«Interne Kommunikation sollte viel mehr sein als nur ‘die kleine Schwester’ der externen Kommunikation», meint Cordula Rieger, die als Beraterin Organisationen in Veränderungsprozessen begleitet. Im CAS Strategisches Kommunikationsmanagement beleuchtet sie die Themen interne und Change Kommunikation. Im Interview verrät sie, was nach ihrer Erfahrung die wichtigsten Fehler und Erfolgsfaktoren in der internen Kommunikation sind – und wo diese an ihre Grenzen stösst.
Autorin: Lara Attinger
Du berätst seit über 17 Jahren Organisationen in Fragen zur internen Kommunikation. Was sind gemäss deiner Erfahrung die häufigsten Fehler, die in der Praxis gemacht werden?
Cordula Rieger: Leider wird die interne Kommunikation viel zu oft als «kleine Schwester» der externen Kommunikation gesehen. Die meisten Unternehmen betonen zwar, wie wichtig ihnen die Mitarbeitenden seien. Doch wenn es «zur Sache geht», wenn also zum Beispiel Budget oder die Zeit des CEO benötigt werden, dann stehen die Mitarbeitenden als Zielgruppe meist hinten an – also hinter den Investoren und den Medien.
Oft sehe ich auch, dass in interne Kommunikation zwar einiges investiert wird, sie aber viel zu stark aus Sicht der «Absender» gedacht wird. Das führt dann dazu, dass vordergründig zwar vieles vorhanden ist, die interne Kommunikation aber an den eigentlichen Bedürfnissen der Mitarbeitenden vorbeigeht: bezüglich Inhalte, Kadenz, und auch Formate. Ganz nach dem Motto «Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht».
Wie lassen sich diese Fehler vermeiden?
Ganz einfach: Indem man die Mitarbeitenden als strategisch relevante Zielgruppe ernst nimmt. Und auch schlicht einmal nachfragt, was sie interessiert und wann, wie, wo sie mit dem Unternehmen kommunizieren wollen.
Inwiefern kann interne Kommunikation einen Beitrag zum Erfolg der Organisation leisten?
In meinen Augen ist eine gute interne Kommunikation absolut erfolgsentscheidend auf ganz vielen Ebenen! Drei Aspekte will ich betonen.
Erstens: Gute interne Kommunikation prägt wesentlich die Kultur und die «Employee Experience», also das Gesamtbild, wie Mitarbeitende ihren Arbeitgeber und ihre Arbeit erleben. Sie leistet damit einen Beitrag zur Mitarbeiter-Zufriedenheit und «Retention» – in Zeiten des akuten Fachkräftemangel zentral.
Zweitens: Gute interne Kommunikation sorgt dafür, dass die Mitarbeitenden effizient und wirkungsvoll arbeiten können – entlang der Unternehmensstrategie, gemäss geltenden Bestimmungen (z.B. im Bereich Sicherheit oder Compliance) und in guter Abstimmung untereinander.
Und drittens?
Und drittens, «last but not least»: Gute interne Kommunikation bildet das Fundament, auf dem auch eine erfolgreiche externe Kommunikation aufbaut. Denn es gibt kaum wirkungsvollere Botschafter:innen für eine Organisation als die eigenen Mitarbeitenden.
Weshalb lohnt es sich, das Thema interne Kommunikation ganzheitlich im Rahmen des CAS Strategisches Kommunikationsmanagement zu betrachten?
Weil sie eine wichtige, strategische und eigenständige Disziplin der Kommunikation darstellt. Es reicht eben nicht, die interne Kommunikation als «Nebenschauplatz» der externen zu begreifen, wie das leider zu Beginn meiner Karriere noch üblich war. Über die letzten 20 Jahre habe ich eine zunehmende Professionalisierung der internen Kommunikation erlebt, sowohl in der Praxis als auch in der Lehre. Umso mehr freut es mich, dass ich meine Erfahrung in diesem CAS weitergeben darf.
Wo sollte interne Kommunikation in Organisationen angesiedelt sein, damit sie gelingen kann?
