Tabus rund um die Geburt

Fruchtbarkeitsprobleme, Fehlgeburt, Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Die Ausstellung «Baby im Kopf» erkundet die oft tabuisierten Seiten des Elternwerdens. Besucher:innen bietet sie ein interaktives Erlebnis rund um die individuellen Erfahrungen von Schwangerschaft, Geburt und Elternsein.

Aline Schefer und Deborah Steinemann

Die Phase vom Kinderwunsch bis zum Elternsein ist ein Abenteuer mit vielen Unbekannten. Die Wanderausstellung «Baby im Kopf», konzipiert an der Uni Lausanne, beleuchtet die Erfahrungen jenseits von idealisierten Vorstellungen: Gesellschaftliche Tabus wie Fehl- und Totgeburten, traumatische Geburtserlebnisse oder Fruchtbarkeitsprobleme werden genauso thematisiert wie die schönen Erlebnisse.

Die unterschiedlichen Aspekte haben Wissenschaftler:innen in enger Zusammenarbeit mit Fachleuten aus dem Bereich der perinatalen Gesundheit und Elternverbänden für ein breites Publikum aufbereitet. Die Besucher:innen werden durch interaktive Installationen, Studien und Erfahrungsberichte ermutigt, selbst über die Vielschichtigkeit des Elternwerdens nachzudenken und darüber, was dies für die Familienplanung bedeutet.

Wer in die Ausstellung eintaucht, merkt schnell: Die Natur des Elternwerdens ist äusserst individuell, die Herausforderungen sind vielfältig. Vom unerfüllten Kinderwunsch bis hin zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden die komplexen Entscheidungen und Hindernisse durch Erfahrungsberichte betroffener Personen fassbar gemacht. Daneben zeigt die Ausstellung auch das breite Spektrum von Familienmodellen auf, wie beispielsweise Regenbogenfamilien oder Alleinerziehende. Besucher:innen erfahren, dass Kinder in diesen Familienmodellen gemäss Studien genauso gesund und glücklich aufwachsen wie in traditionellen Familien. Wichtig für die Entwicklung eines Kindes ist vor allem die Beziehung zu den Eltern und deren Unterstützung.

Dass nicht immer alles so läuft, wie es sich werdende Eltern wünschen, veranschaulicht die Ausstellung am Beispiel von Frauen, die ein traumatisches Geburtserlebnis hatten. Paare werden oft unerwartet und in ihrem glücklichsten Moment damit konfrontiert und müssen mit dem Erlebten zurechtkommen. Eine klare Botschaft der Ausstellung: Betroffene sollten gehört und auf ihrem Weg unterstützt werden.

Die Besucher:innen werden ebenfalls eingeladen, sich mit dem Thema perinatale Trauer auseinanderzusetzen. Über Fehl- und Totgeburten wird meist nur im Stillen gesprochen, weil sie gesellschaftlich tabuisiert sind. Die Folge: Oft fehlt es an einer angemessenen Unterstützung für
die betroffenen Eltern, was zu einem zusätzlichen Gefühl des Alleinseins führen kann. Es ist deshalb wichtig, diese Realität gesellschaftlich anzuerkennen und die Stigmatisierung solcher Erfahrungen zu bekämpfen. Die Ausstellung schafft einen Raum, um über Verluste, Trauer und Heilung zu sprechen. Doch egal ob Tabu oder Glücksmoment: «Baby im Kopf» bietet eine einmalige Gelegenheit, die vielfältigen Erfahrungen rund um das Elternwerden zu erkunden und sich mit dem Thema spielerisch auseinanderzusetzen.

Vitamin G 16, S. 5


Ausstellung Baby im Kopf

Bis am 30. August 2024, Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr, ZHAW Departement Gesundheit, Katharina-Sulzer-Platz 9, 8400 Winterthur. Eintritt frei.

Zum Veranstaltungsprogramm


Magazin «Vitamin G – für Health Professionals mit Weitblick»


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