Wie dank Storytelling aus Mitarbeitenden Botschafter:innen werden

Storytelling funktioniert. Diese Erkenntnis erlangte Sascha Venosta im Rahmen seiner Masterarbeit im MAS Communication Management and Leadership. Seine Arbeit wurde als die beste in seinem Jahrgang ausgezeichnet. Im Interview spricht er über die Wirksamkeit, Grenzen und Erfolgsfaktoren von Storytelling in der internen Kommunikation.

Autorin: Lara Attinger

Weshalb ist das Thema Storytelling in der internen Kommunikation aus strategischer Sicht so wichtig?

Das Spannende an der internen Kommunikation ist die Beziehung zu der Bezugsgruppe: Mitarbeitende sind eng an die Interessen des Unternehmens gebunden und vergleichsweise einfach mit strategischen Kommunikationsmassnahmen erreichbar. Gleichzeitig bieten sie – spätestens seit dem Aufkommen sozialer Netzwerke – als Unternehmensbotschafter:innen enormes kommunikatives Potenzial. Storytelling bewies sich dabei als effektives Instrument, um dieses Potential realisieren zu können.

Inwiefern?

Wenn Mitarbeitende als Unternehmensbotschafter:innen fungieren –also beispielsweise in sozialen Netzwerken Produkte weiterempfehlen – hat das für potenzielle Kund:innen oft eine höhere Glaubwürdigkeit als bezahlte Werbeanzeigen.

Um von diesem Potenzial profitieren zu können, müssen die Mitarbeitenden aber befähigt werden. Das heisst Sie müssen sowohl gute Produktkenntnisse besitzen als auch ein hohes Commitment zum Unternehmen empfinden. Storytelling setzt hier an und vermittelt sachliche Botschaften gezielt mit emotionalen Akzenten.

Wie bist du in deiner Masterarbeit vorgegangen, um die Wirksamkeit von Storytelling zu testen?

Ich habe bei meiner Arbeitgeberin, der SBB AG, mittels A/B-Testing untersucht, wie hoch die die Weiterempfehlungsbereitschaft der befragten Mitarbeitenden zu ÖV-Abonnementen ist. Beide Gruppen bekamen dafür einen sachlich verfassten Wissensartikel, wobei die Experimentalgruppe zusätzlich eine fiktive Kundenreaktion zum Thema erhielt. Mittels statistischer Analyse konnte ich anschliessend den signifikanten Unterschied nachweisen. Storytelling funktioniert.

Was waren deine wichtigsten Erkenntnisse?

Die Interpretation von Narrativen erfolgt immer bei den Empfängerinnen und ist dadurch geprägt von den persönlichen Eigenschaften. Beispielsweise zeigte sich im Experiment übereinstimmend mit der Literatur, dass Frauen grundsätzlich stärker in Geschichten eintauchen. Bei diesem Eintauchen spricht man von Narrativer Transportation. Je stärker man diese Transportation erlebt, desto stärker übernimmt man die Werte aus der Geschichte. Dieser Effekt kann gezielt genutzt werden, um wie in meiner Arbeit die Weiterempfehlungsbereitschaft zugunsten des Unternehmens zu erhöhen.

Was an den Ergebnissen hat dich überrascht?

Es hat mich überrascht, wie wenig es eigentlich braucht, um etwas in den Köpfen der Mitarbeitenden zu bewirken. Die Geschichte in meinem Experiment war nur rund eine Drittel A4-Seite kurz. Ich las von Experimenten, welche mehrere Seiten oder sogar multimediale Inhalte produzierten.

Gibt es eine Zauberformel für ein erfolgreiches Storytelling in der internen Kommunikation?

Nach dieser Zauberformel werde ich oft gefragt (lacht). Sowohl in der internen Kommunikation als auch ganz allgemein sehe ich drei Erfolgsfaktoren. Diese finden sich auch in der Definition: «Storytelling ist eine Form der Kommunikation, bei der Narrative durch die erzählende Person strategisch eingesetzt werden, um definierte Ziele bei den Rezipierenden zu erreichen».

  1. Ziel definieren
    Ohne Ziel, keine Strategie; ohne Strategie, kein Storytelling. Dadurch grenzt sich Storytelling vom Geschichtenerzählen ab.
  2. Empfänger:innen kennen(lernen)
    Sind die Ziele definiert, muss man sich in die Empfänger:innen versetzen. Wie sprechen sie? Worüber sprechen sie? Weshalb sprechen sie (Geschichten brauchen immer einen Grund, dass sie erzählt werden)? Mein Geheimtipp ist, die Geschichten dort aufzuspüren, wo sie erzählt werden sollen. Gerade in der internen Kommunikation sollte nicht vergessen gehen, dass Kommunikation auch zuhören bedeutet. Dabei können auch abweichende Meinungen oder stereotypische Erzählungen vorkommen und man muss auch diesen ein gewisses Mass an Akzeptanz zugestehen. Dies führt zum dritten Erfolgsfaktor.
  3. Narrative nutzen
    Narrative basieren gewissermassen auf Stereotypen in Form von Erzählmustern, Mythen und Archetypen. Diese sind mit kulturell erworbenen und mental gespeicherten Wertvorstellungen verbunden und wirken überwiegend unbewusst. David gegen Goliath, der weise Zauberer, die fürsorgliche Mutter – mit wenigen Worten können Bilder bei den Empfänger:innen erzeugt werden. »

Die Kunst ist es, diese drei Erfolgsfaktoren richtig miteinander zu kombinieren – und dafür, gibt es eben leider keine Zauberformel.

Wird gemäss deiner Erfahrung das Potenzial von Mitarbeitenden und ihrer Rolle als Botschafter:innen von Unternehmen in der Praxis vollumfänglich genutzt?

In meiner Arbeit halte ich die Entwicklung bei meiner Arbeitgeberin in diesem Bereich fest und erkenne deutliche Fortschritte. In Gesprächen mit meinen ehemaligen Studienkolleginnen und -kollegen aus verschiedenen Branchen stelle ich aber fest, dass viele Unternehmen noch Einwegkommunikation betreiben. Im CAS Strategisches Kommunikationsmanagement wurde mir die zunehmende Bedeutung von dialogorientierten Beziehungen gelehrt. Künftig wird es also noch wichtiger, die Mitarbeitenden für diese Rolle zu befähigen, um von diesem kommunikativen Potenzial Nutzen ziehen zu können.

Hast du Tipps, wo Kommunikationsprofis ansetzen können, um Storytelling strategisch in der internen Kommunikation anzuwenden?

Storytelling zeigt sich in der Literatur als vielseitig einsetzbares Tool wie der Wissens- und Sinnvermittlung, Identitätskonstruktion oder Sozialisierung. Diese Vielseitigkeit und die Popularität des Begriffes bergen jedoch die Gefahr, dass es zu oft oder falsch zur Anwendung kommt. Mein Tipp ist, dass Storytelling als ein Werkzeug im Kommunikationswerkzeugkasten begriffen wird und fallspezifisch zur Anwendung kommt.

Wann stösst Storytelling in der internen Kommunikation deiner Meinung an seine Grenzen?

Bitte schreiben Sie Checklisten und Regelwerke nicht in Geschichten um (lacht). Aber auch bei ernsten Themen, beispielsweise Reorganisationen wo Menschen persönlich betroffen sind, wäre ich mit der Anwendung zurückhaltend. Ich kann nur nochmals betonen, dass die Deutung der Geschichten nie bei der erzählenden Person, sondern immer bei den Empfänger:innen liegt.

Als Leitungsmitglied eines Pricing-Projekts bist du nicht im Bereich Unternehmenskommunikation tätig. Dennoch hast du dich dazu entschieden, den CAS Strategisches Kommunikationsmanagement und später den MAS bei uns am IAM zu absolvieren. Weshalb?

Kommunikation ist in meinem Arbeitsalltag allgegenwärtig: Vom Pausenkafi, über Diskussionen mit der Geschäftsleitung bis hin zur Gestaltung von PowerPoint-Präsentationen. Deshalb wollte ich mein Wissen dazu systematisieren und erweitern. Bei der Wahl der Hochschule war es mir entsprechend wichtig, dass dieses Wissen sowohl auf fundierter Forschung basiert, aber auch praxisnah vermittelt wird. Ausschlaggebend für die Wahl des IAM war das spannende und breite Angebot an CAS. Besonders angesprochen hat mich der CAS Strategisches Kommunikationsmanagement, welcher die die Schnittstelle zwischen Business- und Kommunikationsstrategie adressiert – so kenne ich nun beide Seiten. Diese beiden Seiten sowie mein Masterarbeit-Thema finden sich heute in meinem Leitsatz «Eine Strategie ist nur so gut, wie die Story, die sie erzählt.»

Welche gelernten Inhalte unterstützen dich nun im Berufsalltag?

Anhand der gelernten Frameworks kann ich sowohl meine Gedanken als auch meine Arbeiten strukturieren. Das macht für mich nicht nur die Arbeit einfacher, sondern führt auch zu besseren Resultaten. Gleichzeitig war es für mich auch ein spannender Blick über den Gartenzaun, beispielsweise um die Bereiche Krisenkommunikation, Campaigning, Lobbying, und Medienarbeit kennenzulernen.


Zur Person

Sascha Venosta arbeitet als Projektleiter bei der SBB AG und entwickelt das Billett- und Abosortiment der Zukunft. Er hat den MAS in Communication Management and Leadership am IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW absolviert und wurde für seine Masterarbeit «Storytelling as a tool for employee communication. Ein Feldexperiment über die Wirksamkeit von Storytelling in der internen Unternehmenskommunikation» mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Für seinen MAS hat er die zwei CAS Strategisches Kommunikationsmanagement und Kommunikationsberatung absolviert.


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