Immer älter, länger alt oder länger jung?

Von Dr. Marco Riguzzi und Marion Schmidt

Im Gesundheitswesen ist die Altersentwicklung sowohl Mitursache einer ansteigenden Nachfrage nach Gesundheitsleistungen, als auch selbst das Resultat (zumindest teilweise) der Entwicklung medizinischer Leistungen. Verlässliche, quantitative Prognosen sind daher von hohem Interesse, insbesondere bei der Planung bzw. Eindämmung zukünftiger Gesundheitskosten.

Anteil Überlebende nach Alter und Geburtsjahrgang (Frauen, Schweiz, Prognose ab 2014)

Diese durch das WIG erstellte Grafik nutzt die Prognosen einer Studie des Bundesamtes für Statistik (BFS), welche spezifisch für die Schweiz durchgeführt wurde. Die Grafik hebt die sogenannte Rektangulierung der Altersentwicklung hervor. Der Anteil der überlebenden Menschen als Funktion deren Alters zeigt eine immer stärkere Krümmung, je später der Geburtsjahrgang ist. Vom Jahrgang 1932 beispielsweise starben bereits in den ersten 50 Jahren 20%, während vom Jahrgang 2013 geschätzte 98% jenes Alter erreichen werden. Im hohen Alter fällt der Anteil Überlebende später, dafür umso steiler ab. Fazit: Das Höchstalter steigt an, während ein immer grösserer Teil der Menschen immer näher an dieses Alter gelangt.

Die Studie des BFS wertet Mortalitätsdaten der Schweiz aus den vergangenen 100 Jahren aus. Eine Dekomposition des jährlichen Sterberisikos in die Geburtsmortalität, ein allgemeines Sterberisiko (v.a. Unfälle), sowie das altersbedingt ansteigende Risiko, dient dazu, einen langfristigen Trend in die Zukunft zu extrapolieren. Die Studie und die tabellarischen Resultate sind online abrufbar.

„Mehr als die Hälfte der heute in Industrieländern geborenen Kinder dürften älter als 105 Jahre alt werden.“ So zitiert die Neue Zürcher Zeitung (Artikel vom 29.06.2017) die etwas optimistischere Prognose der renommierten Demografie-Forscher Gratton und Scott in deren jüngstem Buch The 100-Year Life. Darin werden Chancen und Gefahren der Altersentwicklung durchleuchtet und Entscheidungshilfen auf individueller und politischer Ebene geboten. Dabei vertreten die Autoren dezidiert, dass der Mensch „immer länger jung“ sei und „nicht immer älter“ würde. Populäre Begriffe wie „Überalterung“ vermeiden sie.

Dr. Marco Riguzzi und Marion Schmidt sind wissenschaftliche Mitarbeiter der Fachstelle Gesundheitsökonomische Forschung am WIG.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert