Von Fabio Knöfler
Morbidität, Mortalität, beobachtbare Symptome – solche typischen Indikatoren für die klinische Wirksamkeit sind für die Forschung unerlässlich und für die Patienten zweifellos wichtig. Sie sagen aber nicht viel über das subjektive Erleben der Betroffenen oder die Auswirkungen von Behandlungen auf den Alltag aus. Gerade in der Versorgungsforschung gewinnt die Anwendung sogenannter „Patient Reported Outcomes“ (PROs) deshalb zunehmend an Bedeutung. Zu recht.
Ein Blick durch die Patientenbrille
PROs sind eine einzigartige Möglichkeit, die Auswirkungen einer Behandlung oder Intervention auf das Leben der Patienten aus deren Perspektive zu erfassen. Denn bei PROs handelt es sich um Messgrössen, welche auf Selbsteinschätzungen der Patienten beruhen. Diese Einschätzungen erfolgen ohne Einflussnahme Aussenstehender und bilden unterschiedliche Krankheitsaspekte – wie bestimmte globale und krankheitsspezifische Symptome oder etwa die Lebensqualität – ab. PROs eignen sich für die Forschung deshalb besonders gut, weil sie das messen, was für die Patienten im Alltag wirklich wichtig ist und für sie einen realen Nutzen stiftet.
Patientenzentrierte Forschung als Grundstein für eine patientenzentrierte Versorgung
Eine Forschung, die sich vermehrt auf den realen Nutzen für die Patienten konzentriert, dürfte zukünftig auch zu einer stärker auf die Patienten ausgerichteten Gesundheitsversorgung führen. Können PROs in der Forschung also als Wegbereiter für eine patientenzentrierte Versorgung dienen? Ein Blick ins Ausland zeigt: yes, they can! So wurden beispielsweise in Deutschland sogar neue Chemotherapie-Richtlinien eingeführt, weil in Studien mittels PROs gezeigt werden konnte, dass sie bei gleicher Wirkung die Lebensqualität der Betroffen weniger stark einschränken.
Mehraufwand oder Hilfsmittel?
Was in Studien auch gezeigt werden konnte: für die Patienten ist es frustrierend, Angaben zur eigenen Gesundheit zu machen und diese Angaben nicht mit der behandelnden Fachperson besprechen zu können – das gilt auch für die Anwendung von PROs im Rahmen von Studien. Für die Gesundheitsfachpersonen wiederum bedeuten solche Patientengespräche aber zuerst einmal einen Mehraufwand in einem oft sonst schon anstrengenden Arbeitsalltag. Werden die entsprechenden Fragebögen aber erst einmal angewendet, überwiegen auch für die Gesundheitsfachpersonen die Vorteile. So können die Fragebögen unter anderem dabei helfen, die Kommunikation zwischen Fachperson und Patient zu verbessern und bislang unentdeckte Probleme früher oder überhaupt erst zu erkennen. Somit können PROs zu einer Steigerung der Behandlungsqualität beitragen.
Den Mehrwert aufzeigen
Sehen die Patienten in den PRO-Messungen also einen Sinn und die „Health Professionals“ darin einen Mehrwert, erleichtert dies einen erfolgreichen Einsatz in der Forschung erheblich. Die Herausforderung für Forschende wird es somit sein, den Gesundheitsfachpersonen die Vorteile von PRO-Messungen für den Praxisalltag aufzuzeigen und diese in bestehende Strukturen zu integrieren. Der Einsatz von PROs in der Forschung aber lohnt sich allemal – für alle Beteiligten. Für die Forschenden, weil es Einblicke in das Patientenerleben erlaubt und somit zu solideren Forschungsergebnissen führt. Und für die Patienten und die „Health Professionals“, weil schlussendlich die Qualität der Versorgung gesteigert werden kann.
Fabio Knöfler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachstelle Versorgungsforschung am WIG.