Von STEPHANIE VON ORELLI, Chefärztin an der Frauenklinik Triemli.
Die Anforderungen in der Geburtshilfe steigen. Von den 85 000 Geburten, welche die Schweiz jährlich verzeichnet, verlaufen nicht alle reibungslos. Auch während der Schwangerschaft und im Wochenbett können Komplikationen auftreten, etwa bei Frauen mit chronischen Krankheiten, mit psychischen Problemen oder bei Mehrlingen.
In solchen komplexen Betreuungssituationen sind Hebammen mit vertieftem klinischem Wissen und erweiterten Kompetenzen gefragt – Hebammen, wie sie das Studium zum Master of Science hervorbringt. Sie sind beispielsweise in der Lage, Diabetessprechstunden durchzuführen, traumatisierte Schwangere auf die Geburt vorzubereiten oder neue Betreuungspfade für Frauen mit Depression zu entwickeln. Sie leiten Fallbesprechungen und coachen Kolleginnen. Sie verfügen über Fach- und Forschungswissen, um die Gesundheitsleistungen auf die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu prüfen und Verfahren zur Qualitätssicherung zu entwickeln. Auch für die integrierte Versorgung – zentrales Anliegen der Politik – spielen Hebammen mit Masterabschluss eine wichtige Rolle. Sie können den Wissensaustausch und die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen den in die Geburtshilfe involvierten Berufsgruppen koordinieren. Internationale Studien belegen, dass hebammengeleitete Versorgungsmodelle Geburtsverlauf und -erleben nachhaltig verbessern: Es werden weniger wehenverstärkende Mittel benötigt, seltener Dammschnitte durchgeführt und die Stillrate fällt höher aus.
In England und Schweden hat das Masterstudium für Hebammen wesentlich zur Entwicklung von hebammengeleiteten interprofessionellen Versorgungsmodellen beigetragen, die nun lokale Gesundheitssysteme entlasten. Das ist auch in der Schweiz möglich. Deshalb ist es ein wichtiger und richtiger Schritt, dass im September der erste Master-of-Science-Studiengang für Hebammen in der Deutschschweiz startet. //
WEITERE INFORMATIONEN
Zum Masterstudiengang
- Informationen zum neuen Master-of-Science-Studiengang
- «Ein Master-Studiengang für Hebammen in der Schweiz: Ein Gewinn für Mütter, Familien und Hebammen», hebamme.ch
- «Hebammen- und Pflegeexpertinnen MSc vernetzen sich in der Praxis», hebamme.ch
Zur hebammengeleiteten Versorgung
- «Midwifery and quality care: findings from a new evidence-informed framework for maternal and newborn care», Lancet-Series on Midwifery
- «Improvement of maternal and newborn health through midwifery», Lancet-Series on Midwifery
- «Midwife-led continuity models of care compared with other models of care for women during pregnancy, birth and early parenting», Cochrane-Review