Sie wollen „einfach nur Journalismus machen“: Pascal Sigg, Joel Bedetti und Andres Eberhard haben von „schnell schiessenden News-Portalen“ genug und gründen kurzerhand ihr eigenes digitales Magazin. Ein Magazin, das Gehör für anspruchsvollen Journalismus finden will und sich an eine neugierige, junge und zahlungsfreudige Leserschaft richtet. Um das Projekt finanzieren zu können, haben die drei Coup-Initianten eine Crowdfunding-Kampagne bei wemakeit gestartet. Wie es dazu kam und welche Beweggründe das Trio antreibt, erzählt Pascal Sigg im Interview.
Pascal Sigg, IAM-Absolvent (JO05) und Mitgründer von COUP im Interview mit Deborah Harzenmoser, Kommunikation IAM
Pascal, warum bist du Journalist geworden?
Menschen interessieren mich sehr. Als Journalist kann man seiner Neugierde folgen und Fragen beantworten, die man selber hat und dabei plötzlich über Fragen stolpern, die man vorher gar nicht hatte – und die Antworten weitererzählen. Ich bin noch heute davon überzeugt, dass dies gesellschaftlich wichtig ist.
Zusammen mit zwei Kollegen hast du kürzlich das digitale Magazin Coup gegründet. Was bedeutet Coup für dich persönlich?
Es ist ein grosses Wagnis. Es geht mir dabei aber nicht um Selbstverwirklichung. Aus unserer Sicht ist es das journalistische Projekt, das am dringendsten ist in der Deutschschweiz. Wir wollen mit dem Coup-Magazin Journalisten eine Plattform bieten, auf der sie intensiv recherchierte Geschichten publizieren können – gegen anständige Bezahlung. In der Medienrealität fehlen leider weitgehend Geld und Zeit für längere Geschichten von Jungen. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass gerade das Recherchieren, das Beantworten von Fragen, für viele Journalisten und Journalistinnen die Hauptmotivation ist, in diesen Beruf einzusteigen.
Seht ihr euch als investigatives Reporterteam wie im Oskar prämierten Film „Spotlight“?
Ich habe den Film noch nicht gesehen, will das aber unbedingt bald nachholen. Wir möchten auch investigative Recherchen durchführen. Aber das ist sehr aufwändig und braucht auch etwas Glück. Unser Hauptfokus gleich zu Beginn ist es deshalb nicht, auch wenn wir demnächst eine sehr aufwändig recherchierte Geschichte präsentieren werden.
Für journalistische Produkte will heute kaum jemand mehr bezahlen. Für euer Magazin soll man ein Jahresabo in der Höhe von 50 Franken entrichten. Warum denkt ihr, dass jemand bereit ist 5 Franken für einen Artikel zu bezahlen?
Wer uns unterstützen will, zahlt auch, um das Projekt zu ermöglichen. Wir haben uns hingesetzt und die anfallenden Kosten realistisch berechnet, wenn wir das Projekt verantwortungsbewusst umsetzen wollen. Natürlich ist Coup ein Nischenmagazin und besonders anfänglich werden nur wenige Leute bereit sein, dafür zu zahlen. Aber wir wollen nicht über Werbung finanziert werden, weil dadurch alles komplizierter wird und es von den Geschichten ablenkt.
Dennoch scheint es das einzige Modell zu sein, welches digitalen Journalismus momentan finanzierbar macht: Werbung, Anzeigen und der Verkauf von Daten.
