Studierende der Mastervertiefung Multilingual Communication Management (bisher: Fachübersetzen) haben für eine Kunstausstellung im Gewerbemuseum Winterthur Texte in Leichte Sprache übersetzt. Was die Herausforderungen von Barrierefreier Kommunikation in Museen sind und wie die Studierenden das Praxisprojekt erlebt haben, hier im Beitrag.
Autor:innen: Luisa Carrer, Dario D’Agostino und Christa Stocker
Das Gewerbemuseum Winterthur hatte bereits einige Massnahmen getroffen, um inklusive Zugänge zum Gebäude und zu den Ausstellungen zu schaffen. In einem weiteren Schritt sollte nun der schriftliche Auftritt barrierefrei gestaltet werden. Dafür beauftragte das Gewerbemuseum Studierende der Mastervertiefung Multilingual Communication Management (bisher: Fachübersetzen), den Einführungstext und die Werktexte der Ausstellung “Lighten Up! Im Rhythmus von Tag und Nacht” in Leichte Sprache zu übersetzen. Diese Art der Übersetzung erlernen die Studierenden im Master Language and Communication für die Barrierefreie Kommunikation.
Leichte Sprache: Wie gelingt eine gute Übersetzung?
Je stärker Texte vereinfacht werden – sei es in Wortwahl, Struktur oder Layout –, desto eher stossen sie bei Menschen ausserhalb der Zielgruppe auf Ablehnung: Die Distanz zu standardsprachlichen Texten, wie wir sie gewohnt sind, kann dazu führen, dass den Texten die Legitimation abgesprochen wird und dass sie gar stigmatisiert werden. Damit das nicht passiert, ist es wichtig, bei der Festlegung der Übersetzungsstrategie mit den Auftraggebenden die Zielgruppen zu bestimmen und den Vereinfachungsgrad abzustimmen.
Für die Studierenden bedeutete das, dass sie sich mit den Auftraggebenden des Gewerbemuseums austauschen und sich untereinander einigen mussten, welche Strategien sie für die Vereinfachung anwenden wollten.
Leichte Sprache im Museum: Warum ist sie wichtig?
Barrierefreiheit hat in Museen einen starken symbolischen Wert: Wozu zeigt man Kultur und für wen? Partizipation ist ein unverzichtbarer Wert in offenen und demokratischen Gesellschaften. Daher bedeutet Barrierefreiheit in Museen mehr als nur die Gewährleistung des physischen Zugangs zu Räumen. Sie umfasst auch die inklusive Gestaltung von Dienstleistungen und Erfahrungen.
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Wie das Projekt gezeigt hat, bringt Inklusion zahlreiche Herausforderungen für Museen und Übersetzer:innen mit sich:
- Wie erreicht man ein neues, stark heterogenes Publikum?
- Wie kann man die sprachlichen Bedürfnisse eines solchen Publikums erfüllen?
- Museen sind bei der Organisation von Ausstellungen in zeitlich straffe Prozesse eingebunden. Deshalb kann die termingerechte Bereitstellung von Ausstellungstexten für die Übersetzungen in Leichte Sprache kann herausfordernd sein.
- Ebenso stellen die Verständnisprüfung durch Vertreter:innen der Zielgruppe und die fachliche Prüfung der Übersetzungen durch die Kurator:innen grosse Anforderungen an das Zeitmanagement.
Anforderungen an die Studierenden
Wie es sich für ein Praxisprojekt gehört, waren die Studierenden auf unterschiedlichen Ebenen gefordert:
- durch eine äusserst heterogene Adressat:innenschaft,
- durch sehr komplexe Ausgangstexte,
- durch grosse Koordinationsaufwände.
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Ausserdem erforderte die Festlegung des Vereinfachungsgrades – weil es auch ein Studiumsprojekt war – ein theoriebasiertes Abwägen der Wünsche des Gewerbemuseums einerseits und der Anforderungen der Zielgruppen andererseits.
Lernen durch Praxis: So haben die Studierenden das Projekt erlebt
Wie Dúnya, Dominic und Lena das ambitionierte Übersetzungsprojekt erlebt haben, erzählen sie im Video – und Natascha und Jana ausserdem unten im Text.
Alle sind sich dabei einig: Das Spannendste und Wichtigste an ihrem Übersetzungsprojekt in Leichte Sprache mit dem Gewerbemuseum war die Zusammenarbeit mit der Zielgruppe.
Ihre Herausforderungen?
- «Der äusserst heterogenen Zielgruppe gerecht zu werden: Wie stark wird der Text vereinfacht? Wie viel Wissen kann vorausgesetzt werden? Am Schluss sollte der Zugang für möglichst viele Menschen gewährleistet sein.» (Natascha)
- «Zu entscheiden, was wir voraussetzen können und was noch weiter ausgeführt bzw. erklärt werden muss und gleichzeitig nicht einen zu langen Text zu produzieren. « (Jana)
- Werktexte, die schwierig zu verstehen waren, herunterzubrechen und in Leichter Sprache wiederzugeben (Lena)
Ihre Learnings?
- «Dass die Zusammenarbeit mit der Zielgruppe in der Barrierefreien Kommunikation enorm wichtig und auch spannend ist. Wir haben aus dem Feedbackgespräch live gesehen, wie die Gedankengänge bei der Zielgruppe ganz anders verlaufen als zum Beispiel bei uns als Studierenden.» (Jana)
- «Ich nehme als Learning mit, dass ich während der Erstellung eines Textes in Leichter Sprache alles hinterfragen muss. Dinge, die für mich auf der Hand liegen, können (und werden) von der Zielgruppe ganz anders verstanden.» (Natascha)
Und von Dúnya lernen wir: Barrierefreie Kommunikation ist immer ein Kompromiss! Danke, Dúnya, Dominic, Lena, Jana, Natascha und allen anderen Studierenden, dass ihr die sprachliche Inklusion mit dem Gewerbemuseum Winterthur gewagt habt, um Kunst für alle zugänglich zu machen.
Lighten Up! Im Rhythmus von Tag und Nacht im Gewerbemuseum Winterthur ist noch bis zum 11.05.2025 zu sehen.
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