Zentral scheint mir, dass es überhaupt eine Person im Unternehmen gibt, die sich speziell der internen Kommunikation annimmt. Oft ist diese Rolle in der Unternehmenskommunikation angesiedelt, manchmal aber auch im Personal bzw. HR. In der Praxis hat beides seine Vor- und Nachteile… In meinen Augen ist wesentlich, dass diese beiden Funktionen zusammenarbeiten, wenn es um Fragen der internen Kommunikation geht – denn sonst fehlt jeweils eine entscheidende Perspektive.
Interne Kommunikation geschieht nicht nur in der Kommunikationsabteilung. Welche Rolle sollte deiner Meinung nach Führungskommunikation spielen?
Eine ganz entscheidende! Denn in quasi allen Organisationen, die ich kenne, sind die direkten Vorgesetzten die vertrauenswürdigste Quelle für die Mitarbeitenden. Sie spielen eine zentrale Rolle als «Filter» und «Übersetzer», können Informationen «von ganz oben» für die Mitarbeitenden relevant und verständlich herunterbrechen. Leider fehlen in der Realität aber häufig die Zeit, die Mittel und auch die Fähigkeiten dazu…
Wie kann es gelingen, Führungspersonen in ihrer Kommunikation zu befähigen?
Zunächst einmal ist es wichtig, die Führungskräfte selbst gut über relevante Themen zu informieren, bevor sie ihren Mitarbeitenden «Rede und Antwort» stehen müssen. Bei wichtigen News immer einige Tage voraus und am besten unterstützt durch ein spezifisches Briefing-Kit. Auch Kommunikations-Schulungen für Führungskräfte können helfen. Gute Erfahrung mache ich hier vor allem mit Formaten, die nahe an einem konkreten Thema und am Alltag der Teilnehmenden geführt werden.
Das Problem geht aber tiefer: Kommunikation mit den Mitarbeitenden ist ein wichtiger, integraler Bestandteil jeder Führungsrolle. Das muss von allen so verstanden werden und auch in die Auswahl von (angehenden) Führungskräften sowie in deren Beurteilung einfliessen.
Die Welt ist im Wandel. In vielen Organisationen ist Change mittlerweile ein Dauerzustand. Welche Rolle spielt die Interne Kommunikation in einem Change-Prozess?
Ich sage immer gerne: «Change Communication ist zur 80% interne Kommunikation». Denn ich muss ja von einem Wandel zunächst einmal meine eigenen Leute überzeugen. Wenn diese die Ziele nicht verstehen, oder die Veränderung nicht umsetzen können oder wollen, dann kann der Change gar nicht gelingen. Und wenn die eigenen Mitarbeitenden den Wandel nicht unterstützen – oder gar öffentlich kritisieren – dann werde ich die externen Zielgruppen kaum dafür gewinnen.
Wo siehst du die Grenzen von Kommunikation in diesem Kontext?
Gute Change Kommunikation kann die Notwendigkeit für eine Veränderung vermitteln. Sie kann Akzeptanz beziehungsweise Motivation schaffen, daran mitzuwirken. Sie kann aber den Wandel nicht «herbeireden». Es braucht also zusätzliche Massnahmen, zum Beispiel im Bereich Befähigung und Incentivierung. Vor allem: Die beste Change Kommunikation hilft nichts, wenn der Wandel nicht von oben getragen wird.
Zum Schluss: Was sind deine Tipps für eine erfolgreiche interne Kommunikation?
Zusammenfassend: Die interne Kommunikation als eigenständigen, strategischen Teil der Unternehmenskommunikation ernst nehmen. Eine zentrale Rolle dafür schaffen und diese mit Verantwortung und Ressourcen ausstatten. Die Führungskräfte gezielt mitdenken, sowohl als Zielgruppe von interner Kommunikation wie auch als deren Absender. Und zu guter Letzt: Nachfragen, welche Bedürfnisse die Mitarbeitenden selbst bezüglich Kommunikation haben – und dann einfach mal zuhören.
Zur Person
Cordula Rieger beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit der Frage, wie interne Kommunikation zum Erfolg einer Organisation beitragen kann. Seit 17 Jahren begleitet sie als Beraterin Mandanten verschiedenster Branchen in anspruchsvollen Veränderungssituationen, oft mit Fokus auf kommunikative Aspekte. Sie ist stellvertretende Leiterin des Change-Teams von Farner Consulting. Im CAS Strategisches Kommunikationsmanagement vertieft sie Theorie und Praxis, Erfolgsfaktoren und Grenzen von interner und Change Kommunikation.