Also mal ehrlich. Ernsthaft probiert hat solche Abos bisher keiner. Man hat es zwar angekündigt (Bsp. NZZ Paywall) aber durchgezogen hat es niemand. Wir versuchen es nun als erste. Wir werden sehen, was passiert. Mit unserem Magazin richten wir uns an neugierige junge Leute aus der Deutschschweiz, die Lust haben, sich tiefgründiger mit ihrer Lebenswelt auseinanderzusetzen und die sich online informieren. Gerade dieser Leserschaft ist klar, dass Journalismus nicht gratis ist, sondern dass er aktuell mit der Offenlegung von Nutzerdaten und mit Aufmerksamkeit bezahlt wird. Das wollen wir bei Coup schlichtweg nicht. Wir wollen so ehrlich wie möglich Versionen der Realität erzählen – ohne versteckte wirtschaftliche Interessen. Nur so können wir unsere Leserinnen und Leser mit Themen erreichen, von denen sie gar nicht wussten, dass sie sich dafür interessieren könnten und ihnen dadurch ein Stück unserer komplexen Lebenswelt zeigen.
Eure Zielgruppe besteht vorwiegend aus jungen Leuten, die sich online informieren. Gerade Online User sind sich gewohnt, dass sie ihre Meinung kundtun können (Bsp. Lesereporter, Kommentare, Chat). Euer Magazin lässt aber keine Interaktivität zu. Ist das für die Zukunft geplant oder seht ihr bewusst davon ab?
Interaktivität ist in der Zukunft möglich. Es geht uns in erster Linie aber um Geschichten nicht um Traffic. Das Internet wollen wir nicht nur wegen den vielen Möglichkeiten der Interaktivität nutzen, sondern aufgrund anderer Vorteile, die es gegenüber Print hat. Zum Beispiel, dass man in der Textlänge nicht eingeschränkt ist und auch bei den Gestaltungsmöglichkeiten mehr Spielraum hat. Ausserdem ist es einfacher und kostengünstiger online zu distribuieren.
Wohin soll sich Coup entwickeln, was ist dein Traum?
Im Idealfall haben wir pro Monat eine Geschichte, über welche die Deutschschweiz spricht, weil sie relevant ist, weil sie berührt oder aktuelle Geschehnisse aus der Politik aufgreift. Das ist sicher ein Ziel. Gehört werden, gelesen werden, den Diskurs anregen. Weil wir Zusammenhänge einer Geschichte, verschiedene Perspektiven und die Komplexität eines Themas in nur einem Artikel aufzeigen können und sich die Leute nicht mehr einzelne Bruchstücke einer Geschichte auf verschiedenen Onlinezeitungen zusammensuchen müssen. Ein weiteres Ziel ist es, unter jungen talentierten Journalisten als Plattform bekannt zu sein, die für längere und gut recherchierte Artikel ein Gehör hat, daran präzis und geduldig feilt und dafür auch anständig bezahlt. Hier wollen wir eine Vernetzung herstellen. Denn natürlich gilt: Je besser die Journalisten, desto besser die Geschichten, desto zufriedener die Leserschaft.
Warum habt ihr euer Magazin „Coup“ getauft? Gibt’s dazu eine Geschichte?
Ja, die gibt es. Ein Coup ist gemäss Duden ein „kühn angelegtes, erfolgreiches Unternehmen“. Das bezieht sich auf unsere Ambition, dass das Projekt ein Erfolg wird, aber vielmehr auch auf die einzelnen in sich geschlossenen Geschichten. Solche Geschichten an sich, sind in unserer schnelllebigen und komplexen Gegenwart bereits Wagnisse. Unser Ziel ist es, sie zu Coups zu machen.
Mehr über das neue digitale Magazin COUP
- Das ist es, das Coup-Magazin
- Die Crowdfunding-Kampagen bei wemakeit
- Coup-Fanpage auf Facebook
- Mehr über die Gründer des Magazins
- Wie Coup entstand – Beitrag im Blog von Junge Journalisten
Was ist Coup? |
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Coup ist ein journalistisches Online-Magazin für Neugierige. Wir publizieren einmal monatlich eine ausführliche, sorgfältig recherchierte und relevante Geschichte aus der Schweiz – ausschliesslich online. Drei Geschichten haben wir bereits gemacht. Für mehr seriösen, jungen Journalismus ist Coup auf deine Unterstützung angewiesen: Bei wemakeit kannst du unser Projekt unterstützen. |