Von Matthias Maurer
Das Parlament hat erneut eine Debatte über Sinn sowie Legalität der Verknüpfung der Unternehmenssteuerreform mit einer zusätzlichen AHV-Finanzierung geführt. Während die Verknüpfung für die einen – aufgrund der Wichtigkeit und Dringlichkeit – einen notwendigen Kompromiss darstellt, verurteilen die anderen diese als demokratieschädigenden «Kuhhandel».
Im Gesundheitswesen bahnt sich eine ähnliche Verknüpfung von zwei Themen an: Als Gegenleistung für die Unterstützung der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (auch bekannt unter dem Begriff ‘Monismus’) stellen die Kantone die Forderung, neben dem stationären neu auch den ambulanten Leistungsbereich steuern zu können (‘Zulassungssteuerung’).
Was ist von dieser politischen Verknüpfung der beiden Themen zu halten?
Was beinhaltet der Monismus?
Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht vor, dass sowohl die ambulanten als auch die stationären Leistungen zu 100% von den Krankenversicherern vergütet werden. Zudem sollen die Kantone neben den stationären Leistungen neu auch die ambulanten Leistungen mitfinanzieren. Konkret sollen sie für alle medizinischen Leistungen einen landesweit einheitlichen minimalen Anteil von 25.5% übernehmen.
Pünktlich zum Ende der Vernehmlassungsfrist haben sich die Kantone medienwirksam zum vorliegenden Gesetzesentwurf ablehnend geäussert. Sie befürchten insbesondere, zukünftig mehr bezahlen zu müssen, da die Kosten im ambulanten Bereich stärker wachsen als im stationären Bereich. Zudem bestehen unterschiedliche Meinungen darüber, ob der Monismus die Gesundheitskosten überhaupt beeinflussen kann. Für die Kantone ist die Überarbeitung der Tarifstrukturen vordringlicher. Die übrigen Akteure (Krankenversicherer, Ärzteverband FMH, Spitalverband H+) sehen den Monismus hingegen als notwendige Grundlage für die nachfolgenden tarifären oder anderweitigen Massnahmen zur Beeinflussung der Gesundheitskosten.
Was beinhaltet die Zulassungssteuerung?
Diese Gesetzesänderung sieht unter anderem vor, dass die Kantone Höchstzahlen pro Fachgebiet und geografischer Region für ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte bestimmen können, die zu Lasten der OKP abrechnen dürfen. Diese Regelung ist als dauerhafter Ersatz des unpopulären (aber in vielen Augen notwendigen) «Zulassungsstopps» gedacht.
Manche Kantonsvertreter sagen hinter vorgehaltener Hand, dass sie diese Möglichkeit der Steuerung aufgrund der Komplexität überfordern würde und sie froh wären, die Zulassung nach Fachgebiet und Region nicht steuern zu müssen. Warum äussert sich die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) dennoch zustimmend zur Zulassungssteuerung?
Pro und Kontra Verknüpfung
Klar ist: Indem die Kantone die beiden Anliegen verknüpfen, wird die Forderung nach einem kantonalen Steuerungsinstrument im ambulanten Sektor ein Mittel, um die Einführung des Monismus zu verhindern oder zumindest zu verzögern.
Für die Verknüpfung spricht: Die Kantone sind für die Spitalplanung verantwortlich. Sie finanzieren diesen Sektor jährlich mit, mit mehr als 6 Mrd. CHF. In analoger Logik ist die Mitfinanzierung des ambulanten Sektors nur mit einer Zulassungssteuerung zu haben – ganz nach dem Motto: «Wer zahlt, befiehlt».
Gegen die Verknüpfung spricht: Finanzierung und Regulierung des Versorgungsangebots sind aus Governance-Überlegungen sachlich nicht verknüpft. Bei der Finanzierung geht es darum, ob eine öffentliche Aufgabe über Steuern, Prämien oder aus dem eigenen Sack bezahlt wird. Bei der Regulierung des Versorgungsangebots dagegen stehen andere Überlegungen im Vordergrund: Soll die Auswahl der Leistungserbringer mittels Wettbewerb erfolgen, oder soll die Zulassung zur Tätigkeit in der OKP von jemandem gesteuert werden?
Aus verhandlungstaktischen Gründen ist es verständlich, dass die Kantone die für sie wenig attraktive Vorlage zum Monismus mit der Forderung nach mehr Steuerungsmöglichkeiten verbinden. Für die Krankenversicherer ist der Monismus ein altes Anliegen, für das sie vermutlich auch bereit sein werden, die Kröte der Zulassungssteuerung zu schlucken. Da beide Anliegen letztlich dem übergeordneten Ziel der nachhaltigen Gewährleistung der Gesundheitsversorgung dienen, darf man meiner Meinung nach von einem politischen Kompromiss sprechen und muss nicht einen undemokratischen «Kuhhandel» befürchten.
Matthias Maurer ist stellvertretender Institutsleiter am WIG.