Kompetenzorientiert: INUAS-ExpertInnenworkshop Gesundheit in Wien

Beitrag von Lisa Messenzehl

Foto: Michaela Strauss, FH Campus Wien

Ist das Thema «Kompetenzorientierung in der Lehre» für eine hochschulübergreifende Tagung im Jahr 2017 eigentlich nicht etwas abgegriffen? Sollte beinahe zwanzig Jahre nach dem Start des Bologna-Prozesses und der vielbeschworenen «didaktischen Wende» nicht längst klar sein, wie kompetenzorientierte Lehre aussieht? Diese Fragen mögen sich manche vor Beginn des INUAS-ExpertInnenworkshops gestellt haben, welcher Ende April 2017 an der FH Campus Wien stattfand. Rund fünfzig Fachpersonen aus Gesundheit und E-Didaktik, darunter zwölf Angehörige der ZHAW, tauschten sich zu Formen des kompetenzorientierten Lernens, Lehrens und Prüfens aus.

Herausforderungen eines strapazierten Begriffs

In seinem Impulsvortrag kritisierte Rudolf Egger (Universität Graz) mit Humor und Provokation den oft mechanistischen Umgang von Hochschulen mit der Kompetenzorientierung. Konzepte und Instrumente wie learning outcomes, shift from teaching to learning und Taxonomiestufen würden unreflektiert «abgearbeitet». Der spezifische Bildungskontext würde zu wenig berücksichtigt. Dogmen über den richtigen Unterricht à la «Studierenden-Zentrierung ist gut, Lehrenden-Zentrierung ist schlecht» seien empirisch nicht erwiesen.

Christopher Hanzl (FH Campus Wien) warnte in seinem praxisorientierten Referat vor Edutainment. Dieses entstehe, wenn Methoden wahllos und unüberlegt eingesetzt würden. «Eine Methode ist nur gut, wenn sie dazu dient, die Lernergebnisse bei den Studierenden zu fördern» meint er und bezeichnet das Konzept Constructive Alignment als hilfreiche «Schablone» für die Gestaltung von Unterricht und Prüfungen. Letztere nähmen eine Schlüsselrolle ein, denn schliesslich richteten Studierende ihr Lernen überwiegend an den Prüfungen aus.

Beiträge, Workshops und Kooperationen

Die Tagungsbeiträge der drei beteiligten Fachhochschulen zeigten die konzeptionelle Vielfalt, mit der sich die Lehre der Kompetenzorientierung annähern kann: E-Portfolios unterstützen eine umfassende Kompetenzentwicklung über verschiedene Studienphasen hinweg. Dozierende erproben und evaluieren, ob mit Coaching und flexiblen Lernwegen die Erreichung der Lernergebnisse besser gefördert werden kann als mit traditionellen Unterrichtsmethoden. Die Weiterbildung von Praxisausbildenden schafft eine Verknüpfung von Berufsfeld und Studium, welche für eine konsequente Output-Orientierung der Lehre wichtig ist. In den Workshops der Tagung vertieften die Teilnehmenden Themen wie «Gestaltung von Modulprüfungen» und «Qualitätssicherung im Rahmen der kompetenzorientierten Lehre». Im Fachbereich Physiotherapie kooperieren die ZHAW und die FH Campus Wien bereits in einem erfolgreichen Austausch von E-Tools für die Lehre. Künftig sollen auch Bild- und Videomaterial sowie Fragenpools für Online-Tests geteilt werden. Weitere Kooperationen dieser Art wurden während der Tagung angebahnt.

Best Practices stärken

Jedes Konzept läuft Gefahr an Substanz zu verlieren, wenn es zu stark operationalisiert wird. Davor ist auch die Kompetenzorientierung nicht gefeit. Der INUAS-ExpertInnenworkshop hat jedoch gezeigt, dass das Thema noch lange nicht abgegriffen ist: Wie an der Veranstaltung vorgelebt wurde, ist es sinnvoll, den Dialog über Kompetenzorientierung heute unter dem Aspekt von Best Practices weiter zu führen. Kompetenzorientierung im hochschulstrategischen Sinn ist per se nie «erreicht», sie beschreibt eine Stossrichtung, der wir uns mittels verschiedener Methoden und Massnahmen anzunähern versuchen. Berufsbilder ändern sich stetig, und mit ihnen die Kompetenzprofile, auf deren Grundlage Lehr-Lern-Szenarien gestaltet werden.

Kompetenzorientiert darf sich eine Hochschule nennen, wenn sie eine kontinuierliche Reflektion über die Lehre fördert und fordert: Die Passung zwischen Lehre und Kompetenzprofilen muss immer wieder aufs Neue überprüft werden. Der INUAS-ExpertInnenworkshop hat hierzu einen wertvollen Beitrag geleistet.

Beitrag von Lisa Messenzehl


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