Was entsteht, wenn Sprachbegeisterte und Informatiker:innen zusammenarbeiten? Ein interdisziplinäres Projekt, bei dem Studierende der Mehrsprachigen Kommunikation und der Informatik gemeinsam innovative Lösungen rund um das Thema Sprache entwickeln. Begleitet von Dozierenden des Departements Angewandte Linguistik und der School of Engineering entsteht so eine spannende Zusammenarbeit.
Autorin: Kyra Jetzer
Das Modul ProjektPlus des Bachelorstudiengangs Mehrsprachige Kommunikation ist darauf ausgerichtet, Studierende ganzheitlich auf interdisziplinäre Zusammenarbeit vorzubereiten. In diesem Semester haben sich zwei Dozierende Anne-Catherine Gieshoff und Martin Schuler mit zwei weiteren Dozierenden aus dem Bachelorstudiengang Informatik zusammengetan: Marcela Ruiz und Michael Wahler.
In ihrem Modul Advanced Software Engineering dreht sich alles um den Entwurf moderner und komplexer Softwaresysteme. Gemeinsam entwickelten sie ein Projekt, in dem mit der Sprachexpertise der MK-Studierenden und dem technischen Know-how der Informatikstudierenden sprachbezogene Softwarelösungen entwickelt werden.
Eine Idee, zwei Fachrichtungen
Insgesamt gab es sieben interdisziplinäre Arbeitsgruppen bestehend aus acht MK- und etwa viermal so vielen Informatikstudierenden. «Jede Gruppe hatte den Auftrag, eine Idee für eine App zum Thema Sprache auszuarbeiten. Dabei waren wir MK-Studierenden die Ideengeber:innen, während die Informatikstudierenden das technische Konzept erarbeiteten», erklärt Laetitia, die Mehrsprachige Kommunikation im 5. Semester studiert. Schon vor Beginn des Semesters musste sie sich demnach mit einer App-Idee auseinandersetzen. Die Inspiration für ihre Gruppenarbeit kam schliesslich aus ihrem persönlichen Umfeld: «Eine gute Freundin von mir ist Logopädin für Kleinkinder mit Sprachstörungen oder -verzögerungen. Sie hat mir erzählt, dass die grösste Hürde oft darin liegt, die Kinder zu motivieren, die Übungen zuhause durchzuführen.» Daraus entstand die Idee einer App zur Unterstützung von Sprachtherapien. Sie sollte spielerisch gestaltet sein und gelichzeitig Therapeut:innen Einblicke in die Fortschritte ihrer Patient:innen geben.
Laetitias Gruppe überlegte, wie die Lösung aussehen könnte und kam zu einer App, die folgende Features bieten sollte:
- Diverse Übungen, die Therapeut:innen passend zum jeweiligen Entwicklungsstadium auswählen können.
- Ein spielerisches Maskottchen, das die Kinder motiviert, die Übungen auch zu Hause durchzuführen.
- Eine Statistikfunktion für Therapeut:innen und Eltern, um den Fortschritt der Kinder zu verfolgen, Schwachstellen zu erkennen und gezielte Therapieempfehlungen zu geben.
- Ein Zeitlimit von 10 Minuten pro Übungseinheit, um die Bildschirmzeit zu begrenzen.
Eine App für die Nachverfolgbarkeit von Lieferketten
In einer anderen Gruppe arbeitete Nico mit. Er studiert Informatik und in seinem Projekt ging es vor allem um Mehrsprachigkeit. «Es gibt eine neue EU-Verordnung, laut der nachgewiesen werden muss, dass importierte Produkte nicht zur Zerstörung von Wäldern beigetragen haben. Unsere App soll also die Nachverfolgbarkeit von Lieferketten erleichtern. Mit ihren Features ermöglicht sie allen Beteiligten, ihre Daten einfach einzutragen und zu verwalten – von den Anbauenden über Verarbeiter:innen und Zwischenhändler:innen bis hin zu Einzelhändler:innen.» Ein zentrales Element: Jede Person kann in ihrer gewohnten Sprache und mit ihren vertrauten Einheiten arbeiten, während der Informationsfluss reibungslos gewährleistet bleibt.
Herausforderungen der interdisziplinären Zusammenarbeit
Laetitia erinnert sich: «Anfangs war es etwas chaotisch, vor allem organisatorisch, da dieses interdisziplinäre Projekt für uns alle Neuland war. Doch sobald wir die Rollen klar verteilt hatten, wurde es einfacher, und schnell entwickelten sich gute Vibes.»
Die Kommunikation wurde zum Schlüssel des Erfolgs. «Wir mussten herausfinden, was die Prioritäten der jeweils anderen Disziplin sind und wie wir Informationen verständlich aufbereiten», erklärt Laetitia. Fachsprachen mussten übersetzt und unterschiedliche Denkweisen überbrückt werden.
«Wenn die Informatikstudierenden in ihre technischen Gespräche abgedriftet sind, musste ich manchmal nachfragen, da das Fachjargon nicht einfach war», beschreibt Laetitia. «Andererseits musste ich mir ein Grundwissen in Logopädie aneignen, um unsere Idee richtig umzusetzen.»
Und wie weiter?
Die Zwischenpräsentationen im November waren ein Meilenstein des Projekts. Die sieben Arbeitsgruppen präsentierten ihre Ideen in prägnanten Pitches, die Einblicke in ihre kreativen und technischen Konzepte boten. Mit selbst entwickelten Mockups und einer klaren Darstellung ihrer Vorgehensweisen skizzierten sie die Potenziale ihrer jeweiligen App-Ideen.
Mit Beginn der zweiten Semesterhälfte verlagerte sich die Arbeit schliesslich in die spezialisierten Arbeitsbereiche. Während die Studierenden der Mehrsprachigen Kommunikation die Mockups im Usability-Labor einem Test unterziehen, konzentrieren sich die Informatikstudierenden auf die technische Architektur ihrer Projekte.
Nico beschreibt diese Phase der Entwicklung wie folgt: «Unsere Aufgabe ist es nun, die ursprünglichen Anforderungen in ein klar strukturiertes technisches Konzept zu übersetzen. Jeden Schritt dokumentieren wir sorgfältig, um die Komplexität unserer Software-Architektur nachvollziehbar zu machen.»
Für Laetitia begann mit der Testphase ein besonders spannender Abschnitt des Projekts. «Endlich konnten wir unsere Idee in einer anwendbaren Form erleben», sagt sie mit sichtbarer Freude. «Wir nahmen die App-Mockups kritisch unter die Lupe und schauten, wie sie ankam und wie intuitiv sie ist.»
Ein Projekt mit Potenzial
Laetitias Fazit ist durchweg positiv: «Das Projekt hat mir unglaublich viel Spass gemacht und ich habe gelernt, wie wichtig Kommunikation und Teamarbeit zwischen unterschiedlichen Fachbereichen sind. Ich würde jederzeit wieder an einem solchen interdisziplinären Projekt teilnehmen.»
Die Begeisterung der Studierenden unterstreicht, dass solche Formate in der Lehre einen festen Platz haben sollten. Sie verbinden Kreativität, Teamwork und Praxisnähe auf einzigartige Weise.
Laetitias Begeisterung geht sogar so weit, dass sie sich vorstellen könnte, das Projekt als Bachelorarbeit weiterzuentwickeln. Wir sind also gespannt, was da noch entstehen wird.
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