Die Diskussion um generative KI-Tools wie Chat GPT, Dall-E oder Midjourney hat in den letzten Monaten Fahrt aufgenommen. Haben diese Applikationen Game-Changer-Potenzial für die Unternehmenskommunikation oder handelt es sich um einen Hype? Sicher ist: Über kurz oder lang werden KI-unterstützte Applikationen und Automatisierung die Arbeitsprozesse der Unternehmenskommunikation grundlegend verändern. Und damit auch das Anforderungsprofil an die Kommunikationsverantwortlichen.
Autor:innen: Markus Niederhäuser, Katharina Krämer, Nicole Rosenberger
Die im Januar 23 veröffentliche ZHAW-Trendstudie 2022 «Kommunikation in der digitalen Transformation» (siehe Infobox) konstatiert noch einen eher zurückhaltenden Einsatz von Automatisierung und KI-Tools in der Unternehmenskommunikation in Schweizer Unternehmen. So findet Automatisierung vor allem im Bereich Analytics statt; das Web und Social Media werden von fast allen Organisationen mittels entsprechender Tools beobachtet. Eigentlicher Automatisierungs- und KI-Gewinner im Vergleich zu den Erhebungen 2018/20 ist allerdings die Content-Übersetzung, wobei vor allem DeepL einen Siegeszug angetreten hat. Content-Erstellung bzw. automatisierte Textproduktion steckt in den Schweizer Kommunikationsabteilungen hingegen noch in den Kinderschuhen. Nur gerade 6 Prozent der befragten Unternehmen setzen entsprechende Applikationen ein (siehe Grafik).
Durchbruch dank generativer KI?
Genau hier setzen die viel diskutierten Tools der sogenannten generativen Künstlichen Intelligenz an. Führend ist dabei der Entwickler Open AI, alimentiert unter anderen von Microsoft. So verknüpft der Textgenerator Chat GPT gigantische Datenmengen mit einem leistungsfähigen Sprachmodell und generiert neben Texten auch Listen, Tabellen und ganze Programme. In der Unternehmenskommunikation kann das Tool beispielsweise unterstützen beim Verfassen von Medienmitteilungen, beim Redenschreiben, bei Social-Media-Posts oder auch beim Erstellen von Zusammenfassungen. Sogenannte Text-zu-Bild-Generatoren wie z.B. Dall-E oder Stable Diffusion weiten die Möglichkeiten auf Bildwelten aus. Wirklich interessant und produktivitätssteigernd werden die Tools der generativen KI für Unternehmen vor allem dann, wenn sie mit unternehmensspezifischen Daten gefüttert werden können. Dieser Schritt ist absehbar und bietet den entsprechenden Anbietern der KI-Tools beträchtliches Monetarisierungspotenzial. Das Übersetzungs-Tool DeepL mit einer kostenlosen und einer kostenpflichtigen Lösung kann dabei als Modell dienen.
Vorerst müssen bei der Anwendung generativer KI-Tools die Risiken mitbedacht werden. Chat GPT hat Antworten auf fast alle Fragen – auf die Richtigkeit der Angaben ist allerdings nicht wirklich Verlass. Rechtliche Fragen rund um Urheberschaft, Plagiate, etc. sind ungelöst. Deshalb muss der Einsatz von generativen KI-Tools zwingend einhergehen mit einem rigiden Qualitätsmanagement.
Dass diese KI-Tools die Unternehmenskommunikation nachhaltig verändern werden, ist absehbar. Der bekannte Hype-Zyklus (nach Gartner) postuliert, dass die Menschen die Wirkung einer Technologie kurzfristig überschätzen, langfristig aber unterschätzen. Dies gilt wohl auch für die generative KI.
Verändertes Anforderungsprofil für Kommunikationsverantwortliche
Was bedeuten diese Entwicklungen für die Kommunikationsverantwortlichen in den Unternehmen? Welche Kompetenzen müssen sie in Zukunft haben?
Die Ergebnisse der ZHAW-Trendstudie 2022 weisen die Richtung: Das multimediale Ausspielen der Unternehmensbotschaften auf immer mehr Kanälen und die ständig kürzer werdende «time to communicate» lässt sich in Zukunft nur noch durch den Einsatz von digitalen Technologien erfolgreich bewältigen, etwa durch datengetriebene Analysen von Stakeholder-Verhalten oder automatisierte Textproduktion und -distribution. Technologisches Know-how gewinnt für Kommunikationsverantwortliche deshalb enorm an Bedeutung. Gleichzeitig sollte die Kommunikation eine führende Rolle im kulturellen Wandel der Unternehmen einnehmen. KI wird die digitale Transformation weiter beschleunigen; die Unternehmen sind dabei auf gut informierte und im Dialog eingebundene Mitarbeitende angewiesen – eine klassische Kommunikationsaufgabe.
Erstpublikation Reporting Times Nr. 22
Infobox:
Das Forschungsprojekt «Kommunikation in der digitalen Transformation» des Instituts für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW ist als Trendstudie angelegt und untersucht seit 2018 alle zwei Jahre den Zustand und den Entwicklungsbedarf der Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation. Für die Trendstudie 2022 wurden 133 CCOs befragt sowie 12 Gespräche mit Expertinnen und Experten geführt. Die aktuelle Trendstudie kann heruntergeladen werden unter https://doi.org/10.21256/zhaw-2808.
Ähnliche Beiträge:
- Trendstudie Schweiz 2022 zeigt: Kommunikation weiterhin Erfolgsfaktor in der digitalen Transformation
- Der Mensch steht im Zentrum der Digitalisierung
- CEO-Kommunikation ist in der digitalen Transformation entscheidend
- Die interne Kommunikation in der digitalen Transformation
- Agenda für die interne Kommunikation in der digitalen Transformation