Die Hochschullandschaft vor möglicher OER-Schubwelle?

Beitrag von Urban Lim

oer
Quelle: Colourbox Education

In Deutschland tritt per 1.1.2017 ein neuer Rahmenvertrag in Kraft, der die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Dokumenten für Lehre und Forschung neu regelt. Die Berichterstattungen dazu lassen aufhorchen, da – wider Erwarten aus Sicht der Verwertungsgesellschaft VG Wort – nicht alle Hochschulen diesem neuen Vertrag zustimmen möchten. Worum geht es im Detail?

Neue Regeln fürs Abrechnen von Urheberrechtsansprüchen

Zurzeit können Hochschulen urheberrechtlich geschützte Texte auf Online-Plattformen gemäss Paragraf 52a Urheberrechtsgesetz nutzen. Dafür bezahlen die Hochschulen eine Pauschalabgeltung. Ab 1.1.2017 soll diese Pauschalabgeltung wegfallen. Stattdessen soll jeder verwendete Text von den Dozierenden gemeldet und einzeln vergütet werden, was einen hohen Arbeitsaufwand verursacht (Details hier).

Nun reagieren Hochschulen, die dem Rahmenvertrag nicht zustimmen werden, mit verschiedenen Notwehr-Massnahmen (nicht abschliessend):

Was bedeutet das konkret?

Die beiden ersten Vorschläge irritieren zunächst. Während die Studiengänge an unserer Hochschule zunehmend auf Bring Your Own Device (BYOD) und das papierlose Studium setzen (s. Projektblog papierloses Studium), sollen Studierende in Deutschland Materialien online herunterladen und auf Papier ausdrucken? Wenig plausibel auch der zweite Vorschlag: Eine Lernplattform ohne Hochladefunktion? Der Protest seitens der Studierenden ist verständlich. Schliesslich sind sie die Leidtragenden.

Der dritte Vorschlag befeuert die Bestrebungen um Open Education Resources (OER). Empfehlungen für Hochschulen liegen vor, z. B. von SwissUniversities. Doch auch wenn in strategischen Leitlinien empfohlen wird, Materialien wo möglich als OER zu produzieren, liegen relativ wenig konkrete Ergebnisse vor. Dies hat in der Schweiz vermutlich damit zu tun, dass die Nutzung urheberrechtlich geschützter Materialien grundsätzlich und unter bestimmten Umständen für den Unterrichtsgebrauch in einer Klasse erlaubt ist (Urheberrechtsgesetz Artikel 19 Abs. 1, Erläuterungen zu Moodle finden Sie hier).

Wie weiter in der Schweiz?

Vielleicht braucht es für Wandel einen Auslöser – wie die Änderung eines Rahmenvertrags. Warum nicht aus einer Not eine Tugend machen? Wenn sich genügend Hochschulen weigern, dem neuen Rahmenvertrag beizutreten und ihre Ressourcen statt in die Abwicklung von Einzelentschädigungen in die Produktion von OER investieren, könnte die Schubwelle auch die schweizerische und österreichische Hochschullandschaft erreichen und neu befeuern. Zu hoffen bleibt einzig, dass die Schweiz in Bezug auf den Vergütungsmodus nicht dem Beispiel Deutschlands folgt…

Beitrag von Urban Lim


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