MEINUNG: DIE HEBAMMENGELEITETE GEBURT BEKOMMT AUFWIND

Von DR. SUSANNE GRYLKA, Stellvertretende Leiterin der Forschungsstelle Hebammenwissenschaft.

Seit einigen Jahren ist die hebammengeleitete Geburtshilfe in der Schweiz ein politisches und viel beachtetes Thema. Bei der Zürcher und der Berne Kantonsregierung wurden Postulate zu ihrer Förderung eingereicht, die sich auf neuste wissenschaftliche Erkenntnisse berufen. Für die Forschung ist schon lange klar: Geburten, die von Hebammen geleitet werden, sind sicher und die Mütter und ihre Kinder profitieren davon. In einer systematischen Übersichtsarbeit belegte die renommierte Hebammenforscherin Jane Sandall 2016, dass Frauen, die in solchen Modellen gebären, ein geringeres Risiko für Kindsverlust und Frühgeburt aufwiesen. Sie gebaren häufiger spontan und mit weniger Interventionen während der Geburt.

In der Schweiz wird oft zu viel und zu früh in den natürlichen Geburtsprozess eingegriffen. Eine physiologische, also natürliche Geburt braucht ihre Zeit, bringt jedoch viele kurz- und langfristige Vorteile für die mütterliche und kindliche Gesundheit. Dies wurde 2018 auch in einer viel beachteten Serie der hochrangigen Wissenschaftszeitschrift «The Lancet» diskutiert. Andere Studien zeigen, dass Hebammen, die Frauen in der Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt selbständig betreuen, zufriedener sind und dass die Frauen und die Gesundheitsfachpersonen dieser Form von Geburtshilfe positiv gegenüberstehen. Alles Gründe, solche Modelle zu unterstützen.

Untersuchungen aus unserer Forschungsgruppe zeigen jedoch, dass 2016 in den Zürcher Institutionen mit Geburtenabteilungen inklusive Geburtshäuser lediglich etwa vier Prozent der Frauen eine hebammengeleitete Geburt hatten. Immerhin: Aus der Praxis gibt es vermehrt Nachrichten, dass weitere Hebammen-Gebärzimmer eröffnet werden und die ausschliesslich von Hebammen betreuten Geburten zunehmen. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es gibt jedoch noch Luft nach oben. Spitäler und Politik sind gefordert, hebammengeleitete und damit physiologische Geburten weiter zu fördern. //

Vitamin G, Seite 5


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