gesundheitsausgaben, zur Bevölkerung und zum Bruttoinlandprodukt sind vom Bundesamt für Statistik (BFS). Für die Preisbereinigung des Bruttoinlandprodukts haben wir den Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) des BFS verwendet und für die Preisbereinigung der Gesundheitsausgaben den LIK-Index für Gesundheitspflege.
Prof. Dr. Simon Wieser ist Institutsleiter am WIG.