Von Fabio Knöfler
Die Gesundheitsberufe sind im Wandel – die klassischen Rollenverteilungen im Gesundheitswesen stehen zur Diskussion und neue Berufsbilder entstehen. So kommen im klinischen Alltag etwa vermehrt „klinische Fachspezialisten“ – auch „Physician Assistants“ oder „Clinical Nurses“ genannt – zum Einsatz. Doch was beinhaltet diese neue Funktion, wie werden die klinischen Fachspezialisten eingesetzt und was sind die ersten Erfahrungen in der Praxis?
In der Funktion als klinische Fachspezialisten übernehmen erfahrene Pflegefachpersonen mit erweiterten Kompetenzen delegiert „klassische“ ärztliche Aufgaben. So leiten sie beispielsweise die Sprechstunden, verfassen Austrittsberichte, führen auf der Station die Visiten durch oder verordnen sogar Medikamente. Diese Pflegefachpersonen sind meist auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisiert und werden „on-the-job“ in diese Funktion eingeführt und weitergebildet. Seit Kurzem besteht an der ZHAW zudem die Möglichkeit, zur Vorbereitung auf diese Funktion ein entsprechendes CAS Klinische Fachspezialistin / Klinischer Fachspezialist zu absolvieren. In der Schweiz ist diese Rolle noch am Entstehen und nicht abschließend geklärt, sodass sich die Aufgabenfelder der klinischen Fachspezialisten von Institution zu Institution noch unterscheiden können.
Der Einsatz von klinischen Fachspezialisten wird dabei sowohl von der Ärzteschaft als auch von der Pflege durchaus positiv gewertet. Dies äußerten übereinstimmend die Fachpersonen, die im September im Rahmen eines Symposiums über die verschiedenen Arbeitsfelder sowie über die ersten Praxiserfahrungen berichteten. Gerade die sich in Ausbildung befindenden Assistenzärzte werden durch die neue Funktion entlastet und können sich dadurch vermehrt auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Für die Pflegefachpersonen hingegen eröffnen sich neue Aufgabenfelder und sie erhalten die Möglichkeit, mehr Verantwortung zu übernehmen. Auch die Patienten scheinen die Pflegefachpersonen in dieser neuen Rolle zu akzeptieren und die kontinuierliche Betreuung sowie die hohe Verfügbarkeit der klinischen Fachspezialisten zu schätzen. Wie so vieles benötigt die Entwicklung dieser neuen Funktionen aber auch Zeit. Herausforderungen bei der Implementierung bestehen unter anderem in der Klärung der neuen Rollen, im Abgrenzen der Aufgabengebiete und im Aufbrechen alter Strukturen.
Pflegefachpersonen werden zukünftig wohl in unterschiedlichen Funktionen vermehrt ärztliche Tätigkeiten übernehmen. Gerade aufgrund neuer Ausbildungsmöglichkeiten und der zunehmenden Professionalisierung der Pflege besteht sicherlich ein Potential für neue Versorgungsmodelle, in denen den Pflegefachpersonen erweiterte Kompetenzen übertragen werden. Obwohl es Hinweise darauf gibt, dass solche Modelle wirksam und wirtschaftlich sein können, ist die wissenschaftliche Evidenz noch dünn. Neue Versorgungsmodelle sollten deshalb ausprobiert, aber auch hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Qualität und die Kosten der Gesundheitsversorgung evaluiert werden.
Fabio Knöfler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachstelle Versorgungsforschung am WIG.