Von Esther Furrer
Die Chancen, in der Gesundheitsbranche Fuss fassen zu können, sind bei vielen Berufen und Vorbildungen intakt. Einrichtungen im Gesundheitswesen sollen lean, effizient und koordiniert aufgestellt sein. Trotzdem sollen sie medizinisch qualitativ hochstehend Leistungen erbringen. Dadurch haben Fach- und Führungskräfte aus nicht-medizinischen Wirtschaftsbereichen gute Eintrittschancen ins spannende Umfeld des Gesundheitswesens.
Seit vielen Jahren berate ich als Studienleitung für Weiterbildungen im Bereich Gesundheitsökonomie eine wachsende Anzahl von Interessierten, die die Annäherung ans Gesundheitswesens beabsichtigen. Sie tun dies, weil sie in soziale oder politische Funktionen avanciert sind und sich fortan mit Gesundheitsdossiers auseinandersetzen sollen. Oder sie sind schlicht persönlich hochmotiviert, in diese herausfordernde Branche überzutreten. Beide Gruppen wollen und müssen sich schnellstmöglich das nötige Rüstzeug beschaffen, um Gesundheitsfragen künftig evidenzbasiert beurteilen zu können.
Herausforderungen für erfahrene Fach- und Führungskräfte
An verantwortliche Personen im Gesundheitswesen werden hohe Anforderungen gestellt. In der Gesundheitsstrategie 2020 hat der Bundesrat wichtige Handlungsfelder für die Erbringung medizinischer Leistungen identifiziert. Dazu gehört die Forderung, betriebswirtschaftlich effizient beste medizinische Behandlungen zu produzieren. Gleichzeitig sollen Angebote volkswirtschaftlich koordiniert, ressourcenschonend und erschwinglich gestaltet werden. Dies kann auch für erfahrene Fach- und Führungskräfte im medizinischen Bereich eine herausfordernde Aufgabe sein. Aufgrund ihrer bisherigen Vorbildung kann es ihnen zuweilen schwerfallen, neben dem medizinischen Hauptauftrag betriebs- oder volkswirtschaftliche Nebenziele zu verfolgen, also Prozesse grundsätzlich wirtschaftlich zu gestalten und gezielt mit knapperen Ressourcen umzugehen. Gerade darin liegt eine riesige Chance für Quereinsteigende.
Chancen für erfahrene Quereinsteigende
Nicht-medizinische Berufspersonen sind mit messenden und wirtschaftlich-«analysierenden» Denkweisen vertraut. Und die Strategie des Bundesrates verlangt, Prozesse im medizinischen Umfeld zu überarbeiten und die Anwendung von Konzepten und Lösungsansätzen aus andern Wirtschafts-Bereichen zu transferieren. Deshalb haben veränderungswillige Managements von Gesundheitsinstitutionen drei Möglichkeiten. Sie können:
- punktuell anerkannte Beratende heranziehen, die viel betriebswirtschaftlich-ökonomisches Know-how mitbringen,
- die aktuellen, medizinisch gebildeten Mitarbeitenden gezielt fördern und sie stufengerecht mit ökonomischem Fachwissen und dessen Praxisanwendungen vertraut machen,
- den Kreis der Mitarbeitenden ergänzen, mit versierten, branchenfremden Fachkräften aus industriellen, wirtschaftsorientierten, technischen Bereichen und auf diese Weise wichtiges Wissen und Erfahrungen beschaffen.
Potentialbeurteilung
Allein ist keine der genannten Lösungen zielführend und geeignet, die grossen Herausforderungen im Gesundheitswesen zu bewältigen. Es braucht die Kombination verschiedener Lösungsansätze. Nicht nur dies, es braucht ebenso die Förderung des gegenseitigen Verständnisses und einer gemeinsamen Sprache. Der Zusammenarbeit von Mitarbeitenden mit verschiedenen Bildungsbackgrounds in interdisziplinären Teams gehört die Zukunft. Speziell im Gesundheitswesen bieten sich somit zunehmend Chancen für Quereinsteigende. Sie bringen nach langjähriger Berufsausübung in fremden Branchen enorm wichtige Erfahrungen und Kompetenzen mit. Solche Kenntnisse und angewandtes Wissen müssen jedoch für den Gesundheitsbereich mobilisiert und marktfähig gemacht werden.
Voraussetzungen schaffen
Einstiegswillige erkennen meist selber oder nach einer Laufbahnberatung sehr schnell, dass erst eine Zusatzausbildung die passenden Voraussetzungen schafft, um den Herausforderungen der Gesundheitsbranche gewachsen zu sein. Denn oft sind für höhere Positionen Doppel-Qualifikationen gefragt, ökonomische und medizinische.
Der Schritt zurück zu einer Basisausbildung an Hochschulen oder Universitäten ist normalerweise aufgrund der familiären und finanziellen Situation keine Option. Eine berufsbegleitende Weiterbildung mit CAS oder MAS in Managed Health Care hingegen kann den Übertritt unterstützen oder erst ermöglichen. Denn Quereinsteigende können in der Regel nicht gleich am Anfang von on-the-job-Förder- und Ausbildungsprogrammen für Mitarbeitende profitieren. Sie müssen also erweiterte Qualifikationen bereits mitbringen.
Das geschützte Unterrichts-Umfeld ist ideal, um erste Schritte in der neuen Branche anzugehen, Konzepte zu erarbeiten und Praxisanwendungen zu üben und damit schliesslich das Selbstvertrauen der Neueinsteigenden zu stärken.
Esther Furrer, ist Studienleitung MAS am WIG