Von Esther Furrer
Studierende im Weiterbildungs-Masterstudiengang des Winterthurer Instituts für Gesundheitsökonomie profitieren von der Möglichkeit, eine Problemstellung ihres Interessengebiets zu bearbeiten. Sie wählen eine wissenschaftlich relevante Thematik oder bearbeiten ein praktisches und im Berufsalltag eminent wichtiges Anliegen – sozusagen «zwei Fliegen auf einen Schlag». Wie nutzt man diese Chance richtig? Welches sind die wichtigsten Überlegungen zur Formulierung der Problemstellung, zur Methodenwahl und zum Transfer in die Praxis?
Die Fragestellung ist das A und O
Im beruflichen Umfeld gibt es meistens ein ungelöstes Problem oder ein interessantes Thema, das im beruflichen Kontext noch nicht (genügend) wissenschaftlich untersucht wurde. Die Forschungsfrage kann deshalb so gestellt werden, dass sie für die Erarbeitung einer Masterarbeit taugt und für das berufliche Umfeld oder für den Arbeitgeber einen möglichst grossen Gewinn abwirft.
Die Dozierenden sind sich einig: Die Fragestellung muss hohe Relevanz haben und möglichst zukunftsgerichtet formuliert sein. Es braucht sinnvolle Eingrenzungen und klar formulierte spezifische Unterfragen. Diese zerlegen insbesondere komplexe Themengebiete und machen sie so bearbeitbar. Ob auch Hypothesen im Einzelfall dienlich sind, ist den Verfassenden überlassen. Sicherlich kann damit eine gewisse Spannung erzeugt werden.
Zentral ist, dass die Forschungslücke sofort ersichtlich wird: Was wird weshalb untersucht? Die Zielerreichung der Arbeit wird bereits mit der Fragestellung vorbereitet.
Wie viel Methode braucht es?
Als Methoden können Business Tools und Analysekonzepte dienen oder wissenschaftlich anerkannte Evaluationsmethoden angewendet werden. Gleich welcher Art, sie müssen für die Untersuchung der Fragestellung bestens geeignet sein und müssen zwingend die Beantwortung der Forschungsfrage direkt unterstützen. Autorinnen und Autoren nehmen sich Zeit für die Suche der adäquaten Methoden. Es ist essentiell, dass die Lesenden die Berechnungen sowie die Validität der Ergebnisse nachvollziehen können. Unterstützend dazu liefern präzise Begründungen zur Methodenwahl und Ausführungen über die Art und Funktionsweise der Methode absolut entscheidende Begleitinformationen. Es lohnt sich, konzeptionelle Überlegungen z.B. zur Datenlage, zur Stichprobe oder über das Synthesetool zu teilen. Die Chance, aus echten Daten zu Unternehmensprozessen wissenschaftlich fundierte Berechnungen anzustellen, ermöglicht es über „Halbwissen“ hinauszuwachsen und Vermutungen bzw. „Hörensagen“ hinter sich zu lassen.
Praxisorientiert und theoretisch fundiert oder anders herum?
Ob am Anfang eine interessante Methode steht, die auf Anwendungstauglichkeit im Praxisalltag geprüft wird, oder ob für eine herausfordernde Situation in der Praxis mit wissenschaftlichen Methoden eine Lösung gefunden werden soll, sozusagen „ob Huhn oder Ei“ Auslöser ist, ist unwesentlich. In jedem Fall will eine aktuelle Problemstellung bzw. interessante Datenlage differenziert untersucht und diskutiert werden. Dazu braucht es eine intensive und möglichst neuartige Auseinandersetzung mit der Literatur oder eine innovative Lösung! Neben nationalen Quellen helfen auch internationale Studien, generalisierende oder auch speziell für die Praxissituation gültige Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Es muss gelingen, basierend auf der soliden (Literatur-)recherche, sowohl mögliche Limitationen für das eigene Problem zu identifizieren als auch verwertbare Anwendungsergebnisse aufzuzeigen. Ergebnisse und Schlussfolgerungen bedürfen trotz geforderter Praktikabilität einer klaren wissenschaftlichen Grundlage: Nur was erwiesen ist, soll zur ökonomischen Prüfung und Empfehlung zugelassen werden.
Wann ist das Ziel erreicht?
Wenn alle vorangegangen Empfehlungen gewissenhaft befolgt worden sind, lässt sich die Fragestellung neuartig und wertschöpfend vertieft beantworten. Lesende bzw. Auftraggebende werden sich über die wertvollen Ergebnisse freuen. Gleichzeitig muss „die Story verheben“: Können Lesende nachvollziehen, wieso die Arbeit geschrieben wurde, wie man dabei vorgegangen ist und welche Resultate konkret erzielt wurden? Ist eindeutig ersichtlich, welche Lösungen für das konkrete Problem in der Praxis gefunden wurden, die auch für ähnliche Kontexte Gültigkeit haben (könnten)?
Und dies zum Schluss
Die Erfahrung mit Masterarbeiten zeigt, dass die Studierenden dieses Projekt sehr motiviert in Angriff nehmen. Sie freuen sich, eine wissenschaftlich gestützte Lösung entwickeln und anbieten zu können. Die Rückmeldungen von Auftraggebenden zeigen, dass die investierte Zeit sowie die Denk- und Fleissarbeit im Praxisumfeld gewürdigt werden. Zudem bringen nicht nur die zahlreichen Stunden im Unterricht, sondern genau diese vertiefte Auseinandersetzung mit einer Problemstellung die Studierenden in ihrem beruflichen Fortkommen weiter. Sie leisten, aufbauend auf einer reichen beruflichen Erfahrung, einen wissenschaftlichen Beitrag, und verschaffen sich und ihren Anliegen Gehör.
Esther Furrer, ist Studienleitung MAS am WIG.