Der durch Gebäude verursachte Energieverbrauch macht rund die Hälfte des Schweizer Gesamtenergieverbrauchs aus. Damit der Energieverbrauch pro Person tiefer wird, muss die Energieoptimierung auf der baulich-technischen Ebene und auf der persönlichen Ebene, beim Verhalten der Bewohner:innen stattfinden. Das Ziel: «Smart Cities» für die Zukunft zu bauen und zu betreiben. Doch wie? Das explorative Forschungsprojekt «Akzeptanz von Datenfreigabe» geht der Frage nach, welche Informationen und technischen Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit sowohl die Bedürfnisse der Bewohner:innen wie auch die Energieeffizienz in Wohnüberbauungen optimal berücksichtigt sind. Dabei ist vor allem eines entscheidend: Zusammenarbeit!
Autor:innen: Nadine Klopfenstein und Evelyn Lobsiger
Wie lassen sich Städte für die Zukunft bauen und betreiben? Welche Eigenschaften sollten sogenannte «Smart Cities» haben? In der Schweiz gibt es noch immer ein erhebliches Potenzial zur Reduktion des Energieverbrauchs von Gebäuden. Gleichzeitig gibt es immer mehr Haustechnik- und Haushaltsgeräte, welche Verbrauchdaten sammeln. Eine Studie der ZHAW ist der Frage nachgegangen, ob die Sammlung und Aufbereitung dieser Daten pro Haushalt ein Hilfsinstrument zur Energiereduktion ihn Wohnüberbauungen darstellen könnte und inwiefern diese Verbrauchsdaten helfen könnten, neue Überbauungen energieeffizienter zu planen.
Verbrauchsdaten der Bewohner:innen von «Smart Cities» analysieren
Obwohl alle an der Studie beteiligten Personen in energieeffizienten Gebäuden wohnen, war den Beteiligten ihr Energieverbrauch meist nicht genau bekannt. Der Grund: Oftmals sind High-Tech Lösungen im Einsatz, welche die Bewohner:innen weder steuern noch kontrollieren können. So ist es beispielsweise möglich, dass die Bodenheizung der Wohnung zentral gesteuert wird. Dies hat zur Folge, dass die Bewohner:innen die Raumtemperatur nicht direkt regulieren können – oder nur in einem unzureichenden Masse (Thermostat). Dies kann zu einem schlechten Wohnkomfort (zu kalt oder zu heiss) und zu einem Ohnmachtsgefühl der Bewohner:innen führen, hier selbst nicht eingreifen zu können.
Das exploratives Forschungsprojekt „Akzeptanz Freigabe Energiedaten“, welches von ZHAW digital gefördert wurde, setzte hier an und untersuchte im Jahr 2022 in zwei Überbauungen, ob die Aufbereitung von Verbrauchsdaten von (smarten) Geräten (Heizung, Lüftung, weitere Haushaltsgeräte) das Potenzial hat das Verhalten der Bewohner:innen positiv zu beeinflussen und die Planung künftiger Überbauungen erleichtern könnte.
Partizipation und Low-Tech
Die ZHAW-Studie hat gezeigt, dass die Bedürfnisse der Nutzer:innen bei der Planung von Überbauungen immer noch zu wenig einbezogen werden. So sollte der Alltag von Bewohner:innen von Anfang an bereits bei der Planung von Wohnüberbauungen mitgedacht werden. Nur so können aus Städten «Smart Cities» für die Zukunft entstehen. Dabei helfen kann ein partizipativer Ansatz, wie beispielsweise Bewohner:innen von ähnlichen Überbauungen zu ihrer Meinung zu befragen oder künftige Nutzer:innen bereits in der Bauphase in Entscheidungen einzubeziehen.
In der hier vorliegenden Studie zeigte sich zudem: Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer möglichst benutzerfreundlichen Technologie, die von den Bewohner:innen selbst bedient und reguliert werden kann. Dabei ist es wichtig, dass der/die Nutzende ein «Feedback» über die Verbrauchsdaten erhält – entweder direkt auf dem Gerät oder regelmässig als Übersichtsgrafik. Dabei ist es wichtig «Übersetzungsarbeit» zu leisten, indem Daten so aufbereitet und interpretiert oder visualisiert werden, dass sie dem Nutzenden aufzeigen wie viel Energie durch unterschiedliche Einstellungen eingespart werden kann – und wie dadurch das Portemonnaie geschont wird.
Dies führt nicht nur dazu, dass den Bewohner:innen der Energieverbrauch bewusster wird, sondern erhöht darüber hinaus auch die Eigenverantwortung der Mieter:innen und Eigentümer:innen und motiviert sie energieeffizienter zu wohnen. Gleichzeitig steigt der Wohnkomfort für die Haushalte.
Planen mit Bewohner:innen
Den Ansatz «Eigenverantwortung durch Partizipation» gepaart mit der «Überprüfung und Anpassung von Geräteeinstellungen» nutzen Genossenschaften bereits heute sehr erfolgreich. Es hat sich jedoch gezeigt, dass in der Planung von neuen Liegenschaften der Einbezug von Nutzer:innen noch nicht etabliert ist.
Die Studie zeigt hier deutlich auf, dass eine neue Denkweise im Bau, in der Abnahme und im Betrieb von neuen Liegenschaften wichtig ist und der Einbezug von späteren Bewohner:innen in die Entscheidungen was die Haustechnick und Haushaltgeräte betrifft, matchentscheidend für ein energieeffizientes Wohnen in «Smart Cities» der Zukunft ist.
Zum Projekt:
Das DFF-Projekt zu Akzeptanz von Daten-Freigabe als Grundlage für Innovationen in Smart Cities ist ein intern gefördertes interdepartementales Projekt (IAM Institut für Angewandte Medienwisschaft/INE Institut für Nachhaltige Entwicklung), in dem es u.a. darum gegangen ist, die Funktionen von Energieverbrauchs-Apps zu bestimmen, die Potential für Verhaltensinterventionen bei Bewohner:innen haben und wie über Kommunikation die Akzeptanz gegenüber der Nutzung solcher Lösungen bei Bewohner:innen gesteigert werden kann. Dazu wurden Bewohnende befragt und in Workshops mit interessierten Bewohnenden und Immobilien-Fachlauten die Ergebnisse gespiegelt und weiter diskutiert. Projektteam: Prof. Dr. Aleksandra Gnach, Pascal Kienast, Nadine Klopfenstein, Evelyn Lobsiger, Prof. Dr. Nicole Rosenberger, Nadine Schwendener, Valery Wyss.
https://www.zhaw.ch/de/forschung/forschungsdatenbank/projektdetail/projektid/5510/
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